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Kohlenstaub (German Edition)

Kohlenstaub (German Edition)

Titel: Kohlenstaub (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Kathrin Koppetsch
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überlegte ich.
    »So ein
Bürschchen«, schimpfte Rabenau.
    Frau Jankewicz
zuckte zusammen.
    Ich erzählte: »Er
wollte zur See fahren.«
    »Er ist noch keine
einundzwanzig«, hielt Schwester Käthe dagegen. »Ohne Einwilligung der Eltern
kann er nicht anheuern.«
    »Vielleicht war
ihm alles zu viel? Die Streitereien zu Hause …«
    »Ach was, ein paar
Watschen haben noch keinem geschadet!«
    »Oder er ist
entführt worden«, sprach ich schließlich die schlimmsten Befürchtungen aus.
»Denken Sie an den Mob vor einigen Tagen. Und an die anonymen Briefe.«
    Meine
Untermieterin erbleichte. »Wegen meinem Mann?«
    »Aus Rache
vielleicht?«
    Schwester Käthe
schaltete sich ein: »Wer sollte denn den Tod von Hanning rächen wollen? Er
hatte keinen Anhang, und die Mutter kann es wohl nicht gewesen sein.«
    »Oder als
Vergeltung?«
    In diesem Moment
ertönte die Türklingel. Ich drückte auf den Summer.
    Bruno kam die
Treppe heraufgehumpelt und verbreitete sein Aroma aus Tabak und miefigen
Kleidern. »Verehrtes Fräulein Pastor! Ich war gerade in der Nähe, da wollte ich
Sie nicht unberücksichtigt lassen.«
    Ehe ich mich versah,
hatte er in der Küche Platz genommen. »So viel Besuch heute!«, staunte er.
»Aber Sorgen umwölken Ihre Stirn!« Er hatte das Offensichtliche bemerkt.
    »Das Leben ist
kein Spaziergang«, sagte ich, nachdem ich ihm Brot und Margarine hingestellt
hatte.
    Bescheiden
erkundigte er sich: »Ich störe doch nicht etwa?« Nachdem niemand darauf
einging, biss er mit seinen verbliebenen drei Zähnen in das Butterbrot.
    »Hat Manni jemand,
zu dem er gehen könnte?«, fragte ich.
    Frau Jankewicz
überlegte. »Vielleicht meine Schwester … Die wohnt in Hamm. In letzter Zeit gab
es wenig Kontakt. Manni hängt sehr an seiner Familie«, fügte sie hinzu. »Auch
an seinem Vater.«
    »Gibt es denn gar
keinen Anhaltspunkt? Manni ist doch oft mit Detlef zusammen, vielleicht weiß
der etwas?«
    »Detlef ist jetzt
in der Schule«, stellte Rabenau fest.
    »Hoffentlich«,
ergänzte Schwester Käthe trocken.
    »Manni hat noch
einen anderen Kumpel«, erinnerte ich mich. »Diesen Großen, Stillen, der schon
etwas älter ist. Wissen Sie, wie man ihn erreicht?«
    Frau Jankewicz zog
den Kopf zwischen die Schultern. »Den hat er nie mit zu uns gebracht«, sagte
sie leise. »Mein Mann wollte das nicht.«
    Von den anderen
unbemerkt hatte Bruno ein Kartenspiel aus seiner Tasche geholt und ganz beiläufig
zu mischen begonnen.
    »Schauen wir erst
mal im alten Pfarrhaus nach. In Hannings Haus«, schlug Rabenau vor. »Da waren
die Jungen vor ein paar Tagen!«
    »Was hatten sie
denn da zu suchen?«
    Rabenau zuckte mit
den Schultern. »Der Hausmeister hat für ‘n Moment nicht aufgepasst, und da
haben sie die Schlüssel genommen und sind reingegangen. Hat ja auch was, so ein
Spukhaus.«
    »Jetzt fangen Sie
auch noch damit an! Spukhaus!«
    »Ich sag ja nur,
dass das für die Jungen wie ein Spielplatz ist.«
    »Sie suchen einen
Jungen!«, sagte Bruno. Langsam und bedächtig deckte er die erste Karte auf.
    Mit seinem
runzeligen Zeigefinger wies er darauf. »Der Tod«, sagte er mit düsterer Stimme.
»Ich sehe den Tod.«
    Frau Jankewicz
wurde leichenblass. »Nein! Das darf nicht wahr sein!«, kreischte sie.
    »Ach was!
Wahrsagerei!«, wetterte Schwester Käthe und fegte die Karten vom Tisch. »Weg
mit dem Teufelszeug!«
    Rabenau drückte
auf den Knopf mit der Aufschrift »Pfarramt«. In Kittelschürze und mit einem
Kochlöffel in der Hand öffnete Frau Kruse. Es roch nach Kohl und gekochtem
Fleisch.
    »Wilhelm!«, rief
sie in die Wohnung hinein. »Besuch für dich!«
    Der Kollege
erschien im Korridor. »Was gibt’s?«
    »Manni ist weg.
Wir wollen im alten Pfarrhaus nachschauen, aber keiner von uns hat den
Schlüssel.«
    »Im Gemeindebüro!«
    Kruse wechselte
umständlich die Pantoffeln gegen die Straßenschuhe, während Rabenaus Finger
nervös auf das Flurschränkchen trommelten. In der Küche klapperte Geschirr.
    »Müssen Sie denn
nicht arbeiten?«, fragte ich den Dachdecker.
    »Ich hab für heute
zugemacht!« Für einen selbstständigen Handwerker war das allerhand.
    »Und das alles
wegen Manni?«
    »Ich mache mir
Sorgen«, murmelte er. »Man fühlt sich ja doch verantwortlich.«
    »Wie macht er sich
als Lehrling?«
    »Kann ich noch
nicht sagen. Ist noch zu kurz nach drei Wochen.«
    Endlich war Kruse
startklar. »Zum Mittagessen bin ich wieder da, Mutti«, verabschiedete er sich
und griff nach dem Autoschlüssel.
    Frau

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