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Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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entschuldigt. John, meine Tasche bitte.«
    Omally hob das Behältnis. »Wohin wollen Sie sie haben?« erkundigte er sich.
    »Genau hier, wo das Feuer gebrannt hat.«
    »Schon erledigt«, sagte Omally.
    »Dann sei bitte so freundlich und pack alles aus«, bat der alte Gelehrte.
    Omally machte sich an den Schlössern zu schaffen, doch sie ließen sich nicht öffnen.
    »Oh, ich vergaß. Entschuldige bitte.« Der Professor zeichnete mit den Fingern eine triviale Figur in die Luft. Die Schnappschlösser sprangen auf.
    »Ich denke«, sagte Omally, »Jim und ich sollten jetzt besser von hier verschwinden. Damit Sie ungestört arbeiten können, meine ich.«
    Professor Slocombe verzichtete darauf, sich zu einer Antwort herabzulassen. Er klappte die Seiten seiner Tasche auf, und eine ganze Reihe mysteriöser Dinge kam zum Vorschein. Flaschen, Kolben, Kristalle, fremdartige, undefinierbare Objekte. Der alte Gelehrte pustete auf seine Fingerspitzen und nahm etwas zur Hand, das wie ein gefaltetes Tischtuch aussah. Er schüttelte es vor sich aus. Das Tuch war von dunkler Farbe und zeigte einen Kreis, der ein Pentagramm umschloß. Das Ganze war voll von kabalistischen Symbolen.
    Der Professor breitete das Tuch vor sich aus, strich die Falten glatt und murmelte geheimnisvolle Worte und Phrasen.
    Dann trat er in den Kreis, der gerade groß genug war, um ihn einzuschließen.
    »Reich mir die Tasche, John«, verlangte er, »und achte darauf, den Kreis nicht zu übertreten.«
    Omally tat wie geheißen.
    »Und jetzt zieht euch ein Stück zurück.«
    Pooley und Omally folgten seiner Bitte mit Höchstgeschwindigkeit. Sie zogen sich bis zu einer Stelle zurück, die sie als sichere Entfernung betrachteten, und duckten sich zwischen die Büsche. Eine Eule fragte: »Wer da?«, doch Jim verzichtete auf eine Antwort.
    »Und jetzt …« Professor Slocombe griff in seine Tasche und breitete rings um sich eine merkwürdige Ansammlung von Objekten aus: eine Lampe, die er auch sogleich anzündete, einen bunten Stein aus einem unbekannten Material, eine silberne Schale, in die er eine dunkle Flüssigkeit füllte, die im Augenblick der Berührung erstarrte, eine Smaragdkugel und verschiedene kleine Kästchen, die zu beben schienen, als lebten sie oder als enthielten sie etwas Lebendiges.
    John zog Jim weiter in die Dunkelheit zurück. Dort drüben war machtvolle Zauberei am Werk.
    »Ich ertrage das nicht!« flüsterte Jim. »Das alles ist höchst unfair!«
    Dann erhob sich der Professor in seinem Kreis und breitete die Arme in alle vier Himmelsrichtungen aus, und zum zweiten Mal im Verlauf einer einzigen Nacht vernahmen die beiden Kumpane die machtvollen Worte: »SHADDAI EL CHAI ARARITA ADONAI TETRAGRAMMATON.«
    Irgend etwas schien das Licht der Laterne festzuhalten, die der Gelehrte neben sich gestellt hatte. Es reichte nicht mehr über die Grenzen des Kreises hinaus, und ringsum war alles in tiefe Dunkelheit getaucht.
    Omally bekreuzigte sich und betete leise ein Ave Maria.
    Jim kreuzte Zeige- und Mittelfinger und sagte: »Das ist Sinn-Feinitisch!«
    Der große Zauberer ermahnte die alten Götter, die eins waren mit den Elementen. Worte strömten in schneller, geübter Präzision über seine Lippen, ohne daß er ein einziges Mal ins Stocken geraten wäre, und jedes davon fiel auf das vorhergehende als Teil eines Großen, Ganzen und Bewußten.
    Es war eine uralte Magie, erprobt und bewährt und erhaben über alle Zweifel und alle Unsicherheit, und die beiden Männer, die voller Verwunderung auf das Geschehen blickten, ahnten mit einem Mal, daß der Professor genau wußte, was er tat, und daß er in einer Welt lebte, die nicht ihre eigene war.
    Viele Dinge entziehen sich dem Verstehen, und wirkliches Wissen ist nur wenigen beschert.
    »OMNE AUM AMEN AMOUN.« Professor Slocombe sank in seinem magischen Kreis in sich zusammen. Mit einem Mal sah er sehr alt, sehr erschöpft und unendlich müde aus.
    John und Jim sprangen augenblicklich vor, um ihm zu Hilfe zu kommen. John wiegte das alte, weißhaarige Haupt und drückte dem Gelehrten seinen Flachmann an die ausgetrockneten Lippen.
    »Professor«, fragte er ängstlich, »ist alles in Ordnung? Sagen Sie etwas, Sir! So sagen Sie doch etwas!«
    Die alten Augen öffneten sich, die Lippen bebten, und John nahm den Flachmann an sich und trank selbst den letzten Schluck.
    »Es ist nicht mehr da«, sagte der Professor schließlich leise wie aus großer Entfernung. »Nichts. Es ist weg, verschwunden. Wir sind in

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