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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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schwer, oder Schrempf war viel zu schwach, um ihn in den wenigen Sekunden, die ihm noch zur Verfügung standen, ehe er entdeckt würde, aus dem Büro zu schaffen. Deshalb tat er das Nächstbeste, er wuchtete den Behälter in eine dunkle Ecke, hinter einen Sessel, und hoffte, dass Baumgartner und die Journalistin ihn nicht entdeckten. Vielleicht ergab sich später eine Möglichkeit, ihn aus dem Büro zu schaffen, aber jetzt ging es nur darum, sich möglichst schnell aus dem Staub zu machen, und das tat Schrempf dann auch.
    Während er keuchend hinter dem Wagen hockte – seine Haut juckte wie verrückt – und beobachtete, wie Baumgartner und die Frau das Büro betraten, holte er sein Handy aus der Tasche, wählte Bergers Nummer und fragte sich, wie sein Chef wohl auf die schlechte Nachricht reagieren würde.
    Dolores Hightower lehnte an der Seitenwand des Truppentransporters, der eine angenehme Wärme abstrahlte, kraulte Nubia hinterden Ohren, angesichts ihrer Größe kein Problem, und betrachtete mit sorgenvoller Miene die sekündlich größer werdende Menge von Demonstranten, die sich hinter dem Trassenband zusammendrängten, Schilder hochhielten und Slogans skandierten, die sie trotz des österreichischen Akzents verstand. Ihr war klar, dass sie diese heikle Angelegenheit schnellstmöglich zu einem positiven Ende bringen musste, sonst rasten die Aktien der Firma in den Keller, Penrose würde einen Tobsuchtsanfall bekommen und sie, Hightower, konnte ihren üppigen Scheck im Falle eines Scheiterns wohl vergessen. Als sie Kalina, vorhin im Transporter, gesagt hatte, sie habe bereits eine Idee, und zwar eine gute, war das nicht gelogen gewesen, allerdings hing alles davon ab, was der Bombenleger vorhatte. Reagierte er so, wie Hightower glaubte, dass er reagierte, nämlich genau so, wie sie auch reagieren würde, nun, dann konnte ihr Plan nach ein bisschen Vorbereitungszeit in die Tat umgesetzt werden. Reagierte er allerdings anders, tja, dann konnte sie nichts tun außer, wie hieß das auf Deutsch, abwarten und Tee trinken, nein, das waren die Briten, hoffen und beten, genau, das war es. Hoffen und beten.
    â€žSchöner Hund.“
    Hightower musterte den Mann, der sich ihr lautlos genähert hatte. Er war Mitte dreißig, leicht übergewichtig, hatte einen zurückweichenden Haaransatz und trug trotz der Hitze eine schwarze Lederjacke, deren Reißverschluss offen war. Am Gürtel seiner weißen Leinenhose baumelte ein Mobiltelefon von der Größe eines Ziegelsteins.
    Er streckte die Hand aus und stellte sich vor. „Kollaritz mein Name, Daniel Kollaritz.“
    Hightower hob ihre Hand auf Halbmast und ließ sie träge in seine Richtung fallen. „Ich heiße Hightower, Dolores. Meine Freunde nennen mich Dollar.“
    Kollaritz lachte. „Warum das?“
    â€žWeil ich mehr verdiene als der Präsident der Vereinigten Staaten.“
    â€žWer nicht?“, sagte Kollaritz und zuckte mit den Schultern.
    Hightower lachte kehlig und zwinkerte Kollaritz zu. Nubia schien die ganze Angelegenheit peinlich zu sein, sie legte sich auf den Boden und wandte den Kopf ab.
    â€žWissen Sie was?“, sagte Hightower, „Sie sind der erste Mensch hier, den ich wirklich mag. Sie haben Humor, das gefällt mir.“
    Kollaritz warf der großen, imposanten Frau einen schüchternen Blick zu und dachte, du gefällst mir auch. Er sagte: „Ich hab gehört, Sie sind hier die Verhandlungsführerin, ist das richtig?“
    â€žVerhandlungsführerin?“
    â€žNa ja, Sie führen die Verhandlungen, oder?“
    â€žSie wollen wissen, ob ich hier der Boss bin?“
    Kollaritz nickte.
    â€žDer bin ich, Darling, verlass dich drauf.“
    â€žGut“, sagte Kollaritz. „Karl kann jede Art von Hilfe gebrauchen und ich hab so den Eindruck, Sie wissen, was Sie tun.“
    â€žKarl ist der Typ mit der Bombe?“
    Kollaritz druckste ein wenig herum, dann nickte er widerwillig.
    â€žEin Freund von Ihnen?“
    â€žMein bester.“
    Hightower blickte wieder hinüber zu den Demonstranten, die hinter dem Trassenband von einer Vielzahl Polizisten in Schach gehalten wurden, und fragte: „Wie sind Sie durch die Absperrung gekommen?“
    â€žIch hab mir einen Polizisten geschnappt und ihm gesagt, dass ich hier, vor seinen Augen, ein Höllenspektakel aufführen werde, wenn er mich nicht

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