Kolibri
an den Hersteller zurückschicken und das wäre dann das Ende von Patrick Berger und seinen Träumen als König des Ostens.
Ein Hupen riss ihn aus seinen Gedanken. Verwirrt blinzelte er, dann sah er, dass er schon fast beim Zentralfriedhof angekommen war. Die Limousine des Bürgermeisters befand sich unmittelbar vor ihm, sie stand, von Demonstranten umringt, vor dem rot-weiÃen Trassenband der Polizei. Während er darauf wartete, dass einer derPolizisten zu ihm kam, um ihn durchzulassen, fiel ihm sein Sponsionsfest ein, das er im alten
Chelsea
in der Piaristengasse abgehalten hatte. Damals hatte er keinen einzigen Feind auf der Welt gehabt und jetzt, jetzt hassten ihn alle, die ihn kannten. Alle, bis auf Bernhard Schrempf. Berger hoffte, dass dieser seinen Plan rechtzeitig umsetzte, denn viel Zeit blieb nicht mehr. Alles, was Berger jetzt noch tun konnte, war Hoffen und Beten. Und dabei glaubte er noch nicht einmal an Gott.
Vor zehn Minuten, als er aufgewacht war, hatte sich Bernhard Schrempf desorientiert gefühlt, der kühle Boden unter seinen tastenden Händen, der leichte Chemikaliengeruch, vermischt mit der herben Note eines WeiÃweins, die Dunkelheit, wo war er? Dann war es ihm wieder eingefallen, er befand sich in einem der Labors in der Fabrik und er war hier, um einen Auftrag zu erledigen.
Vorsichtig stand er auf, verharrte kurz in gebückter Haltung, um das Pochen in seinem Schädel abklingen zu lassen, richtete sich schlieÃlich auf und gähnte. Er machte ein paar unbeholfene Schritte, um die Müdigkeit aus seinen Knochen zu vertreiben, und tastete geistesabwesend nach seinem Handy, dessen Empfang nach wie vor nur schlecht und temporär war. Immerhin befand sich eine Nachricht auf seiner Mailbox. Zögernd verlieà er das Labor, blieb an jeder Ecke stehen und spähte in den abzweigenden Gang, um nicht von Baumgartner oder der Journalistin entdeckt zu werden, und landete schlieÃlich beim Aufzug. Ein neuerlicher Blick auf sein Handy ergab, dass er hier, aus welchen Gründen auch immer, einen, wenngleich schwachen, Empfang hatte, und er hörte die Nachricht ab, die von Patrick Berger stammte und besagte, er, Bernhard Schrempf, solle sich so schnell wie möglich melden, was Schrempf auch tat. Er fasste den bisherigen Stand seiner Aktionen zusammen und wurde von Berger unterbrochen, der ihm seinen Plan erläuterte. Schrempf hörte zu und gelangte zu der Auffassung, dass der Plan seines Chefs perfekt war. Simpel und effektiv. Er war sofort zurück ins Labor geeilt, um sich an die Arbeit zu machen.
Und hier stand er nun, über die Zentrifuge gebeugt, in die er soeben einen Rotor eingesetzt hatte, dessen Codenummer nicht mit derjenigen übereinstimmte, die er vorher in die Zentrifuge eingetippt hatte. Mit einem leichten Grinsen auf den schmalen Lippen machte sich Schrempf auf die Suche nach ein paar Zentrifugenröhrchen und ein wenig Ãl, egal welches, nur ordentlich rauchen musste es nach der Zerstörung der Zentrifuge, steckte die mit Ãl gefüllten Röhrchen möglichst asymmetrisch in die Vertiefungen des Rotors, schloss den Deckel, stellte die höchste Umdrehungszahl ein und drückte auf
Start
. Der Rotor begann sich leise summend zu drehen. Zufrieden betrachtete Schrempf sein Werk. In schätzungsweise zehn Minuten würde der Rotor die Zentrifuge mit gewaltigem Getöse zerreiÃen und, hoffentlich, den Eindruck einer Bombendetonation vermitteln, der durch das qualmende Ãl noch verstärkt würde. SchlieÃlich machte er sich auf den Weg Richtung Aufzug. Er würde einfach in der Nähe des Büros warten, bis Baumgartner und die Journalistin herunterkämen, um das Geld, das sich laut Berger gerade im Anmarsch befand, in Empfang zu nehmen, dann ins Büro flitzen, sich den Behälter mit dem belastenden Ãl schnappen und diesen durch das Abflussrohr unbemerkt nach drauÃen schaffen, weit weg von den neugierigen Augen der Umweltschutzaktivisten.
Vor dem Aufzug blieb er stehen und dachte nach. Wahrscheinlich war es besser, kein Risiko einzugehen. Vielleicht hörten Baumgartner oder die Journalistin den Motor und wunderten sich, wer sich da in der Fabrik aufhielt, jetzt, bevor das Geld eintraf. Er entschloss sich zu Fuà zu gehen, die Treppen zu benutzen. Er stieg hinauf ins Erdgeschoss, ging den Gang entlang, kam an einer der vielen Türen, die in die Produktionshalle führten, vorbei, warf, mehr aus
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