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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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bekümmert wirkte.„Kopf hoch“, sagte Berger, „bald ist alles vorbei. Die Tests sind ja praktisch beendet und alles läuft bestens. Jetzt geht es nur noch darum, den geordneten Rückzug anzutreten, und eine Null wie Baumgartner wird uns nicht daran hindern.“
    â€žWas ist mit den Rosen im separaten Saranhaus im Keller?“, fragte Schrempf und öffnete den obersten Knopf seines makellos gebügelten Hemdes.
    â€žVerbrennen Sie sie. Wir haben die Proben im Safe und wir haben unser Schätzchen hier“, er betrachtete liebevoll die eine, ganz besondere Rose im Saranhaus, die eine, die mit dem weißen Band markiert war, „mehr brauchen wir nicht.“
    Schrempf nickte und kniff die Augen wegen des grellen Sonnenlichts zusammen. „Bis heute Nachmittag läuft ein Großversuch“, sagte er, „und ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, vor allen Mitarbeitern ein paar Quadratmeter Rosensträucher abzufackeln.“
    Berger warf einen Blick auf seine Uhr und sagte: „Erledigen Sie das heute Abend. Und vergewissern Sie sich, dass es keine Rückstände gibt.“
    Und während Schrempf sich auf den Weg ins Labor machte, stand Patrick Berger auf seiner Terrasse, genoss das schöne Wetter und blickte hinunter auf die Straße, wo ein schlangenlinienfahrender Karl Michael Baumgartner beinahe von einem Auto zusammengeführt wurde. Amüsiert grinste Berger. Was willst du mir schon anhaben, dachte er.

NEUN
    Fritz Drechsler achtete bei Frauen immer zuerst auf die Haare. Sicher, eine gute Figur, ein hübsches Gesicht, ein richtiges Lachen anstatt eines dämlichen Kicherns, diese Faktoren waren wichtig, aber sie standen nicht an erster Stelle. Betrat er ein Lokal, so wie er gestern Abend zum Beispiel das
Europa
betreten hatte, und stellte sich an die Bar, um sich, mit dem Rücken gegen die Theke gelehnt, umzuschauen, registrierte sein Blick als erstes, so wie gestern Abend, die Frisuren der Frauen. Er hatte keine besondere Vorliebe für eine bestimmte Haarfarbe oder -länge oder einen speziellen Schnitt. Die Haare mussten zur Frau passen, darum ging es. So wie die Haare von Maria Eichinger. Kurz, schwarz, etwas verstrubbelt, ein flauschiger Helm, der ihren hübschen Kopf bedeckte. Als sie gestern vom
Europa
ins
B72
gefahren waren, mit zwei Autos, hatte er die ganze Zeit an ihre Haare denken müssen, hatte sich gefragt, wie es sich wohl anfühlte, wenn seine Finger über diesen dunklen Plüsch strichen. Im
B72
hatte er ihr beim Tanzen zugesehen und sie war an die Bar gekommen und hatte ihm erklärt, dass gerade ihr Lieblingslied laufe,
Do You Remember the First Time?
von Pulp, und Drechsler, der sich sehr gut an sein erstes Mal erinnern konnte, auch wenn das schon beinahe zwanzig Jahre her war, hatte Maria in die Augen geblickt und festgestellt, dass ihm der Name des Mädchens nicht mehr einfiel. Er hatte nur dort gestanden, seine Hand auf Marias Hüfte gelegt, und sein Herz hatte geglüht wie Lava.
    Jetzt saß er im Dienstfahrzeug, einem Chevy, das Fenster ganz nach unten gekurbelt, lächelte beim Gedanken, Maria heute Abend wiederzusehen, und bog in die Mariahilfer Straße ein. Er war unausgeschlafen und schwitzte in seinem dunkelblauen Overall mit dem Abzeichen des Entschärfungsdienstes auf der einen Brustseite und einem Streifen mit seinem Namen und Rang, Bezirksinspektor, auf der anderen. Nervös zündete er sich eine Zigarette an und blies den nach Nelken riechenden Rauch aus. Der Anruf war vorweniger als fünf Minuten in der Zentrale in der Rossauer Kaserne eingegangen. Drechsler und sein Kollege, Oberstleutnant Erich Widmaier, hatten gerade im Büro gesessen und die Zusammenfassung des Spiels Dänemark gegen England angeschaut, als das Telefon geklingelt und sie aus der Diskussion gerissen hatte, wer denn nun die bessere Mannschaft sei.
    â€žDu hättest noch eine Woche auf Bali bleiben sollen“, sagte Widmaier und fummelte an dem kleinen Fernseher herum, der in seinen riesigen Pranken beinahe verschwand. „Dort war es wahrscheinlich genauso heiß wie hier, dafür hast du jeden Tag im Meer schwimmen können.“
    Drechsler nahm einen Zug von seiner Zigarette, strich sich mit der Hand über den noch ungewohnten Bart und sagte: „So toll war’s auch wieder nicht.“
    Widmaier hob den Kopf und sagte: „Sei froh, dass du dir zwei Wochen Bali leisten kannst. Wir haben

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