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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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zweiten Ausstellungsraumes. Sie musste fast zehn Minuten warten, bis sie drankam, dann verriegelte sie die Tür von innen, gab den Beton dem Universum zurück, von dem er ursprünglich gekommen war, und zog sich die Lippen nach. Unter den Spiegel hatte jemand mit Kugelschreiber
Du bist nichts
gekritzelt und Maria kramte ihren fetten Edding aus der Handtasche und schrieb
Du erst recht nicht
drunter. Dann verließ sie befriedigt das Klo, hängte ihre Handtasche über die Lehne ihres Sessels und gesellte sich wieder auf die Tanzfläche, wo Isabella und Romy gerade den künstlerischen Wert der ausgestellten Bilder diskutierten.
    â€žIch find sie komisch“, sagte Isabella und rückte ein wenig vom Mann im engen T-Shirt und dem Speck darunter ab, der hinter ihr herumhüpfte wie ein fettes Huhn, das eben dabei war, ein Ei zu legen. Maria nahm an, dass der Mann tanzte.
    â€žSie
sollen
komisch sein“, sagte Romy, „nicht im wörtlichen Sinne, lustig oder so, sondern …“, während sie nach dem richtigen Wort suchte, fuchtelte sie mit den Händen herum und erwischte das tanzende Huhn dabei mit einem Finger im Gesicht, was es zu einem abrupten Rückzug bewegte,
„anders
, das hab ich gemeint, die Bilder sind anders als alles andere, versteht ihr?“
    Isabella nickte, offensichtlich befriedigt von dieser nicht sehr erhellenden Erklärung, und Maria, die von Romy ein Glas Beton in die Hand gedrückt bekam, trank einen Schluck und musterte die Bilder zum ersten Mal etwas genauer. Isabella hat Recht, dachte Maria, die Bilder sind komisch.
    â€žDer Maler nennt seinen Stil retardierten Humanismus“, sagte Romy und kam damit Marias Frage zuvor. „Einerseits will er, ich zitiere jetzt, einen realistischen, im weitesten Sinne aufklärerischen, Zugang behalten, andererseits findet er, dass es genug Elend in der Welt gibt, und um diese beiden scheinbar diametralen Gegensätzeunter einen Hut zu bringen, nimmt er zwar die Schrecken der Realität zum Thema, aber er malt alles in Herzform.“
    Maria warf einen erneuten Blick auf die Bilder und nickte. Ja, jetzt verstand sie, was Romy meinte.
    â€žDie Bilder sind …“, begann sie und zuckte dann mit den Schultern.
    â€žIch weiß“, sagte Romy. „Und sie füllen meine Geldtasche.“ Maria blickte auf ihre Uhr.
    â€žMusst du schon los?“, fragte Isabella und strich Dimitri, der verschreckt in ihrer Armbeuge hockte, übers Fell.
    â€žNoch nicht“, sagte Maria und fragte sich, wann Fritz Drechsler endlich anrufen würde.
    Während Drechsler und Widmaier die Zusammenfassung des Spieles Deutschland gegen Paraguay im riesigen Fernseher an der hinteren Wand des
Kent
anschauten, blätterte Karin die Kronen-Zeitung durch und gab ab und zu einen Kommentar ab. Drechsler wurde schon ein bisschen nervös und hatte bereits zweimal sein Handy aus der Hosentasche gekramt, um zu schauen, ob ein Anruf eingegangen war, den er aus irgendeinem Grund verpasst hatte, was nicht der Fall war. Widmaier hatte ihm nur einen vernichtenden Blick zugeworfen und die Augen zur Decke gerollt. Aber eigentlich, das hatte Drechsler zu seinem eigenen Erstaunen festgestellt, störte ihn seine Nervosität nicht, im Gegenteil, sie erhöhte den Reiz, den Prickel, die Spannung. Hatte er seine sexieste Unterwäsche an? Ja. Seine Achselhöhlen dick mit Deo imprägniert? Ja. Penelope, seine mürrische Katze, gefüttert und ihr, für den Fall der Fälle, eine offene Dose für morgen hingestellt? Ebenfalls ja. Was also konnte noch schief gehen? Nichts. Nur, warum rief Maria nicht an?
    â€žIch frag mich jedes Mal, wer sich diesen Schwachsinn einfallen lässt“, sagte Karin und stach mit dem Zeigefinger auf die Werbebeilage eines Möbelhauses ein. „Wer denkt sich diese Namen aus?“ Noch ein Stich. „Da. Ein Stoffüberzug für einen Bügeltisch. Wisst ihr, wie der heißt? Lacopertina.“ Sie lachte schnaubend und stach einweiteres Mal auf die Beilage ein. „Lacopertina. Das ist kein Name, das ist eine Kurzgeschichte. Genau wie beim Kinderspielzeug. Die Namen dieser Sachen kann sich doch kein Mensch merken.“ Mit angewidertem Gesicht warf sie die Werbebeilage zur Seite und trank noch einen Schluck Cola light aus der Dose.
    Drechsler und Widmaier nickten stumm und starrten auf den Bildschirm.
    â€žJetzt sag doch was, Erich“, sagte Karin und boxte

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