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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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dieser niedlichen kleinen Bastelschere?“
    â€žNein. Ich hab mir eine richtige Haarschneidschere gekauft, jetzt, wo ich es mir leisten kann.“
    â€žVerdienst du viel?“
    â€žKann nicht klagen.“
    â€žDas ist mein Spruch.“
    â€žIch weiß, aber ich kann trotzdem nicht klagen.“
    â€žGefällt dir deine Arbeit?“
    â€žKlar. Ich bin den ganzen Tag mit Leuten zusammen und frag sie aus.“
    â€žNeugierig warst du schon immer.“
    â€žStimmt.“
    â€žWie sind die Leute denn so, die du ausfragst?“
    â€žVerschieden. Im Moment mach ich hauptsächlich Showbiz, auch wenn ich das hoffentlich bald hinter mir hab.“
    â€žDu interviewst Stars?“
    â€žSo ungefähr, ja.”
    â€žWie sind die denn so?“
    â€žIm Prinzip nicht viel anders als du und ich. Manche sind dämlich, manche intelligent, ein paar sind nett, einige arrogant und unverschämt. Die meisten sind unglaublich unsicher und haben eine wahnsinnige Angst davor, was andere Leuten von ihnen denken.“
    â€žIst das aufregend, Stars zu interviewen?“
    â€žGeht so. Bei den wirklich aufregenden Sachen war ich nicht dabei.“
    â€žZum Beispiel?“
    â€žBeim Falco-Begräbnis. Da waren so viele Fotografen am Grab, dass die Lederjacke einer Kollegin am Schluss in Fetzen gerissen war.“
    â€žKlingt eher anstrengend als aufregend.“
    â€žStimmt. Ich hab auch nicht vor, im Showbiz alt zu werden.“
    â€žSondern?“
    â€žIch möchte richtige Geschichten machen.“
    â€žSo wie diese hier?“
    â€žGenau.“
    Karl steckte sich den rechten Zeigefinger in den Mund und kaute nachdenklich an einem Hautfetzen herum. Störte es ihn, dass Maria seine Situation ausnutzte, um Karriere zu machen? Nein. Erstens kannte er Maria lange genug um zu wissen, dass sie nie auf einen Vorteil verzichten würde, und zweitens würde der Film, den sie über ihn machte, vielleicht ganz gut werden. He, könnte gut sein, dass er ihn sich sogar anschaute.
    â€žKannst du dich noch an Cansun erinnern?“, fragte Maria und riss ihn aus einen Gedanken.
    Karl dachte nach. „Das war der, mit dem ich ganz am Anfang in der WG gewohnt habe, richtig?“
    Maria nickte.
    â€žWie kommst du auf den?“
    Schulterzucken mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Keine Ahnung, ist mir einfach so eingefallen.“
    Karl stützte die Ellbogen auf seinen Oberschenkeln ab und beugte sich vor. Der Hintern tat ihm ein wenig weh und sein Kreuz schmerzte, dennoch wollte er sich keine andere Sitzgelegenheit suchen. Irgendwie fühlte er sich auf dem Behälter wohl.
    â€žDu warst mit ihm auf dem
Svelte-Mincer
-Konzert“, sagte Maria. „Wann war das? Vor vier Jahren?“
    Karl biss sich auf die Lippen und rechnete nach. „Vor drei, würde ich sagen.“
    â€žGenau. Damals haben wir uns kennen gelernt.“
    Sie schauten sich an, Karl und Maria, und beide lächelten sie angesichts der Erinnerung an diesen Abend.
    Karl steht im
Flex
, Cansun lehnt neben ihm, beide trinken sie Wieselburger aus Flaschen, die fünf Schilling Pfand kosten, und starren gebannt nach vorne auf die Bühne, wo
Svelte Mincer
ihr Set runterknüppeln, als hätten sie mit dem Publikum eine Rechnung offen, die nur auf die harte Tour beglichen werden kann. Nach fast zwei Stunden aufwühlender Musik, allein die Zugaben dauern dreißig Minuten, verlassen
Svelte Mincer
unter tosendem Applaus schließlich die Bühne und Karl geht aufs Klo, wo ihm eine Frau in die Arme läuft, die sich offensichtlich in der Tür geirrt hat, was ihr egal zu sein scheint. Sie plaudern miteinander, gehen an die Bar, plaudern weiter, verziehen sich schließlich in den oberen Stock, in die Ecke, wo sich die Garderobe befindet, und als Cansun auftaucht und Karl fragt, ob er mitkomme, er, Cansun, gehe jetzt nämlich nach Hause, winkt ihn die Frau, deren Namen Karl immer noch nicht weiß, mit einer trägen Handbewegung fort. Später, auf dem Heimweg, sie gehen zu ihr, stellt sie sich als Maria vor, kurz nachdem sie ihm gesagt hat, sie mache es nur mit Gummi.
    Das erste Mal war furchtbar gewesen. Er hatte lustlos und müde in ihr herumgestochert, sie hatte passiv unter ihm gelegen und sich gewünscht, betrunken, auf Drogen oder im Koma zu sein. Nachzwanzig fruchtlosen Minuten hatte er sich schließlich von ihr gewälzt und sie hatte gesagt: „War’s für

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