Kohl des Zorns
eine Unze Optimismus zurückbehalten, und das tat er nun kund: »Sieh es mal von der angenehmen Seite, John. Der Professor hat es ganz richtig erkannt. Wir haben uns keinerlei Vergehen zuschulden kommen lassen.«
John schüttelte zweifelnd den Kopf. »Wenn ich doch nur dein blindes Vertrauen teilen könnte, Jim. Darf ich auch mal?«
Pooley reichte Omally seine Tabaksdose, und der Sohn Irlands drehte sich eine ganz fette Zigarette. »Ich schätze, wir sollten den beiden lieber folgen«, sagte er und steckte Jims Dose ein.
Ohne jede Begeisterung trotteten die beiden Männer hinter Professor Slocombe und einem gewissen Inspektor Hovis namens Sherringford her. Omally schleppte sich mit einer schweren Kalbsledertasche ab, die der Professor eigens für diese Gelegenheit gepackt hatte.
In der Nähe des kleinen Wäldchens machten sie Halt. Die Stelle, an der sich alles zugetragen hatte, war in grelles Licht getaucht und wimmelte vor Aktivität. Gestalten in weißen Kitteln schossen Photos, vermaßen alles und fertigten Notizen an. Konstabler sahen mit leeren Gesichtern verständnislos zu, rauchten unerlaubterweise Zigaretten und redeten in Neandertalersprache.
Inspektor Sherringford Hovis führte den alten Gelehrten in das Wäldchen. »Ich kann mit relativer Sicherheit rekonstruieren, was sich zugetragen hat, obwohl es natürlich große graue Bereiche gibt.«
»Und was hat sich zugetragen?«
»Es hat eine Art Tanz stattgefunden. Nach den umliegenden Kleidungsstücken zu urteilen waren die Tanzenden nackt.«
»Wie viele?«
»Fünf. Zwei Männer, drei Frauen. Jung und vital. Es gab einen Angriff. Wir fanden Blut, aber keine Leichen.«
»Ich verstehe. Haben Sie oder einer Ihrer Beamten in der näheren Umgebung irgendwelche merkwürdigen Dinge beobachtet?«
»An was denken Sie?«
»Na gut, egal. Wer oder was hat Ihrer Meinung nach die jungen Leute angegriffen?«
»Das ist eines der Rätsel, Professor. Was auch immer es war, es kam von oben herab … Wir fanden …« Hovis zögerte.
»Sie fanden …?« erkundigte sich der Professor.
»Wir fanden weitere Fußabdrücke. Sehr groß und nicht menschlich. Ich lasse gerade Abgüsse anfertigen.«
»Ich würde gerne einen Satz davon haben, falls sich das einrichten ließe …? Ich beschäftige mich derzeit nämlich mit einem Forschungsgebiet, das zu durchaus interessanten Ergebnissen führen könnte.«
Hovis strich sich über das Kinn. »Nun … falls Sie bereit wären, Ihre Ergebnisse mit uns zu teilen?«
»Selbstverständlich, obwohl das sonst überhaupt nicht meine Art ist. Und jetzt würde ich Sie gerne um einen sehr großen Gefallen bitten, mein lieber Sherringford. Ich möchte Sie bitten, Ihre Leute zu allergrößter Eile anzutreiben und Ihre Arbeiten zu beenden, damit die Insel so schnell wie möglich wieder geräumt werden kann.«
»Das ist völlig unmöglich, Professor.«
»Sherringford, ich kann Ihnen nur ganz dringend raten, zu tun, um was ich Sie gebeten habe.«
Inspektor Hovis starrte den alten Gelehrten lange wortlos an. Lange genug, damit Professor Slocombe ihm das Konzept der augenblicklichen Räumung fest ins Bewußtsein pflanzen konnte.
»Wir räumen die Insel augenblicklich!« sagte Sherringford Hovis. »Ich werde mich am späten Vormittag mit Ihnen in Verbindung setzen, Professor, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir die eine oder andere Antwort liefern könnten.«
»So soll es sein.«
Inspektor Hovis drückte Professor Slocombe die Hand zu einem Gruß, der zwar unkonventionell, dafür aber um so signifikanter war.
John und Jim teilten sich den restlichen Inhalt des Flachmanns und eine einzelne Zigarette. Sie beobachteten nicht wenig verwundert, wie sich die Burschen der Garde auf eine bloße Bitte des Professors hin eiligst von der Insel zurückzogen, in ihre Boote stiegen und in die Dunkelheit davonfuhren.
»Solch eine Macht!« staunte John respektvoll. »Und er verschwendet sie mit ehrlichen Dingen …«
»Das habe ich gehört«, sagte Professor Slocombe. »Meine Tasche, John, wenn du so freundlich wärst?«
Pooleys Blicke glitten über die nun verlassen daliegende Insel. »Professor«, sagte er, »ich glaube, ich sollte nun nach Hause, damit ich mich gleich morgen früh um Ihr Rosenbeet kümmern kann. Ein wenig Pflege zur rechten Zeit ist nur von Vorteil.«
»Die Flut steht hoch, Jim. Ich denke, es ist besser, wenn du bleibst.«
»Aber meine Arbeit, Professor! Das lange Aufbleiben bekommt mir nicht.«
»Du bist für morgen
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