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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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ihn in einem Zug. Mit dem rechten Zeigefinger fuhr er über die Prägung des Umschlags und verharrte auf dem Wappen der Brauerei. Ein fauchender Lindwurm über dem Wahlspruch ›Ecce Cerevisia‹ — ›Achte das Bier‹. Neville kaute auf der Unterlippe und schnüffelte nervös. Wer das übersinnliche ›Dritte Auge‹ besaß, würde bemerkt haben, daß die Aura des Brentforder Teilzeitbarmanns von einer kleinen schwarzen Wolke überschattet war, auf der deutlich und in gotischer Schrift die Worte ›Dunkelheit und Verzweiflung‹ zu lesen standen. Neville lebte in ständiger Furcht vor diesen Sendungen, die unausweichlich das Werk des geliebten Söhnchens des Brauereibesitzers waren. Das gesamte Streben dieses Burschen schien nur einem einzigen Ziel gewidmet: dem Teilzeitbarmann das Leben schwer zu machen.
    Sendungen der Brauerei, die mit der normalen Post eintrafen, pflegte Neville augenblicklich zu zerstören und jede Kenntnis darüber abzuleugnen, doch der junge Master Robert, wie der kleine Parvenü sich gerne nannte, hatte sich einen schlauen Ausweg einfallen lassen. Seither kamen die Sendungen per Eilboten, und Neville mußte den Empfang quittieren. Neville klopfte auf den Umschlag. Er würde ihn öffnen müssen, daran führte kein Weg vorbei. Mit kläglicher Resignation nahm er die unselige Botschaft hoch und riß den Umschlag auf.
    Er leerte den Inhalt auf den Tresen und stocherte verächtlich darin herum: eine Anzahl Skizzen und Pläne, einige grobe Kinderzeichnungen (Visualisierungen, wie Master Robert sie zu nennen pflegte), ein paar maschinengeschriebene Seiten, ein paar Materialproben, ein Bierdeckel.
    »O mein Gott!« stöhnte Neville der Teilzeitbarmann.
    Das sah ganz nach einer Geschichte aus, wie sie der legendäre Busby Berkeley früher als ›mächtig große Nummer‹ bezeichnet hätte. Neville nahm den Bierdeckel zur Hand und drehte ihn hin und her. Auf der einen Seite war das allgegenwärtige Wappen der Brauerei aufgedruckt, die andere zeigte die Olympischen Ringe, in Gold eingefaßt, und darüber die Worte
     
    ›PENTATHLON BAR
    (ehem. Fliegender Schwan )‹!
     
    »O nein!« ächzte Neville. »O nein, o nein, o nein, o nein!«
    Eine halbe Stunde später — der schicksalsgeprüfte Teilzeitbarmann ächzte noch immer seine »O neins!« — betraten zwei regendurchnäßte Gestalten den Fliegenden Schwan. Pooley und Omally.
    »Hallo Neville!« grüßte Jim.
    »Gott zum Gruße«, wünschte John.
    Neville nickte eine wortlose Erwiderung und zapfte zwei Pints Large.
    »Probleme, Neville?« erkundigte sich Omally und nahm dankend sein Glas entgegen.
    »Die Brauerei mal wieder.«
    »Oje. Diese Typen. Was haben sie sich denn diesmal ausgedacht? Eine weitere Cowboynacht oder noch mehr Captain Laser Alien Attack Maschinen?« 14
    Neville lachte. Es war ein furchtbares, hohles Lachen, und es erschreckte das glitschige Duo nicht wenig. Neville zeigte ihnen den Bierdeckel.
    »Gute Güte!« sagte Jim.
    »Gütige Gute!« sagte John.
    »Ganz genau«, sagte Neville. »Der kleine Bastard will mein schönes Lokal vollständig umbauen. Am Ende sieht der Fliegende Schwan aus wie ein verdammtes Fitneßzentrum oder so was in der Art.«
    »Dieser Ikonoklast!« erklärte Omally. »Wir werden die Brauerei stürmen!«
    »Wir werden ihn auf dem Scheiterhaufen verbrennen!« bekräftigte Pooley.
    »Ein Auto-da-fé!« schlug Omally vor.
    »Ganz genau«, stimmte Pooley seinem Kumpan zu. »Sein Auto verbrennen wir gleich mit.«
    »Das ist es«, sagte Neville. »Wir werden es ihm zeigen, was?«
    »Das werden wir«, antwortete Omally. »Wenn auch nicht gleich jetzt, denn Jim und ich haben vorher eine ziemlich dringliche geschäftliche Angelegenheit zu besprechen, wenn du verstehst?«
    »Ein Mann, der Worten keine Taten folgen läßt«, zitierte der Teilzeitbarmann, »ist nutzlos wie ein Garten voller Unkraut.«
    »Daran hege ich nicht den geringsten Zweifel«, stimmte Omally ihm zu und zerrte Pooley mit sich zu einem Nebentisch.
    »Und?« fragte Pooley, nachdem beide Platz genommen hatten. »Was jetzt?«
    »Ich habe gründlich über diese Geschichte nachgedacht, Jim«, antwortete John, »und ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß der Professor dir deinen Wettschein zurückgeben wird, wenn du für diese wenigen Wochen einer geregelten Arbeit nachgehst. Schließlich lautet der Schein ganz allein auf deinen Namen.«
    Jim schüttelte den Kopf. »Dieser Gedanke ist dem Professor auch gekommen. Er hat sich an mich gewandt, bevor

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