Kohl des Zorns
wir aufgebrochen sind, und erklärt, daß er diesen Schein genau wie du als unser gemeinsames Eigentum betrachtet. Falls nötig, meinte er, würde er mir meine Hälfte allein zurückgeben.«
Omally starrte düster in sein Bierglas. »Bob zahlt zerrissene Scheine nicht aus, das weiß jedes Kind. Ich sehe keinen anderen Ausweg; es gibt nur eine einzige vernünftige Lösung für unser Problem.«
»Also wirst du eine ehrliche Arbeit annehmen?«
Omally bekreuzigte sich. »Um Gottes willen! Wie kannst du von mir erwarten, daß ich arbeite, solange ich verletzt bin?«
»Du bist verletzt, John?«
»Noch nicht. Stell dir einmal vor, ich hätte einen Unfall gehabt. Sagen wir, ich bin auf einen Gartenrechen getreten, den du im Verlauf eines Tages fröhlicher Arbeit beim Professor achtlos hast liegen lassen. Ich müßte vielleicht Wochen, wahrscheinlich sogar Monate, im Krankenhaus liegen. Erinnerst du dich an den Mann, der zum Dinner kam?«
»Das war ein wenig vor meiner Zeit, John. Aber man würde den Schwindel entdecken. Du kannst den Professor unmöglich täuschen.«
»Wie soll er es denn herausfinden?«
»Ich würde es ihm erzählen, John, so würde er es herausfinden.«
»Du bist mir ja wirklich ein feiner Freund!« seufzte Omally bitter. »Außerdem war das auch nur so ein Gedanke von mir.«
»Bestimmt keiner von deinen besseren. Sieh mal, John, ein paar Wochen harter Arbeit werden dich nicht umbringen. Denk an das Leben voller Luxus und Vergnügen, das wir genießen werden, sobald wir erst unseren Gewinn in der Tasche haben. Ein paar sportliche Übungen vorher können da nicht schaden.«
Omally trank von seinem Pint. »Vielleicht«, gestand er. »Aber mich beschleicht das unbestimmte Gefühl, hinter der Sache könnte eine Menge mehr stecken, als im ersten Augenblick offensichtlich wird.«
»Wie kommst du darauf?«
»Nun ja, wie du weißt, bin ich ein großer Bewunderer des alten Mannes. Er hat sein gesamtes Leben den höheren Dingen und Wahrheiten gewidmet. Kleinere Dinge oder das völlige Fehlen von Wahrheiten lassen ihn im allgemeinen völlig kalt. Und aus diesem Grunde finde ich sein gegenwärtiges Verhalten mehr als rätselhaft. Meinst du nicht auch?«
»Du meinst unsere ehrliche Arbeit und alles?«
»Mehr noch die Geschichte, die wir auf dem Kahn erlebt haben.«
»Hmmm.« Pooley hatte bisher kaum ein Wort darüber verloren. Es war eine Sache, die er lieber möglichst schnell vergessen wollte. »Jedenfalls war es kein Affe, da bin ich sicher.«
»Ganz bestimmt nicht. Das wissen wir beide, und ich denke, der Professor weiß es auch. Ich denke, er weiß eine ganze Menge mehr, als er uns gegenüber zuzugeben bereit ist.«
»Tut er das nicht immer?« Ein Spitzenstrumpfband aus Bierschaum rutschte verführerisch langsam an Jims Glas herunter.
»Er wußte von Anfang an, daß unsere Geschäfte nicht hundertprozentig ehrlich waren, doch das hat ihm bisher nie etwas ausgemacht. Irgend etwas geht da vor, Jim.«
»Daran hege ich keinen Zweifel. Aber wenn ich dir einen Rat erteilen darf, John: Halt dich aus der Geschichte raus! Such dir eine Arbeit, zieh den Kopf ein, und mach dich unsichtbar. Du weißt schon.«
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach John. »Ich werde sogar sehr gründlich darüber nachdenken.«
Pooley schüttelte den Kopf. »Wer ist dran mit der nächsten Runde?« fragte er.
Der Schwan füllte sich nach und nach mit Feiernden, die darauf tranken, daß die Heimmannschaft die Lords Taverners mit einem gnädigen 16:0 hatte davonkommen lassen. Neville hatte hinter dem Tresen alle Hände voll zu tun, doch der grimmige Ausdruck war noch nicht von seinem Gesicht gewichen.
Omally schob sich durch das Gedränge zur Theke. »Noch zweimal das Gleiche«, bestellte er. Neville nahm die Gläser. Er zapfte ein Pint vom Allerbesten und reichte es John. Omally nahm einen tiefen, nachdenklichen Schluck. »Ich werde das hier vermissen«, sagte er dann.
»Warum, willst du aus Brentford weg?«
»Nein. Aber das Bier wird sicher als erstes unter all den bevorstehenden Veränderungen leiden.«
»Das wird es nicht!« sagte Neville, dessen ganzer Stolz das Bier war.
»Ach, komm schon!« Omally hielt sein Glas in die Höhe und untersuchte den Inhalt. »Würde mich nicht wundern, wenn wir demnächst fremde Gesichter hinter diesem Tresen ertragen müssen.«
»Was?« rief Neville aufgebracht.
»Na ja, wenn die Brauerei den Laden umbauen will, dann wird sie sicherlich auch neues Personal einsetzen, meinst
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