Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)
Verfluchte Hurensöhne.
Ich überlegte kurz, ob ich einen Warnschuss abgeben sollte. Doch dann wären mir im Ernstfall nur noch fünf Kugeln geblieben, um es mit sechs Gegnern aufzunehmen. Ich griff nach meinem Colt und merkte dabei, dass meine Hände schweißnass waren. Es war eine Sache, Luke Branaghan eine Ladung Schrot in seine Männlichkeit zu verpassen, weil er es auf mein Mädchen abgesehen hatte, aber eine ganz andere, auf einen Mann zu schießen, um ihn zur Hölle zu schicken. Ich schloss kurz die Augen. Ich stellte mir einen der Kerle vor, wie er ein kleines Mädchen mit langen schwarzen Zöpfen an den Fluss zerrte, und, ein Messer zwischen seine Zähne geklemmt, ihren Kopf unter Wasser drückte, während sein Boss höhnisch deklamierte „Im Namen des Vaters, im Namen des Sohnes, im Namen des Heiligen Geistes...“ Ich öffnete die Augen wieder, zog, und zielte auf den Mann, der mir am nächsten war. Er hatte schon reichlich getrunken, und war gerade dabei, den anderen ans Flussufer zu folgen, als mein Schuss krachte. Ich sah, wie die Kugel ihm ein Stück seines Hinterkopfes wegriss und er zu Boden sackte wie eine Marionette, der man die Fäden abgeschnitten hatte. Kein schöner Anblick. Aber ein gutes Gefühl. „Amen“, sagte ich, während ich den Hahn des Revolvers spannte.
Die Mexikaner mochten betrunken sein, doch sie waren mit ihren Waffen schnell bei der Hand, auch wenn sie mich zwischen den Bäumen offenbar noch nicht ausgemacht hatten. Die ersten Kugeln krachten in die Bäume um mich herum. Einer der Kerle rannte fluchend auf die Baumgruppe zu. Ich schoss erneut, und war sicher, ihn die Brust getroffen zu haben, aber er hielt nicht einmal inne. Ich erinnerte mich, was Sanchez mir beigebracht hatte: „Manche Menschen sind wie Tiere. Auch wenn sie später an deiner Kugel verenden, können sie dich vorher noch in die Hölle schicken.“ Mein dritter Schuss traf ihn dorthin, wo sein Herz sein musste, und das brachte ihn schließlich zum Stehen. Dann sank er in die Knie und fiel mit den Gesicht voran in den Staub.
Inzwischen waren drei der vier übrigen Mexikaner zu ihren Pferden gelaufen. Oscar Stilson war am Flussufer zusammengesunken, und der vierte Mexikaner beugte sich mit einem Messer in der Hand über ihn. Ich gab einen Schuss in seine Richtung ab, verfehlte ihn aber so knapp, dass er das Surren der Kugel gespürt haben muss. Jedenfalls schien er nun doch bereit, auf Oscars Skalp zu verzichten, sprang auf und eilte seinen Kameraden nach. Ich schoss wieder und traf ihn an der Schulter. Mein nächster Schuss riss ihm das Gesicht weg und er blieb regungslos liegen, während der Hufschlag der Pferde seiner Companeros in der Ferne verhallte.
Ich lief zu Oscar, der noch immer gekrümmt am Flussufer lag. Äußerlich schien er unverletzt, und ich konnte sehen, dass er atmete. Ich versetzte ihm einen sanften Tritt. „Du darfst dein edles Haarteil noch eine Zeit lang behalten“, sagte ich, „sie sind weg. Die einen nach Norden, die anderen Richtung Hölle.“
Oscar stand unbeholfen auf und klopfte sich den Staub aus den Kleidern. Dann sah er mich mit ernster Miene an und sagte „Thomas Al Wolfson, im Namen des Gesetzes und der Ermächtigung, die mir vom Sheriff der Stadt Diggers Tomb verliehen wurde, erkläre ich dich zu meinem Gefangenen.“
„Ein einfaches 'Danke' hätte es auch getan. Aber schön, dass wir das geklärt haben.“
„Du wirst mich also zurück nach Diggers Tomb begleiten, ohne Widerstand zu leisten?“ In Oscars Stimme war ehrliche Hoffnung zu hören.
„Oscar, du weißt, dass ich das nicht tun werde. In Diggers Tomb wartet der Galgen auf mich. Warum sollte ich dich dorthin begleiten?“
„Weil das Gesetz es verlangt! Weil du den Anweisungen eines Deputy Sheriffs Folge leisten musst!“ Oscar konnte von herzerwärmender Einfachheit sein.
„Wenn ich du wäre, würde ich mir wenigstens einen Schießprügel unter die Nase halten, wenn ich solche Sachen sage. Du bist doch nicht unbewaffnet hierher geritten?“
„Natürlich nicht. Ich habe meine Waffen am meinem Sattel befestigt.“ Oscar wandte sich dorthin, wo er meinte, sein Pferd angebunden zu haben, und begann, gotteslästerlich zu fluchen.
„Keine Sorge“, beruhigte ich ihn, „die Skalpjäger werden bestimmt bald merken, dass eines der Pferde, die sie mitgenommen haben, nicht ihnen gehört, und es dir mit einer Schleife um den Hals zurückschicken. Aber natürlich erst, nachdem Sie deine Waffen
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