Kohl des Zorns
Zeit werde ich aufmerksam beobachten, wie ihr euch aufführt.«
»Sie wollen, daß wir … arbeiten?« Das ganze Ausmaß des Entsetzens hatte Pooley bisher noch nicht getroffen, daher war er imstande, die Frage zu formulieren.
»Ganz genau das wünsche ich, Jim.«
»Derartige Rechtschaffenheit mag lobenswert sein«, sagte Omally, »und ich kann Ihren Prinzipien nur zustimmen. Allerdings geschieht es nicht sehr häufig, daß eine in der Theorie herausragende Idee in der Praxis eine so schlechte ist wie in diesem Fall. Professor, das Streben nach Tugendhaftigkeit und das Umdrehen eines jeden einzelnen ehrlich verdienten Pennies mögen ja schön und gut sein, aber …«
»Kein Aber, John!«
»Ach, kommen Sie schon!« maulte Omally. »Sie hatten Ihren netten kleinen Scherz auf unsere Kosten, und der Humor ist uns nicht entgangen.« Pooley nickte in matter Zustimmung. »Geben Sie uns den Wettschein wieder. Vertrauen Sie uns, und wir werden Sie nicht enttäuschen.«
»Ich vertraue euch doch, John. Der Wettschein ist bei mir sicher aufgehoben.«
Pooley biß sich auf die Unterlippe.
»Aber Sir! Was geschieht, wenn Sie krank werden, was Gott behüte!«
»Zum Glück erfreue ich mich allerbester Gesundheit, Jim.«
»Aber Sie sind kein junger Hüpfer mehr, Professor!« sagte John.
»Man ist immer so jung, wie man sich fühlt«, erklärte der Alte, »was rein zufällig ein glücklicher Umstand ist, weil nämlich meine Angelegenheiten, die fast alle ein wenig kompliziert sind, noch einige Jahre benötigen, um sie zu regeln, sollte irgendeine Tragödie über mich hereinbrechen. Aber laßt uns nicht über derart deprimierende Themen reden. Wenn man auch nur der Hälfte dessen Glauben schenken will, was die Leute sich erzählen, dann steht Brentford dicht vor einem neuen Goldenen Zeitalter. Und wenn zwei kräftige Burschen wie ihr auf derart reichem und fruchtbarem Boden keine ehrliche Arbeit zu finden imstande sind, dann kann man nur euren eigenen Mangel an Unternehmensgeist dafür verantwortlich machen. Den Rücken hinter den Pflug, die Nase tief über den Mühlstein, die Schultern an das Rad, Jungs!«
»Professor!« protestierte Pooley und hob die Hand.
»Nein, kein Wort mehr«, sagte der Ältere. »Unsere Unterhaltung ist zu Ende. Ich bin zuversichtlich, daß ich mich in jeder Hinsicht deutlich ausgedrückt habe und keine Fragen offen sind. Wiederholung gewinnt nicht, sondern hält lediglich auf.«
»Ich wollte eigentlich nur fragen, ob Sie noch immer nach einem Gärtner Ausschau halten?«
»Du bist eingestellt, Jim.«
Pooley grinste breit. »Meinen besten Dank, Sir. Was ist mit dir, John?«
Omally schmierte Butter auf sein Croissant. »Ich denke noch nach«, erwiderte er verdrießlich.
Kurz nach neun Uhr morgens schwebte ein Helikopter über Brentford. Er umkreiste die Gemeinde mehrere Male, bevor er nach Westen davonflog. Wer den Helikopter sah, bemerkte zwei Dinge: das fortschrittliche Design der Flugmaschine, das entfernt an einen schlanken Silberfisch erinnerte, und die ungewöhnliche Tatsache, daß sie absolut keinerlei Geräusch verursachte.
Kurz nach zehn Uhr begannen die Arbeiten auf den fünf Olympischen Baustellen. Niemand hatte die Ingenieure, Techniker, Vorarbeiter, Arbeiter und Baggerführer kommen sehen. Doch zu diesem Zeitpunkt machte sich noch niemand ernsthaft Gedanken deswegen.
Auf dem Fußballplatz fand ein Wohltätigkeitsspiel zwischen der ruhmreichen Brentforder Ersten Division und der Elf der Lords Taverners statt. Wer das Spiel nicht auf dem Platz verfolgte, der lag entweder noch im Bett und schlief, braute sich gerade seinen Tee in der Schrebergartenhütte, oder er steckte sich den sonntäglichen Joint zwischen die Lippen.
Außerdem gab es auf den Baustellen auch nichts großartig Interessantes zu sehen. Innerhalb einer halben Stunde waren große, blickdichte Zäune ringsum aufgerichtet, um die fortschreitenden Arbeiten ohne Störungen vonstatten gehen zu lassen. Und diese Arbeiten, wie auch immer sie aussehen mochten, fanden in absoluter Lautlosigkeit statt.
Kapitel 21
Neville warf die Riegel der Salonbartür ins Schloß, ohne die Luft zu prüfen. Nieselregen deprimierte ihn immer nur. Seine pantinenbewehrten Füße schlippschlappten über den ausgetretenen Axminsterteppich und trugen den Teilzeitbarmann zu dem Whiskymaß und dem großen braunen Umschlag, der an diesem Morgen per Eilboten überstellt worden war.
Neville schenkte sich einen doppelten Scotch aus und kippte
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