Kohl des Zorns
hintersten Sitze der Arena. Nahe genug, um mich anzuspringen und zu töten, dachte Jim, und das, obwohl ich persönlich mit der Herausforderung gar nichts zu tun habe. »Ich dachte, du kämest in Frieden und sprächest für die gesamte Menschheit.« Der spöttische Unterton in Kaletons Grabesstimme zerrte an Jims Nerven, doch dem Professor schien es nicht das geringste auszumachen.
»Wohl kaum, Kaleton. Ich bin gekommen, um Vergeltung zu üben. Um dich für deine Verbrechen zu bestrafen und eine Sache zu Ende zu führen, die schon vor langer, langer Zeit hätte beendet werden müssen.«
Kaleton verzog das Gesicht zu einer schrecklichen Grimasse, als er in schallendes Gelächter ausbrach. Der Gestank seines Atems erreichte Jim, kroch in seine Nüstern und brachte seine Augen zum Tränen. »Und wie willst du das anstellen, Professor? Du befindest dich hier in meiner Welt. Ich kann dich nach Lust und Laune zerschmettern, wenn mir danach ist.«
»Vielleicht kannst du das, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall wäre dein Sieg alles andere als groß, geschweige denn auf allen Linien. Ich schlage dir einen viel edleren Handel vor, der meiner Meinung nach sowohl deinen Sinn für die Gerechtigkeit wie auch den für Grandiosität befriedigen wird.«
»Sprich weiter.«
»Ich schlage einen Kampf der Champions vor, der jetzt und hier an Ort und Stelle ausgetragen wird.«
»Kampf? Champions? Was soll das alles bedeuten?«
»Die Protagonisten sind einem jeden von uns wohlbekannt. Licht gegen Dunkelheit, Gut gegen Böse, deine Männer gegen die meinen.«
»Männer? Was für Männer?«
»Die schlafenden Könige von Brentford«, antwortete Professor Slocombe.
»Was?« Kaleton zog den Kopf zwischen die Schultern 30 , und seine Brust wölbte sich hervor, um diesen aufzunehmen. Er sprang aus seinem Stuhl auf und landete auf allen vieren. »Du weißt von dieser Geschichte?«
»Selbstverständlich. Ich weiß alles von der alten Schlacht und vom alten Sanktuarium.«
Kaleton wich einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf. Ein dunkles, verzerrtes Geheul, zusammen mit gemurmelten Silben, drang aus seinem schiefen Mund. Jim überlegte angestrengt, wo die Toiletten sein könnten. Ein sichtlicher Schauer durchlief Kaletons Körper, als das Wesen sich erhob. Es zitterte und bebte am ganzen Leib, während es den Professor anstarrte. »Einst hat es eine Schlacht gegeben«, flüsterte Kaleton. »Doch das ist lange, lange her. Dein und mein Volk bekämpften sich, doch dann …«
»… dann wurdest du besiegt.«
»Niemals! Sieh, wo du stehst, Professor. Sieht das vielleicht nach besiegt aus?«
»Dann mußt du wahrscheinlich keine Furcht haben. Genieße deine süße Rache.« Mit diesen Worten machte der Professor auf dem Absatz kehrt und stapfte den langen Durchgang in Richtung der Kampfbahn hinunter. »Ich fordere dich heraus, Kaleton. Stell dich, wenn du nicht zu feige bist dazu!«
Jim beobachtete Kaleton. Er stand gekrümmt und regungslos da, wie in Gedanken versunken. Erinnerungen an damals vielleicht? Der Professor ging weiter. Jim blickte nach unten. Die Gladstonetasche stand zu seinen Füßen. Der alte Mann hatte sie stehengelassen. In seiner Tollkühnheit hatte er ganz vergessen, für seine Verteidigung zu sorgen. Jim wollte etwas unternehmen, doch er wußte nicht was. Ob er die Tasche öffnen sollte? Kaleton den gesamten Inhalt einfach entgegenschleudern? Oder vielleicht besser Fersengeld geben und rennen, als sei der Teufel persönlich hinter ihm her?
Ohne Vorwarnung schoß Kaleton an ihm vorüber. Der Schwung riß Jim glatt von den Beinen. Jim spürte die bösartige Macht, die rohe, elementare Kraft, die in diesem Wesen steckte, und das raubte ihm fast den letzten Mut. Kraftlos mühte Jim sich in den nächstgelegenen Sitz, unfähig, etwas zu unternehmen, außer zuzusehen, was weiter geschehen würde.
Mit furchterregender Energie raste Kaleton hinter dem Professor her den Gang hinunter.
»Ruf deine Krieger!« gellte er. »Ruf deinen toten König, deinen Champion! Dies ist der Tag der Abrechnung, und diesmal wird sie blutig sein!«
Pooley sank tief in seinen Sitz und suchte nach seinem Flachmann. Und dann stand der Professor auf dem künstlichen Turf der Arena und hatte die Arme zum Himmel hin ausgestreckt. Kaleton rannte hinter ihm her wie ein gewaltiger Bluthund, während er dem alten Gelehrten Beleidigungen und wüste Drohungen entgegenschleuderte. In der Arena wurde es plötzlich heller. Ein merkwürdiger
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