Kolibri
Liebe handeln. Dagegen bist du machtlos, Fritz.â
âIch weiÃ.â
Karin blätterte eine Seite um und fragte beiläufig: âUnd für wen ist dann diese Kette?â
Drechsler lächelte und kratzte sich am Bart. âSie heiÃt Maria.â
âMariaâ, sagte Karin gedehnt, als müsste sie den Namen abwägen. âUnd was macht diese Maria so?â
âSind das meine Zigaretten, die du da rauchst?â, fragte Isabella Krause und stellte drei Gläser mit obskurem Inhalt auf den Tisch.
Maria, die Jeans, Plastiksandalen, ihr
Svelte-Mincer
-T-Shirt und darüber eine kurzärmelige, dunkelblaue Bluse trug, nahm einen Zug, blies den Rauch aus und nickte. âSchmecken furchtbarâ, sagte sie und verzog das Gesicht.
âIch weiÃâ, sagte Isabella und setzte sich neben Romy.
âFurchtbar gutâ, ergänzte Maria.
Isabella rollte mit den Augen und seufzte. âIch weiÃ.â Sie beugte sich nach unten und hievte ein kleines pelziges Knäuel auf ihren SchoÃ. Isabella Krause: fünfundvierzig, enges rotes Kookaï-Kostüm, so sexy, dass es den Männern die Netzhaut verglüht.
âWas ist das?â, fragte Romy.
âEin Siamkater. Er heiÃt Dimitri.â
Maria betrachtete den Kater und kam zu dem Schluss, dass er wie eine zu groÃe Kakerlake in einem Pelzmantel aussah. âEr ist süÃâ, sagte sie und dämpfte ihre Zigarette aus.
âEr ist mein kleiner Lieblingâ, sagte Isabella und küsste den Kater auf die Schnauze. âEr betrügt mich nicht, er kauft kein Zeug auf meine Kreditkarte und er ist so furchtbar dankbar für jede Kleinigkeit. Der perfekte Partner.â
âWas ist aus diesem Wirtschaftsjournalisten geworden, von dem du letzte Woche noch so geschwärmt hast?â
Isabella nahm einen Schluck von ihrem Drink und sagte: âDer ist Geschichte.â
âWarum?â, fragte Maria und schnappte sich ebenfalls ein Glas. Sie nahm einen kleinen Schluck, dann noch einen, diesmal einen gröÃeren. Das Zeug schmeckte komisch, nach Kräutern, aber irgendwie gut.
âDer Typ war wie eine Immunschwächeâ, sagte Isabella, âeinmal da, nie mehr weg. Ich meine, der Mensch war einunddreiÃig, okay, und erfolgreich in seinem Job und alles, aber emotional war er zehn. Der brauchte keine Freundin, der brauchte eine Mama, die er auch ficken konnte.â
Romy lachte und griff nach dem letzten Glas. Nachdem sie einen Schluck getrunken hatte, fragte sie: âWas ist das?â
âBeton nennt sich das Zeugâ, sagte Isabella und leckte sich die Lippen.
âBeton?â
âBecherovka und Tonic.â
âBecherovka?â
âEine Art Kräuterschnaps. Den trinken sie in Tschechien und in der Slowakei.â
Sie schwiegen eine Weile. Dann plauderte Romy mit Gästen, die sich für die Bilder interessierten, Isabella schmuste mit der Kakerlake herum, was Maria einerseits süÃ, andererseits ein wenig eklig fand, und Maria selbst, nun, sie trank Beton, schob sich ab und zu ein Gummibärchen in den Mund und dachte an Fritz, den Bombenentschärfer, mit dem sie heute Abend, so in rund zwei Stunden,hoffentlich auf das
Svelte-Mincer
-Konzert gehen würde, und anschlieÃend ⦠Nun, mal sehen.
âKennt wer diese Blonde mit der grünen Lederhose dort drüben?â, fragte Isabella schlieÃlich und schaute Romy an.
âNeinâ, sagte Romy, âwarum, ist das wer wichtiger?â
âWeià ich nichtâ, sagte Isabella, âaber die erinnert mich an die Pressesprecherin vom Bundeskanzler. Ãhnliche Frisur, selber Geschmack bei den Klamotten.â
âWann hast du denn die Pressesprecherin vom Bundeskanzler gesehen?â, fragte Maria und überlegte, ob sie sich noch eine Zigarette von Isabella schnorren sollte, entschied sich dann aber für ein weiteres Gummibärchen.
âGesternâ, sagte Isabella. âBei der Ministerratssitzung, der letzten vor der Sommerpause.â
âWarâs spannend?â, fragte Romy und kraulte Dimitri hinter den Ohren, was ihm ein befriedigtes Knurren entlockte.
Isabella schnaubte und zündete sich eine Zigarette an. âLangweilig warâs, wie immer. Um zehn müssen wir alle dort sein, dann tanzen irgendwann die ganzen Minister und Klubobmänner und Kabinettchefs an und wenn du Glück hast, bekommst du von einem von denen ein Interview. Meist
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