Kohl des Zorns
Sicherheit.«
Kapitel 25
»Ich habe dieses Treffen einberufen«, erklärte Jennifer Naylor, »um Vorgehensweisen zu besprechen, Zweifel auszuräumen und die Koordination neu festzulegen.« Die Mitglieder des Stadtrats vernahmen ihre Worte, doch sie lösten keine Begeisterung aus. Wie immer hatte jeder seine eigene Meinung über »die Fakten«, und wie immer sah jeder nur das, was er sehen wollte. »Gerüchte verbreiten sich rasch, und stets ist die Wahrheit ihr erstes Opfer«, schloß Jennifer.
»Wie schön gesagt«, höhnte Mavis Peake. »Allerdings herrschen einige Bedenken betreffend des Bombenanschlags auf eine der Baustellen und des Geredes von Massenmord auf einer anderen.«
»Ah, Massenmord!« lachte Jennifer Naylor. »Da ist wohl Ihre Phantasie ein wenig mit Ihnen durchgegangen, meine Liebe.«
»Machen Sie sich nicht über mich lustig!« Mavis glättete ihre flache Bluse. »Mein Bruder ist Konstabler bei der Brentforder Polizei. Er hat mir verraten, daß er die halbe Nacht auf Griffin Island zugebracht hat. Ein Blutbad, hat er erzählt.«
Jennifer Naylor schrieb eine Notiz in ihren Filofax. »Und Ihr Bruder ist bereit, das vor Gericht unter Eid auszusagen?«
»Dazu wird er wohl keine Gelegenheit erhalten … Irgend jemand versucht, die Geschichte zu vertuschen. Eine Konspiration des Schweigens. Dieser neue Inspektor …«
»Eine Konspiration!« lachte Jennifer. »Die Freimaurer! Oder stecken vielleicht die Illuminaten dahinter?«
»Hören Sie auf, mich lächerlich zu machen! Ich weiß, was ich weiß!«
»Sie wissen überhaupt nichts. Alles nur Gerüchte, nichts als Gerüchte. Es gab ein kleines Feuer auf der Baustelle vor Cider Island. Alte Chemikalien. Und was den Massenmord angeht — wo sind die Opfer? Wo sind ihre Leichen?«
Mavis setzte sich wieder. Die Wut hatte ihr die Sprache verschlagen.
Bürgermeister MacFadeyen kam ihr zu Hilfe. Er richtete sich in seinem Sitz auf. »Madam«, sagte er, »die Einzelheiten zu diesem Fall werden ganz offensichtlich zurückgehalten, aber glauben Sie ja nicht, Sie könnten uns zum Narren halten. Brentford ist eine kleine Gemeinde. Wenn nur ein Mann niest, kriegen wir alle eine Erkältung.«
»Wie farbenfroh Sie das geschildert haben!« bewunderte ihn Jennifer Naylor.
»Seit diese … diese Geschichte angefangen hat«, schäumte der Bürgermeister, »befinden Sie, Madam, sich im Besitz von Fakten, die uns vorenthalten werden! Hier gehen merkwürdige Dinge vor, und bei Gott, ich werde ihnen auf den Grund gehen!« Er fiel in seinen Sitz zurück, und sein EKG schlug in den roten Bereich aus.
»Hat irgend jemand in dieser Versammlung irgend etwas Faktisches zu berichten?« erkundigte sich Jennifer Naylor gelassen. »Gerüchte und Ammenmärchen haben sich bisher noch niemals als verläßliche Basis zur Meinungsbildung erweisen können.«
Paul Geronimo hob die »Howgh!«-Hand. »Squaw sprechen tapfere Worte, aber Tapferkeit allein nicht reichen aus, um gewinnen Schlacht, wenn großes Überzahl von Feind.«
Barry nickte zustimmend. »Buffalo Billshit nicht immer stellen Gehirn vor Rätsel«, sagte er.
»Sie mögen sich vielleicht über Gerüchte und Spekulation lustig machen«, meldete sich Philip Cameron zu Wort, »nichtsdestotrotz existieren sie. Bereits jetzt bilden sich Gruppierungen, und die Herrschaft des Pöbels wird zur konkreten Gefahr. Allerorten werden Zweifel laut. Wenn Sie schon die unseren nicht zufriedenstellend aus der Welt schaffen können, welche Chance haben Sie dann draußen beim Pöbel?«
»Das ist genau der Grund, aus dem ich dieses Treffen einberufen habe. Wir wollen nicht, daß sich eine Opposition bildet und in den Straßen Aufruhr und Gewalt herrschen. Man hat uns die Chance gegeben, Gastgeber für die nächsten Olympischen Spiele zu sein! Verstehen Sie denn nicht, welche Verantwortung wir tragen? Wie wichtig das alles für Brentford ist?«
»Schön und gut«, gestand Philip. »Wir alle sind uns wohl bewußt, was das für Brentford bedeutet. Doch es hat Zwischenfälle gegeben! Wenn Sie uns nicht einweihen, dann tragen Sie allein die volle Verantwortung für alles, was geschehen ist und noch geschehen wird.«
Jennifer Naylor bedachte Cameron mit einem vernichtenden Blick, doch zum ersten Mal vernichtete dieser Blick auch nicht das allerkleinste Etwas.
»Hören Sie zu«, fuhr Philip Cameron unberührt fort, »Sie glauben felsenfest an dieses Projekt. Wir würden uns gerne anschließen, doch es sind unerwartete Dinge eingetreten.
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