Kokoschanskys Freitag
Jetzt fragen Si e sich, warum liefere ich damit nicht die Ministerin ans Messer. Das ist ganz einfach zu erklären: Ich habe Familie und weiß, wozu gewisse Leute imsta nde sind, wenn sie in die Enge getrieben werden. Daher ist dieser Mitschnitt vorerst nur für Sie bestimmt und nur im äußersten Notfall zu verwenden.
Ich erlaube mir, Ihnen einen Rat zu erteilen. Wir beide wissen, dass wir au f Greter nicht sonderlich gut zu sprechen sind. Damit sind wir nicht allein, doch das hilft uns derzeit nicht weiter. Als mein Interim-Nachfolger kann er nun noch ungehemmter nach Belieben schalten und walten. Nach meinen I nformationen stehen seine Chancen auch offiziell meinen Posten zu überne hmen sehr gut. Hüten Sie sich vor ihm und seinen Leuten! Sollte es Ihnen wie auch immer gelingen, ihn abzuservieren, erweisen Sie nicht nur d er Exekutive einen großen Dienst, sondern auch Österreich.
Überprüfen Sie Ihren Computer. Inzwischen weiß ich, dass Greter ihnen jemand geschickt hat, um Ihren PC mit einem Keylogger zu präparieren. Ich nehme an, Sie wissen, was das ist. Ich hoffe, Sie sind bereits dahinterge kommen. Sollte das nicht der Fall sein und Sie rufen diese Botschaft von Ihrem Computer ab, kann es für uns beide sehr eng werden, doch das riskiere ich.
Eines steht fest: Der Terroranschlag in der U-Bahn hätte verhindert wer den können. Für den Tod dieser vielen Menschen sind ausschließlich die Innenministerin und ihr engstes Umfeld verantwortlich.
Wenn Sie in der Zwickmühle sind und bitte nur dann, gebe ich Ihnen vertraulich eine Handynummer, über die ich jederzeit für Sie erreichbar bin. Es ist ein Wertkartentelefon und die Nummer kennt nur eine Handvoll Vertrauter: 0650/66644423432.
Viel Glück und mfG
B. S.
„Wo leben wir?“, fragt Weiland ungläubig, der mitgelesen hat, „Ist das noch Österreich?“
„Das frage ich mich schon lange.“
„Da mokieren sich die Leute beispielsweise über Berlusconi, aber hier ist es keinen Deut besser. Wer ist dieser B Punkt S Punkt?“
„Bernhard Schuberth, derzeit suspendierter Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit.“
„Wow!“ Weiland ist schwer beeindruckt. „Anscheinend kommt dein Ruf nicht von ungefähr. Und was meint er mit diesem Scheißkeydingsbums?“
„Habe ich bereits durch puren Zufall entdeckt. Da ...!“ Kokoschansky zieht das Spionagetool aus seiner Jacke.
„Pfff!“ pfeift Weiland durch die Zähne. „So klein und so gefährlich der Scheiß. Verwendet man sicher zum Datenklau, stimmt’s?“
„Genau. Erwin, sei so nett, leih mir mal dein Handy. Ich muss dringend mein Mädchen anrufen.“
Kokoschansky wählt eine Nummer.
„Hallo, Lena! Alles in Ordnung mit euch beiden? ... Sonja hat sich noch nicht gemeldet? Die muss doch im Dienst ... Was das für eine Nummer ist? S chreibe sie auf oder noch besser, speichere sie gleich ab. Vorübergehend melde ich mich unter dieser Nummer. Ich bin jetzt sehr misstrauisch geworden. Alles Weitere zu Hause. Ich werde gleich mal versuchen Sonja zu erreich en. Bis später.“
***
Geduckt schleichen die Frauen das Gewölbe entlang, Sonja voran, dicht gefolgt von Kubela.
„Verdammt“, flüstert Sonja.
„Was ist?“
„Da vorne, oben an der Decke hängt eine Kamera.“
Irmgard Kubela beginnt wieder zu zittern und steht kurz vor einem Weinkr ampf. „Jetzt sind wir verloren.“
„Reiß dich zusammen! Wir müssen die Kamera umgehen. Das Ding dürfte fest montiert sein. Zumindest bewegt es sich nicht. Pass auf, Irmgard, wenn wir uns so klein machen wie eben möglich, können wir uns eng an die Wand gepresst unter dem Objektiv vorbeischummeln. Der Erfassungswinkel reicht nicht so weit. Dahinter sehe ich eine Treppe. Keine Ahnung, wohin die führt. Ich gehe vor und du machst es genau so, wie ich. Bist du bereit?“
„Ja“, haucht Kubela.
„Dann los.“
Zentimeter für Zentimeter arbeiten sich die Frauen vorwärts, Sonja die erbeutete Pistole griffbereit in ihrem Hosenbund. Nie zuvor hatte sie eine Schusswaffe in der Hand. Sie hofft inständig, dass sie nicht zu deren Gebrauch gezwungen wird, und wenn doch, dass sie dann auf Anhieb damit klarkommt.
Vielleicht noch eineinhalb Meter, dann haben sie den Treppenabsatz err eicht. Sonja blickt nach oben, sie sind nun direkt unter der Kamera. Noch ein Stück und sie sind außer Reichweite. Tatsächlich ist diese Überwachungseinheit, wie Sonja vermutete, statisch montiert und rührt sich keinen Milli meter. Sonja setzt gerade
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