Kolibri
Packung und zündete sie an. Nelkengeruch machte sich breit.
Karin schlug Widmaier mit der Zeitung gegen den Oberarm. âRed doch nicht so einen Unsinn daher, Erichâ, sagte sie. âDu kennst doch gar keine Fernsehleute.â
âZum Glück nichtâ, brummte Widmaier.
Karin wandte sich an Drechsler, der schweigend vor sich hinrauchte und mit einem Auge den Fernseher im Blick behielt, in dem immer noch, oder schon wieder, Werbung lief.
âHör nicht auf ihnâ, sagte sie. âIch bin sicher, sie ist nett.â
âWenn eine Frau beim Fernsehen arbeitet, ist sie meiner Meinung nach eine Tussiâ, sagte Widmaier bestimmt und fügte mit gewichtiger Handbewegung hinzu: âPer definitionem.â
Drechsler lachte und warf seinem Partner einen spöttischen Blick zu. âSeit wann verwendest du denn so schmutzige Ausdrücke?â
âHab ich in der Millionen-Show gelerntâ, sagte Widmaier und grinste schelmisch.
Karin lachte, legte ihre Arme um Widmaiers massige Schultern und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Widmaier entwand sich ihrer Umarmung, deutete auf die Männer, die an den Nebentischen saÃen, und sagte: âDie Moslems mögen das nicht, wenn man sich in der Ãffentlichkeit küsst.â
âIch glaube, dir ist das unangenehmer als den Moslemsâ, sagte Drechsler und grinste.
âIch könnte kein Moslem seinâ, sagte Widmaier bestimmt und trank noch einen Schluck Red Bull.
âWegen Kussverbot in der Ãffentlichkeit?â, fragte Karin.
âNein, dann dürfte ich kein Schweinefleisch essen. Stell dir vor, ein Sonntag ohne Schnitzel.â Er seufzte und tätschelte seinen Bauch. âEine Horrorvorstellung.â
Drechsler dämpfte seine Zigarette aus und sagte: âIch dachte immer, das sind orthodoxe Juden, die kein Schweinefleisch essen.â
âDie mit den Bärten?â
Drechsler zuckte mit den Schultern. âSind das nicht Moslems? Die haben Bärte und Turbane.â
âDu meinst Inder.â
âInder tragen Saris.â
âNur die Frauen.â
âUnd die Männer?â
âBärte.â
âAlso sind die Inder Moslems?â
âVermutlich.â
âIhr seid Kindsköpfeâ, sagte Karin und warf erst ihrem Mann,dann Drechsler einen abschätzenden Blick zu. âBist du sicher, dass diese Fernsehfrau was mit einem Kindskopf anfangen will?â
Drechsler lieà die Holzblüten der Kette durch seine Finger gleiten und sagte: âIch hoffe schon.â
âWann siehst du sie wieder?â
Drechsler warf einen Blick auf seine Armbanduhr. âWenn ich Glück habe, in ein paar Stunden.â
âWowâ, sagte Romy, âein Bombentyp.â
âHoffentlich in mehr als nur beruflicher Hinsichtâ, sagte Isabella mit skeptischem Gesicht, nachdem ihnen Maria erzählt hatte, was bis jetzt mit Fritz Drechsler gelaufen war, was nicht allzu viel war. Noch nicht.
Sie standen im hinteren Raum, umgeben von Yuppies in ihren schicken Anzügen und Künstlertypen in farbenfrohen Billigklamotten (zumindest hielt Maria sie für Künstlertypen, vielleicht waren sie auch nur Schnorrer),
Music Sounds Better With You
von Stardust schepperte blechern aus einem verbeulten tragbaren Sony-CD-Player, und versuchten, den wenigen Platz zu so etwas Ãhnlichem wie tanzen zu nutzen.
âUnd wie gehtâs weiter mit ihm?â, fragte Romy und drehte sich zu Maria, um den Fängen eines EnddreiÃigers zu entkommen, der Romys Meinung nach ein entschieden zu enges T-Shirt für den Bauch darunter trug.
Maria zuckte mit den Schultern und fächelte sich Luft zu. Hier hinten war es so heiÃ, dass sie schon streichfähig war. âIch werde ihn später anrufen und fragen, ob er mit aufs
Svelte-Mincer
-Konzert geht.â
Romy verzog das Gesicht. âEin Bulle, der auf
Svelte Mincer
steht?â, fragte sie. âKann ich mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen. Ich dachte, denen gefällt Helmut Lotti oder so was in der Art.â
Maria lachte. âErstens ist er kein Bulle im herkömmlichen Sinn und zweitens hoffe ich, dass er mehr an mir als an der Musik interessiert ist.â
âVersteheâ, sagte Romy.
âBin gleich wieder daâ, sagte Maria und ging zum Tisch, schnappte sich ihre Handtasche und bahnte sich ihren Weg zum Klo, einem winzigen Verschlag mit papierdünner Tür in der hinteren Ecke des
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