Kolibri
sich ein gequältes Lächeln. âZwei Wochen lang hat sich die Haut von der Innenseite meiner Oberschenkel geschält.â
âKlingt gutâ, sagte Maria. âGib mir seine Nummer.â
âOb das deinem Bullen gefallen würde?â
âEr ist nicht mein Bulle.â
âNoch nicht.â
âStimmt. Noch nicht.â Und dachte: ab heute Nacht schon.
âWeiÃt du sein Sternzeichen?â
âSein Sternzeichen?â Maria runzelte die Stirn. âNeinâ, sagte sie, âkeine Ahnung, ich hab ihn nicht danach gefragt.â
Isabella seufzte theatralisch. âMädchen, weiÃt du denn gar nichts? Wenn du einen Mann kennen lernst, ist es deine heilige Pflicht, ihn zuallererst nach seinem Sternzeichen zu fragen. Das ist für eine moderne Frau quasi ein Gesetz. Bei Nichtbeachtung kannst du ins Gefängnis wandern.â
âDu spinnstâ, sagte Maria und schielte sehnsüchtig nach der beinahe abgebrannten Zigarette.
Romy wedelte mit ihrer schlanken Hand, trank einen Schluck Beton, leckte sich die Lippen und sagte: âNein, Isa hat recht. Es gibt Sternzeichen, die Unglück bedeuten.â
âZum Beispiel?â, fragte Maria und begnügte sich mit einem Gummibärchen.
âZwillingâ, sagten Isabella und Romy gleichzeitig, wobei sie einander wissend anschauten.
âWas ist an Zwilling so schlecht?â, fragte Maria.
âMein Exmann war Zwillingâ, sagte Romy, als ob das alles erklärte.
âZwillinge sollte man alle an die Wand stellenâ, sagte Isabella. âNatürlich nur die Männer. Frauen können unter Umständen tolle Zwillinge sein.â
Maria hatte nicht den Nerv zu fragen, unter welchen Umständen genau.
âMein Ex, der Zwillingâ, fuhr Romy fort, âbetonte immer, dass er alle Frauen prinzipiell liebe.â
âTypisch Zwillingâ, sagte Isabella. âDie Flucht ins Abstrakte, um konkrete Ãrsche sein zu können. Er hat dich betrogen, stimmtâs?â
Romy nickte und trank einen besonders langen Schluck Beton.
âUnd was wäre ein gutes Sternzeichen für einen Mann?â, fragte Maria und schielte auf ihr Handy. Kein Anruf.
âSkorpionâ, sagte Romy.
âWassermannâ, sagte Isabella.
âDie sind sexy.â
âSprühend und lebendig.â
âAuÃerdem musst du auf Details achten.â
âHände.â
âArsch.â
âAugen.â
âDu musst dir nur einen Mann angeln, der Skorpion oder Wassermann ist, tolle Augen, einen knackigen Arsch und sensible Hände hat, dann kann quasi nichts schiefgehen.â
âQuasi?â, fragte Maria mit skeptischem Blick.
âNa jaâ, Isabella zuckte mit den Schultern, âwenn du Pech hast, ist er ein Wichser, aber wer kann das vorher schon wissen?â
Das Klingeln des Handys riss Maria aus ihren Ãberlegungen. Sie hörte aufmerksam zu, holte einen Stift aus ihrer Handtasche und schrieb hastig eine Adresse auf eine Serviette, dann steckte sie das Handy ein und stand auf. âIch muss losâ, sagte sie.
âWas ist los?â, fragte Romy.
âEine Bombe?â, fragte Drechsler und winkte Widmaier näher heran, damit dieser auch die andere Seite des Gespräches verstand. Drechsler nickte knapp, während Widmaier einen kleinen Block aus der Tasche zog und sich Notizen machte. SchlieÃlich legte Drechsler auf und unterdrückte einen Fluch. Maria würde wahrscheinlich sauer sein, weil er sie versetzte, und wer weiÃ, ob sie ihm eine zweite Chance gab. Er stand auf und warf einen Fünfer auf den Tisch.
âWir müssen losâ, sagte Widmaier zu seiner Frau und küsste sie auf den Mund, Moslems hin oder her.
âIhr habt freiâ, protestierte Karin. âIch versteh nicht, warum ihr schon wieder dran seid.â
Drechsler, der das auch nicht verstand, murmelte etwas von einem erkrankten Kollegen und nahm sich vor, am nächsten Tag mit seinem Vorgesetzten ein ernsthaftes Wort zu reden. Ãberstunden machten ihm nichts aus, geplatzte Verabredungen schon.
Auf dem Weg nach drauÃen fächelte sich Widmaier lauwarme Abendluft zu und sagte: âWo müssen wir hin?â
âGanz rausâ, sagte Drechsler, âgegenüber vom Haupttor des Zentralfriedhofs.â
âDie Nacht der lebenden Totenâ, flüsterte Widmaier mit theatralischer Geste und trat einen angefaulten Pfirsich zur Seite, der
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