Kolibri
sagte sie und zupfte ihr schweiÃfeuchtes T-Shirt aus den Achseln. âOder schaffen Sie endlich eine Klimaanlage an.â
Hans Ainhorn, der für die AuÃenpolitik zuständig war und immer aussah, als sei er gerade aus dem Bett gekrochen, gähnte und warf einen Blick auf die groÃe Uhr, die über der Tür des Büros hing. âIch weià ja nicht, wie es euch gehtâ, sagte er und schaute zu Distel, der neben ihm saà und Blätter zusammenraffte, âaber ich habe jetzt zu tun. Könnten wir also weitermachen, indem wir uns der Mode zuwenden?â
Die beiden Volontäre, eine Studentin und ein Student, die ein wenig abseits saÃen und die meiste Zeit mit ihren Kugelschreibern spielten, lachten und nuckelten an ihrer Cola.
Es heiÃt Showbiz, wollte Maria sagen, nicht Mode, aber Distel kam ihr zuvor.
âNun gutâ, sagte der Chef vom Dienst und fächerte die Blätter, die er eben zusammengeschoben hatte, wieder auf. Er pickte eines davon heraus, warf einen Blick drauf und kritzelte mit seinem goldenen Kugelschreiber ein bisschen herum. Maria wartete. Sie kannte das Spielchen bereits. Distel wusste ganz genau, welchen der sogenannten Prominenten er auswählen würde, in den Genuss eines Interviews mit Maria Eichinger für den zweitgröÃten österreichischen Privatsender mit einer Reichweite von beinahe zwei Prozent zu kommen. Distel hielt diese Prozedur für spannend, Maria hielt sie für nervtötend. Sie wühlte in ihrer neuen Handtasche, die sie letzte Woche in der Neubaugasse gekauft hatte, fischte ein Tempo heraus und fuhr sich damit über Gesicht, Hals und Nacken. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, das Fenster auch ohne Distels Erlaubnis zu öffnen, dachte sie, indem ich ihn nämlich kopfvoran hinauswerfe.
SchlieÃlich räusperte sich Distel, blickte auf und wandte sich an Maria. âJaâ, sagte er, âich denke, das ist eine sehr nette Geschichte.â Sein Grinsen verhieà nichts Gutes. âEine echte Herausforderung, sozusagen.â
Maria streckte die Hand aus. âGeben Sie mir das Blatt.â
Distels Grinsen wurde breiter. Maria hatte plötzlich ein flaues Gefühl im Magen. Distel hielt das Blatt eine Handbreit über dem Schreibtisch in der Schwebe und starrte es an, so, als müsse er sich überwinden, es aus den Fingern zu geben. SchlieÃlich beugte er sich vor und streckte den Arm aus. Maria nahm ihm das Blatt aus der Hand und las die eine, von einem Kringel umrahmte Zeile.
âOh nein.â
âAber jaâ, sagte Distel und das Grinsen verwandelte sich in ein Lächeln.
Maria warf das Blatt auf den Tisch. Isabella Krause beugte sich zur Seite, überflog die Zeile und zog überrascht die Augenbrauen hoch.
âHermann Maier ist ein Sportlerâ, sagte Maria.
âDas ist richtigâ, meinte Distel.
âDeshalb ist er ein Fall für die Nachrichtenredaktion.â
Ainhorn warf erneut einen Blick auf die Uhr und sagte: âMaier ist ein Star, ein Promi, also fällt das in dein Ressort. Wer weiÃ, vielleicht hast du Glück und er schenkt dir einen seiner Schokoriegel.â
âDas wär nettâ, sagte Maria, âund ich wüsste auch schon, wo ich ihn reinstopfen würde, im Querformat.â
Ainhorn schnalzte mit der Zunge und raffte seine Papiere zusammen, die er samt Handy und Zigaretten in seiner schwarzen ledernen Aktentasche verschwinden lieÃ.
Distel vergaà seine Manieren und deutete mit dem Zeigefinger auf Maria. âMorgen Abend hält Hermann Maier im
Hotel de France
eine Pressekonferenz ab, in der er bekannt gibt, ob er zu Saisonbeginn im Oktober schon wieder Rennen fahren wird oder nicht. Eigentlich gehen alle Experten davon aus, dass er fährt, dennoch ist das eine tolle Story.â
âWenn diese Konferenz erst morgen stattfindet, was soll ich dann heute in seinem Hotel?â, fragte Maria. Die beiden Volontäre verfolgten das Geschehen mittlerweile mit fiebrigem Interesse.
âWeilâ, sagte Distel, âich aus gut unterrichteter Quelle weiÃ, dass Maier zugestimmt hat, heute ein Interview zu geben, mit Betonung auf eins. Der Termin ist für vierzehn Uhr dreiÃig angesetzt.â
Maria schaute ihn verwundert an. âIch hab keinen Termin mit Hermann Maier.â
âIch weiÃâ, sagte Distel. âIhr geschätzter Kollege von der Konkurrenz hat ihn.â
Mit Konkurrenz war das
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