Kohl des Zorns
auf Pooley. Neville starrte eine ganze Menge.
»Also stimmt es doch«, flüsterte er nach einer Weile mit einer Stimme, die der Situation angemessen war. »Das ist also der berühmte Wettschein. Man hat Gerüchte gehört.«
Jim nickte. »Das ist er. Mein Volltreffer.«
»Herzlichen Glückwunsch, Jim.« Neville fühlte sich nicht imstande, viel Überzeugung in seine Worte zu legen. »Ich meine, gut gemacht, Jim. Ich freue mich für dich.«
»Nun komm schon, Neville!« erwiderte Jim. »Es wäre eine Riesenschande, wenn der Fliegende Schwan den Besitzer wechseln oder sogar für immer schließen würde. Gott bewahre. Das ist ein Teil meines Lebens! Ich würde die Vorstellung nicht ertragen.«
»Dann willst du …«
»Nicht ich, Neville. Du …«
»Ich?«
»Natürlich!« Pooley grinste, und ein warmer Schauer reiner Freude durchlief seinen gesamten Körper. »Das ist dein Laden, Neville. Du sollst ihn behalten. Das ist dein Recht.«
»Mein Recht?«
»Ich werde ihn dir schenken«, sagte Jim. »Aber du mußt mir versprechen, daß du niemals etwas ändern wirst. Nicht ein Haar vom Teppich, keinen alten klapprigen Barhocker, überhaupt gar nichts. Daß du den Fliegenden Schwan so läßt, wie er immer gewesen ist. Für immer.«
»Das verspreche ich«, sagte Neville und legte die Hand aufs Herz. »Du meinst das wirklich ernst?«
Jim grub einen klecksenden Kuli aus der Innentasche und schrieb auf einen Bierdeckel: Neville, ich schulde dir 75.000 £. Gezeichnet Jim Pooley. »Morgen mittag gegen zwölf werde ich mit dem Geld vorbeikommen, so Gott will.«
»So Gott will?«
»Vorher haben der Professor und ich noch ein paar Dinge zu regeln. Oh, und Neville? Du wirst dieses dämliche Schild wieder abnehmen, nicht wahr? Mir hat das alte immer viel besser gefallen.«
»O ja, Jim, das werde ich. Das werde ich ganz bestimmt!« Neville drückte den Bierdeckel an seine Brust. »Sag mir noch einmal, daß ich das alles nicht träume!«
»Du träumst nicht, Neville. Warum sollte es nicht wahr sein? Jedem sollte ein glückliches ›bis ans Ende seiner Tage‹ vergönnt sein. Das ist nur fair.«
»O ja, Jim! Ja, ja, ja!« Neville zog den Stecker des Fernsehers aus der Dose. »Letzte Runde, Gentlemen! Bitte kommen Sie zum Ende!« rief er. »Haben Sie denn kein Zuhause, wo Sie hingehen können?«
Der junge Master Robert sprang von seinem Stuhl auf und stürmte quer durch die Bar. »Was soll das heißen, letzte Runde? Was wird hier gespielt? Sind Sie jetzt völlig durchgeknallt oder was?«
Neville nahm den Sodasiphon und zielte damit auf den jungen Folterknecht. »Was meinst du, Jim, soll ich? Soll ich oder nicht?«
»Oh! Du solltest«, sagte Jim Pooley. »Doch, ich bin ganz sicher: Du solltest.«
Die Brentforder Sonne zog über den Himmel, verschwand hinter dem Stadion und leuchtete von dort für den größeren Teil des Tages als Projektion auf die Gemeinde herab, bevor sie auf der anderen Seite wieder echt zum Vorschein kam und sich in Richtung Horizont und fremder Länder aufmachte. Die Nacht brach herein.
Neville sog prüfend die Luft ein. Sie stank zum Himmel, und doch breitete sich auf dem Gesicht des Teilzeitbarmanns ein fröhliches Grinsen aus, als er auf die Hosentasche mit einem gewissen unterzeichneten Bierdeckel darin klopfte.
»Wir werden dieses Ding feierlich verbrennen«, sagte er mit einem Blick auf das neue, lächerliche Kneipenschild über der Tür. »So ein Blödsinn, in der Tat. Verbrennen werden wir es.«
»Ich glaube nicht, daß ich das schaffe«, sagte Nevilles Retter in letzter Minute. »Ich glaube nicht, daß ich dazu den nötigen Schneid habe.«
Professor Slocombe lächelte. »Du wirst es schaffen, Jim. Ich habe vollstes Vertrauen zu dir.«
»Aber was genau haben Sie eigentlich vor?«
»Nun, ich muß gestehen, daß Kaleton gegenwärtig das Heft in der Hand hält, weil er die Spiele vorverlegt hat. Ich bin nicht so sorgfältig vorbereitet, wie ich es gerne gewesen wäre.«
»Wir sind verdammt!« stöhnte Pooley.
»Schnickschnack! Nichts dergleichen. Allein die Tatsache, daß er die Spiele vorverlegt hat, offenbart seine Zweifel. Er hat Furcht, daß sein wahnsinniger Plan nicht aufgehen könnte.«
»Aber was hat das alles zu bedeuten? Woher nehmen Sie die Gewißheit, daß Kaleton Ihnen nicht die Wahrheit erzählt hat?«
»Selbstverständlich kann ich nicht sicher sein, doch die Bedrohung ist offenkundig, und wir müssen alles in unseren Kräften stehende unternehmen, um seine finsteren
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