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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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getreten fühlen, dann tut mir das leid.«
    »Sehen Sie das hier?« Der Bursche fuchtelte mit einem offiziell aussehenden Dokument unter Nevilles Nase. Der Geruch wollte Neville ganz und gar nicht gefallen. »Sehen Sie das hier?« wiederholte er.
    »Ich schätze, ich kann es mit einiger Mühe erkennen.«
    »Nun, dann sehen Sie noch einmal genauer hin.« Master Robert breitete das Papier auf dem Tresen aus. »Lesen Sie das hier, und verdauen Sie den Inhalt.«
    Neville blinzelte angestrengt, zuerst ohne jegliches Interesse, dann mit Erstaunen, schließlich mit nacktem Entsetzen.
    »Sie wollen den Fliegenden Schwan verkaufen?« flüsterte er mit heiserer, brechender Stimme.
    »Ja, ganz genau. Dieser Drecksladen hat nie richtigen Profit abgeworfen. Höchstwahrscheinlich deswegen, weil Sie andauernd in die Kasse gegriffen haben.« Die Bemerkung erregte Nevilles allergrößten Unwillen, doch er war vor Entsetzen wie gelähmt. »Nun, jetzt können Sie sich jedenfalls nach einem neuen Job umsehen. Wir verkaufen den Fliegenden Schwan. Die Brauerei steht im Begriff zu diversifizieren. Wir expandieren in andere Bereiche, Freizeitparks, Erholungsanlagen und wachsende Märkte von morgen. Diese alten Sägemehlkneipen mit ihren Spucknäpfen sind Relikte aus der Vergangenheit. Der Fliegende Schwan ist erledigt, und Sie gleich mit!«
    Nevilles Gehirn schwamm in einer dicken Brühe. »Ich … Sie … Was …«
    »Hallo, Neville!« rief Jim Pooley, der, nachdem er aus seiner dunklen Höhle gekrochen war, genau gewußt hatte, wo er ein Frühstück finden konnte.
    »Jim«, sagte Neville. »Jim.«
    Jim bemerkte die schreckliche Stimmung des Teilzeitbarmanns.
    »Irgend etwas nicht in Ordnung?« erkundigte er sich scharfsinnig.
    »Doch, alles bestens«, mischte sich der junge Master Robert ein. »Neville zieht sich nur eben noch den Mantel an, bevor er sich auf den Weg zum Arbeitsamt macht.«
    »Er tut was?« Pooley musterte Neville mit einem langen Blick. »Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Nicht, daß es Sie irgend etwas anginge«, erwiderte das mißratene Brauereibesitzerfrüchtchen, »aber diese erbärmliche Karikatur von einem Barmann kriegt einen Tritt in den Allerwertesten.«
    »Sie wollen Neville rauswerfen?« Pooley schüttelte den Kopf in dem Versuch, sein Gehirn zum Arbeiten zu überreden. So viel hatte er am Vorabend auch wieder nicht getrunken. Oder vielleicht doch? Vielleicht litt er an Halluzinationen. »Neville rauswerfen?«
    »Er ist schon draußen. Die Brauerei hat sich entschlossen, den Fliegenden Schwan zu verkaufen.«
    »Verkaufen? Für wieviel?«
    Der junge Master drehte das Papier auf dem Tresen um. Es war ein Kaufangebot. »Fünfundsiebzigtausend Pfund. Mehr als der ganze Laden wert ist.«
    »Und wann wird der Vertrag abgeschlossen?«
    »Ende der Woche. Sind Sie interessiert?« fragte der kleine Mistkerl sarkastisch. »Sie sehen aus, als kämen Sie direkt aus dem Schlafsack und wären noch nicht ganz nüchtern.«
    »Hier gibt es keine Zeugen«, sagte Jim zu Neville. »Soll ich ihn an Ort und Stelle umbringen?«
    Neville ließ den Kopf hängen. »Du weißt, was ich von Dingen wie Mord in meiner Bar halte.«
    »Das hier sind außergewöhnliche Umstände, findest du nicht? Wir könnten ein wenig von den üblichen Verhaltensmaßregeln abweichen.«
    »Ihr beiden Nichtsnutze, verschwindet von hier!« Und mit diesen Worten drehte sich der junge Master auf dem Absatz um, marschierte hinter die Theke und schenkte sich einen großen Scotch ein. Er grinste wie ein totes Kalb, während er sich mit seinem Drink zu einem Nebentisch zurückzog.
    Jim blickte den todunglücklichen Teilzeitbarmann an. »Scheiße«, sagte er.
    »Scheint, als sei das Spiel aus«, erwiderte Neville. »Ein Pint, Jim? Es geht aufs Haus.« Er nahm ein Glas aus dem Regal, blickte trübe hindurch und hielt es dann unter den Zapfhahn.
    »Fünfundsiebzigtausend«, sagte Jim. »Keine unbezahlbare Summe, wenn man es genau bedenkt.«
    »Nun, jedenfalls außerhalb meiner Möglichkeiten.« Neville betätigte den Hebel und servierte Jim sein Pint. »Und du hast auch nicht soviel Geld.«
    Pooley grinste. »Nicht unbedingt. Wirf einen Blick auf das hier, und dann schenk dir einen großen Scotch aus.« Jim grub den inzwischen legendären Wettschein aus der Hosentasche und breitete ihn vor dem Barmann aus.
    Neville starrte auf den Schein, starrte auf Pooley, starrte auf den Schein, starrte auf den Scotchportionierer, auf den jungen Master Robert und schließlich wieder

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