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Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Titel: Kojoten am Rio Grande (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bongardt
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poliert, geölt und neu geladen haben.“

    Oscar besaß kein besonders Gespür für Ironie, aber selbst er konnte den Spott in meiner Stimme nicht überhören.

    „Diese Banditen! Wir müssen sie verfolgen. Wir müssen uns mein Pferd zurückholen, und meine Waffen!“

    „Wir?! Mach dich auf den Weg, ich halte dich sicher nicht auf. Aber was mich betrifft, ich habe keinen Streit mit den guten Männern.“

    Oscar ging an mir vorbei und ließ, wie es aussah, seinen Blick über die drei toten Skalpjäger wandern. Und dieses Mal war es seine Stimme, in der ein wenig Spott mit klang:

    „Keinen Streit mit den guten Männern: Ich bin überaus erfreut, das zu hören, frage mich jedoch angesichts der hier an- und verwesenden Herren, was du solchen angedeihen lässt, mit denen du einmal wahrhaftig in Streit gerätst.“

Der trockene Kommentar konnte freilich nicht darüber hinweg täuschen, wie sehr es Oscar vor den Toten grauste. Er war sorgsam darauf bedacht, sich so weit von ihnen entfernt zu halten, wie es ihm möglich war, während ich von einem zum anderen ging und ihnen die Waffen abnahm. Der erste, den ich erschossen hatte, trug nur ein schartiges Messer bei sich, an dem verkrustetes Blut klebte. Zwei der toten Skalpjäger hatten alte Colt Patersons bei sich: Ausgezeichnete Waffen, um sich zu beschäftigen, denn zum Nachladen mussten diese Revolver erst komplett zerlegt werden. Ehrlich: Die Patersons waren wohl der größte Mist, den der gute alte Samuel Colt jemals produziert hatte. Ich warf einen davon in den Fluss, den anderen gab ich Oscar.

    „Du gibst mir eine Waffe?“

    „Damit du dich etwas sicherer fühlst.“

    „Dir ist klar, dass ich dich jetzt nach Diggers Tomb zurück bringen muss.“ Oscar richtete den Lauf des Colt auf mich, vergaß aber, den Hahn zu spannen, und tastete deshalb mit dem Zeigefinger irritiert nach dem Abzug, der bei diesem Modell erst bei gespanntem Hahn ausklappte. Der Abzug hätte ihm ohnehin nicht viel genutzt, in der Trommel war keine einzige Kugel mehr.

    „Zu Fuß? Geh schon mal vor.“

    Oscar ließ die Waffe sinken. Ich konnte ihm ansehen, dass er deprimiert und innerlich zwiegespalten war. Ich hatte ihm das Leben gerettet, da konnte er mir das meine nicht so ohne weiteres nehmen.

    Oscar war nicht dämlich, auch wenn er sich manchmal so benahm. Er war bloß ehrlich davon überzeugt, dass es für mich keinen anderen Weg gab als den zurück nach Diggers Tomb, und dass ich vor meinem Schicksal nicht davon laufen könne. In diesem Punkt hatte er vielleicht sogar recht: Hatte ich mir nicht mehr als einmal gesagt, dass ich mich nicht in die Sache der Rothäute und derjenigen, gegen die sie in den Krieg gezogen waren, einmischen wollte? Und dann, ehe ich es mich versah, hatte ich drei der Skalpjäger zur Hölle geschickt. Tatsächlich waren das die ersten drei, die von meinem Blei gekostet hatten und nicht mehr aufgestanden waren. Wie viele ihnen in den nächsten Jahren noch folgen sollten, konnte ich damals nicht ahnen.

    Wie Oscar mir erzählte, hatte Luke Branaghan die Schrotladung überlebt, die ich ihm bei meinem Ausbruch aus der Zelle in Diggers Tomb verpasst hatte. Ein gutes Leben war es aber wohl nicht mehr.

    Wollte Oscar nicht tatsächlich zu Fuß zurück nach Diggers Tomb, war er nun gezwungen, sich an mich zu halten. Zu zweit zu sein, hat seine Vorteile: Vor allem konnte nun immer einer von uns richtig schlafen, während der andere Wache schob. Doch insgesamt war meine Situation nicht besser geworden: Im Süden trieb sich eine unbestimmte Zahl von Rothäuten herum, die sich an den Skalpjägern für das Massaker an ihren Leuten rächen wollten, im Norden die drei überlebenden Skalpjäger, die sich wiederum bestimmt für den Tod ihrer Kameraden rächen wollten. Und an meiner Seite hatte ich einen Hilfs-Gesetzeshüter, der sein bisheriges Leben damit verbracht hatte, Leuten die Haare zu waschen, die Bärte zu stutzen und die Zähne zu ziehen. Nach seinen Schießkünsten fragte ich ihn lieber erst gar nicht.

    Ich marschierte mit ihm zurück zu Tyler, der sich an den Mann aus Diggers Tomb zu erinnern schien. Alle paar Monate hatte ich mir einen Haarschnitt und eine Rasur bei Oscar Stilson gegönnt, und dann hatte ich Tyler vor der Frisierstube angebunden, wo er Oscar durch das Fenster bei seiner Arbeit zugesehen hatte.

    Wir blieben eine Zeit lang dort am Flussufer. Ich füllte die Kammern mit Schießpulver und Bleikugeln, ersetzte die verschossenen Zündhütchen

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