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Koks und Karneval

Koks und Karneval

Titel: Koks und Karneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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fischigen Glubschaugen und der knolligen Monsternase verzog seinen schiefen Mund zu einem schiefen Grinsen und entblößte dabei hauerähnlich hervorstehende, gelbverfärbte Zähne.
    Kein schöner Anblick, aber eine großartige Maske.
    »Gestatten, Egon Matschke«, gurgelte der Zombie, »der Welt schnellster Totengräber vom Südfriedhof.« Er hob die Hand und winkte dem Batman vom Bierausschank zu. »Köbes, ein Kölsch für den Antennenmann!«
    Bernie konnte es nicht fassen. Vor einer Minute hatte er sich noch Gedanken darüber gemacht, wie er Selbstmord begehen konnte, ohne Gott damit allzusehr zu verärgern, und jetzt bekam er nicht nur Freibier, sondern auch die Chance, sich den Kokskoffer unter den Nagel zu reißen! Vielleicht träumte er doch.
    Der Batman schob das Kölsch über den Tresen. Bernie griff danach und kippte es auf einen Zug hinunter. Es schmeckte völlig normal. Also war das Ganze wahrscheinlich doch kein Traum.
    »Mein Gott«, keuchte Bernie, »ist das gut! Sag mal, Egon … Wieso läufst du mit einem Koffer durch die Gegend? Ist das nicht ’ne ziemliche Belastung?«
    Der Zombie winkte ab. »Die einzige Belastung ist mein Gesicht. Aber im Ernst – der Koffer gehört nicht mir, sondern dem Rettungshubschrauber. Ich hab’ ihn gestern auf dem Funken-Biwak getroffen. Er hat mir gesagt, ich sollte ein paar Minuten auf seinen Koffer aufpassen, aber seitdem ist er spurlos verschwunden – vielleicht ist er irgendwo abgestürzt.«
    »Tommy Zet!« entfuhr es Bernie. »Du hast den Koffer von Tommy Zet!«
    Matschke blinzelte erfreut. »Du kennst ihn? Das ist ja großartig! Ich möchte dir ja keine Umstände machen, aber … ich wäre verdammt froh, wenn ich den Koffer wieder los wäre, und da du den Rettungshubschrauber kennst …«
    Bernie riß die Augen auf. »Du willst mir den Koffer geben? Einfach so? Nur weil ich Tommy kenne?« Unter seiner Antennenkappe klingelte eine Alarmglocke. Mißtrauisch kniff er die Augen wieder zusammen. »Du hast den Koffer doch nicht geöffnet, oder? Du hast doch nicht alles rausgenommen und drehst mir einen leeren Koffer an, nur um mich in Schwierigkeiten zu bringen? Das Ganze ist doch kein mieser Trick, oder wie oder was?«
    Matschke gurgelte entrüstet. »Ich öffne keine fremden Koffer! Was zu ist, muß auch zu bleiben – das ist das erste, was man als Totengräber lernt. Aber ganz im Vertrauen …« Er beugte sich verschwörerisch zu Bernie hinunter. »Ich hab’ den Verdacht, daß mit dem Koffer irgendwas nicht in Ordnung ist. Seit gestern mittag schleichen Dutzende von Rockern bei mir in der Gegend herum. Ein paar haben sogar die Nachbarn belästigt und nach mir gefragt. Vielleicht ist das alles ja nur Zufall, aber vielleicht sind diese Typen auch hinter dem Koffer her.«
    »Könnte glatt sein«, stimmte Bernie sofort zu. Nur mit größter Mühe gelang es ihm, seine Gier zu zügeln. »Tommy bewahrt in dem Koffer seine Ersatzrotoren auf – und die Kamikazes sind ganz verrückt danach. Sie wollen ihre Kawasakis damit frisieren. Seit Weiberfastnacht sind sie hinter dem Koffer her. Wer ihn hat, schwebt in höchster Lebensgefahr. Ich sage nur: Harakiri!«
    »Du liebe Güte!« rief Matschke erschüttert und drückte ihm den Koffer in die Hände. »Da bin ich ja doppelt froh, dich getroffen zu haben! Leider hab’ ich gleich eine ziemlich dringende Verabredung. Also, viel Spaß – und grüß mir den Rettungshubschrauber!«
    Er eilte davon.
    Bernie kicherte.
    Gott hatte ihn also doch nicht verlassen, sondern es in seiner unermeßlichen Weisheit und Güte für richtig befunden, ihm den Kokskoffer wieder in die Hände zu spielen, und das zu einem Zeitpunkt, wo keiner seiner falschen Freunde und echten Feinde in der Nähe war. Am liebsten hätte er laut und in wahnsinnigem Triumph aufgelacht, doch er bezähmte sich. Zunächst brauchte er ein stilles Eckchen, in dem er in aller Ruhe eine dicke Linie Kokain schnupfen und den Koffer deponieren konnte. Die leere Streusalzkiste an der Bonner Straße war das beste Versteck, das sich ein Doper in seiner Lage wünschen konnte.
    Er klemmte den Koffer unter den Arm und trabte beschwingt die Severinstraße hinunter, dann durch das Severinstor – wo ihn mit mörderischer Wucht am Hinterkopf etwas Hartes traf.
    Er kippte um und blieb benommen liegen.
    »Au jau! Ich wußte doch, daß Köln zu klein ist, um sich vor uns zu verstecken! Los, Susi, schnapp dir den Koffer!«
    Bernie spürte, wie ihm der Koffer unter dem Arm weggerissen

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