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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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stolzen Hauptquartier der P & O Company nichts mehr übrig bis auf eine schwarze, rauchende Hülle. Eine weitere Weile später traf Inspektor Hovis am Ort des Geschehens ein. Er wandte sich mit seiner Befragung an den Anführer der Feuerwehrleute.
    »Das weiß Gott«, antwortete der gute Mann. »Chemikalien, schätze ich. Davon liegen hier noch massenweise rum. Das ganze Zeug hätte schon vor Jahren entsorgt werden sollen, aber Sie wissen ja, wie das ist. Vielleicht haben sich Gase gebildet, aber ich kann mich natürlich auch irren. Wir werden uns die Sache ansehen, sobald es hell geworden und das Wrack genügend abgekühlt ist.«
    Hovis nahm eine Prise Schnupftabak und stopfte sie bedeutungsvoll in seine Nase.

Kapitel 19
     
    Professor Slocombe schenkte einen großen Scotch in einen Kristalltumbler und schob ihn in die ausgestreckten, bebenden Hände seines nassen Besuchers. »Monster?« fragte er Omally.
    »Monster«, bestätigte der zitternde Sohn Irlands dicht an das wärmende Kaminfeuer des Professors gedrängt. Er hatte eine Decke über den Schultern und die Füße in einer wärmenden Schüssel rosenduftenden Wassers. »N-n-nur d-d-das e-e-eine!«
    »Was auch vollkommen ausreicht, denke ich.« Der alte Gelehrte ließ die Karaffe in Johns bequemer Reichweite stehen, kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und nahm dahinter Platz. »Macht es dir etwas aus, wenn ich dich bitte, die ganze Geschichte noch einmal von vorn zu erzählen?«
    Omally drängte sich noch dichter ans Feuer. »Ich hab’ Ihnen doch schon alles gesagt, was ich weiß! Es war schnell 13 , und es war …« Er krempelte ein Hosenbein hoch und musterte ein schmerzendes, geschwollenes Schienbein. »… hart. Und es sprang an die Decke und lief daran entlang wie eine riesige Spinne.«
    »Ein Insekt also?«
    »Kein Insekt, Professor. Es war so groß wie ein ausgewachsener Mensch.«
    »Vielleicht ein großer Flußvogel? Oder irgendein anderes Tier?«
    »Es trug Kleidung, Professor!« Omally leerte seinen Scotch und schenkte sich nach.
    »Ein Affe aus dem Zirkus?«
    Omally schüttelte den Kopf. Seine Zähne klapperten wie Kastagnetten. »Kein Affe, Sir.«
    »Denk genau nach«, forderte der alte Mann Omally auf. »Das Ding hat dich also angegriffen, hat mit dir gespielt und ist dann geflohen.«
    »Es rannte an der Decke entlang!«
    »Tatsächlich? Du warst in einem Schockzustand, als du diese Beobachtung gemacht hast. Du hattest einen Schlag gegen die Stirn erhalten, und du warst verwirrt und orientierungslos.«
    »Ja, zugegeben … aber …«
    »Alles geschah innerhalb weniger Sekunden, und es war beinahe stockdunkel. Was, wenn sich ein Affe an der Decke entlanggehangelt hätte? Möglicherweise an den Lichtleitungen?«
    »Nein, Professor.«
    Der alte Mann lehnte sich in seinem Stuhl zurück und tippte sich an die lange Gelehrtennase.
    »Du hast selbst zugegeben, daß du betrunken warst.«
    »Ich war nicht betrunken. Angetrunken vielleicht, aber nicht betrunken.«
    »John, du warst im Fluß, du hast aus allernächster Nähe eine Explosion beobachtet, du bist durch ganz Brentford geschlichen, um durch Seitengassen und Vorgärten her zu mir zu kommen. Du trinkst selbst jetzt noch, wo wir uns unterhalten. Welchen Wert soll ich da deiner Aussage beimessen?«
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich nicht Herr meiner Sinne bin?«
    »Ich will lediglich andeuten, daß man unter den gegebenen Umständen durchaus annehmen könnte, daß dein Urteilsvermögen vorübergehend Schaden genommen hat.«
    »Ich weiß, was ich gesehen habe. Ich meine, ich weiß eben nicht, was ich gesehen habe.«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    »Und mit meinem Urteilsvermögen hat das überhaupt nichts zu tun.« Verdrießlich und zitternd füllte John sein Glas nach.
    »Also schön.« Professor Slocombe erhob sich von seinem Stuhl und trat zu dem zitternden Kelten. »Schließe die Augen, John.«
    »Warum denn das?«
    »Bitte tu, um was ich dich gebeten habe.«
    Omally schloß die Augen.
    »Und jetzt sag mir bitte, was ich anhabe.«
    »Nichts leichter als das. Ein weißes Hemd, eine blaßblaue Krawatte, einen seidenen Hausanzug, graue Hosen und Pantoffeln.«
    »Sehr gut, John«, stellte Professor Slocombe fest. »Mit deinem Erinnerungsvermögen ist jedenfalls alles in bester Ordnung.«
    Omally öffnete die Augen wieder. Sein Gastgeber steckte in einem dreiteiligen grünen Donegal-Tweedanzug und trug ein graues Hemd mit einer Fliege sowie braune Halbschuhe. »Jetzt brat mir einer ‘nen Storch!«

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