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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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half, zählte er nochmals, diesmal bis zwanzig. Er dachte an das Parfum, das er ihr gekauft hatte, und sofort schnelltesein Puls wieder in den roten Bereich. Es machte ihm nichts aus, Geld auszugeben, er hasste es nur,
unnötig
Geld auszugeben. Er atmete tief durch und als er den Kopf hob, starrte er direkt in Baumgartners grinsende Fresse, und in dem Moment ging die Tür auf und Lehner betrat das Büro, besoffen, das konnte Berger schon von weitem erkennen, und blieb unsicher vor dem Schreibtisch stehen. Eines wusste Berger jetzt genau: es reichte ihm. Er hatte es endgültig satt. Er fühlte sich wie ein Squashball nach einem besonders langen und harten Spiel. Kurz schloss er die Augen und gab sich dem Traum von seiner nächsten Station hin, der Fabrik in Rumänien. Die Regierungsvertreter würden ihn, den ausländischen Investor, mit offenen Armen empfangen, die Mitarbeiter würden dankbar, demütig und im richtigen Maße unterwürfig sein, und falls er Glück hatte, würde ihm endlich mal genügend Zeit bleiben, um all die Bücher über Zeitmanagement zu lesen, für die er nie Zeit hatte.
    Er klopfte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch und sagte zu Baumgartner: „Los, stellen Sie Ihre Fragen und dann können wir alle hoffentlich zufrieden zurück an unsere Arbeit gehen.“
    Baumgartner wandte sich an Lehner, dem die Situation sichtlich unangenehm war. Nervös knetete er das breite Revers seines altmodischen braunen Anzugs und strich sich mit der rechten Hand über die Nierengegend. „Als ich gestern bei Ihnen war“, sagte Baumgartner, „haben Sie mir gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen müsse, das Rosenöl sei harmlos. Ich nehme an, Sie haben den Artikel in der Zeitung ebenfalls gelesen.“
    Lehner nickte und schaute unsicher zu Berger, der hinter seinem Schreibtisch thronte, die Hände auf die Tischplatte gestützt, das Kinn nach vorne gereckt. „Das ist richtig“, sagte Lehner und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
    â€žNa also“, sagte Berger und ließ seine blitzenden Zähne sehen, „Sie sehen, Herr Baumgartner, es besteht kein Grund zur Beunruhigung.“
    Lehner räusperte sich und vermied es, sowohl Baumgartner als auch Berger anzusehen. Stattdessen zog er es vor, zur Terrasse zuschauen und seinen Blick im strahlend blauen Himmel sich verlieren zu lassen. „Ganz so würde ich es nicht sehen“, sagte Lehner in einem beinahe dozierenden Tonfall. „Es stimmt, hier werden fast ausschließlich natürliche Basisstoffe verwendet, das bedeutet aber nicht automatisch, dass diese nicht gefährlich sein können. Es ist ja ein weitverbreiteter Irrglaube, dass alles Natürliche per definitionem gesund und ungefährlich ist. Wie Sie sicherlich wissen, macht die Dosis das Gift.“
    â€žGift?“, fragte Baumgartner und begann sich am Hals zu kratzen.
    Immer noch in die blaue Leere blickend, fuhr Lehner fort: „Fast jeder Mensch reagiert auf irgendetwas allergisch. Meistens sind die Symptome lästig, aber harmlos. Aber manchmal verkraftet der Körper die Eindringlinge nicht, dann kommt es zu einem allergischen Schock. Der Körper wehrt sich, bietet all seine Kräfte auf, und manchmal, selten, aber doch, reichen diese Abwehrkräfte nicht.“
    â€žWas meinen Sie damit?“, flüsterte Baumgartner, der blass geworden war und den feuchten Klumpen, der ehedem eine Zeitung gewesen war, auf den Teppich hatte fallen lassen.
    â€žJetzt reicht es mir aber!“, brüllte Berger und stand auf, wobei er den schweren Sessel einen guten Meter nach hinten stieß. „Sie sollten weniger trinken und sich weniger Schauergeschichten ausdenken. Allergischer Schock, Eindringlinge, der Körper wehrt sich. Das ist doch Science-Fiction. Wir sprechen hier von Rosenöl, einem hundertprozentigen Naturprodukt.“
    Beim letzten Satz wurde Schrempf blass und rutschte noch weiter in die Ecke des Sofas.
    Lehner löste den Blick vom Himmel und starrte Berger, der sich wutschnaubend an die Kante des Schreibtisches klammerte, an. „Es gibt Menschen, die an wenigen Bienenstichen gestorben sind“, sagte er. „Leute sterben, weil sie allergisch auf Erdbeeren reagieren und es nicht wussten. Es gibt noch weitere …“
    â€žJa, ja, ja“, sagte Berger unwirsch und wischte Lehners Ausführungen beiseite, „ich bin sicher, es fallen Ihnen

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