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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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auf. Jetzt war keine Zeit für Gejammer oder kleinliche Eitelkeiten. Er musste handeln. Wenn er es nicht schaffte, die Geldsammelaktion zu verzögern, musste er eben dafür sorgen, dass seine eigene Aktion ein wenig schneller über die Bühne ging. Er zückte sein Handy und rief Bernhard Schrempf an.
    Vorsichtig griff sich Bernhard Schrempf an die Stirn. War das Fieber? Glühte sein Schädel tatsächlich oder bildete er sich das nur ein? Wahrscheinlich nur eine Folge der ganzen Aufregung, sagte er sich und nahm die Hand wieder herunter. Nachdem er von Baumgartner und der Journalistin beim Verlassen von Patrick Bergers Büro beinahe entdeckt worden war, war er, so schnell es ging, die Treppen hinuntergehuscht und hatte sich, wenn möglich, im Schatten gehalten. Das starke Licht der Scheinwerfer auf der anderen Straßenseite war durch erstaunlich viele Ritzen und Öffnungen gedrungen und Schrempf hatte den Eindruck gehabt, alle Leute würden ihn beobachten, wie er, gebückt und mit feuchten Kleidern am schlotternden Leib, die Stufen hinuntereilte, aber er wusste, dass das gar nicht möglich war, denn die Fenster waren so hoch in der Wand eingelassen, dass Schrempf nicht einmal zu sehen gewesen wäre, hätte er sich aufrecht unter eines gestellt. Schließlich war er im Keller gelandet, wo er eine Zeit lang ziellos durch die diversen Labore gegangen war und sich gefragt hatte, ob es nicht ein Fehler gewesen war, sich auf diese Sache hier einzulassen. Doch dann hatte er zufällig einen Blick auf die neue Zentrifuge geworfen, die die von Baumgartner zerstörte, dieden ganzen Schlamassel ausgelöst hatte, ersetzte, und plötzlich waren ihm all die Stunden wieder eingefallen, die er in den Labors verbracht, all die Nächte, die er durchgearbeitet hatte, all die Wochenenden, diese scheinbar endlose Zeit, die er einzig und allein diesen verdammten Rosen gewidmet hatte und seiner Entdeckung. Dieser Entdeckung, auf die er, wie so viele Wissenschaftler vor ihm, durch Zufall gestoßen war und die die Gewinnung von Naturstoffen revolutionieren würde. Weniger Aufwand, mehr Ertrag, mit einem Wort, eine gewaltige Gewinnsteigerung. Nur, die Leute, Verzeihung, die Konsumenten, zeigten zunehmend nicht nur Interesse am Produkt selbst, sondern auch an dessen Herstellung. Und genau da lag das Problem. Würde Amnat zugeben, aufgrund welcher Gewinnungsmethode das Rosenöl plötzlich so viel billiger geworden war, die Konsumenten würden es nicht nur nicht mehr kaufen, nein, ein Aufschrei der Empörung wäre die Folge, das hatte Berger ganz richtig prophezeit. Als Bernhard Schrempf so im Labor gestanden war, seine Finger hatten beinahe liebevoll eines der Reagenzgläser berührt, war ihm plötzlich klar geworden, dass er das Richtige tat. Er war hier, um für seine Sache zu kämpfen, und genau das tat er.
    Langsam ließ er sich auf den Boden sinken und lehnte sich mit dem Rücken an den ebenfalls neuen Kühlschrank. Dann schloss er für einen Moment die Augen und versuchte, das Jucken und Brennen, das seinen Körper quälte, mittels Willenskraft auszublenden, was ihm mehr schlecht als recht gelang. Während er mit der einen Hand zwischen seinen Schulterblättern herumkratzte, fummelte er mit der anderen sein Handy aus der Tasche. Er musste wissen, was da draußen los war, musste wissen, was Patrick Berger von ihm erwartete. Sicher, er, Schrempf, sollte einen neuerlichen Versuch unternehmen, den Behälter aus dem Büro zu holen, aber Baumgartner und diese Journalistin hielten sich doch immer noch dort auf, oder nicht? Vielleicht wusste Berger mehr.
    Bernhard Schrempf warf einen Blick auf die Anzeige des Handys und fluchte. Null Balken. Kein Empfang. Scheißkeller.
    Die ersten mobilen Versorgungsstände waren vor einer halben Stunde eingetroffen. Sie sahen aus wie Würstelstände auf Rädern, nur ein wenig sauberer, und waren im Prinzip nichts anderes. Die Polizei hatte einen dieser Stände ankarren lassen, bald darauf war ein Stand mit dem Logo der Wiener Feuerwehr aufgetaucht und gerade eben war ein ziemlich bescheidener Stand der Wiener Rettung eingetroffen und an strategischer Stelle positioniert worden, so dass die drei Stände nun ein mehr oder weniger gleichschenkliges Dreieck bildeten. Drechsler, Widmaier, der immer wieder in sein Handy murmelte, und Kollaritz, dem Nubia, der Windhund, nicht von der Seite wich, schlenderten eine

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