Kollaps
geringer. Eine wichtige Säule der Wirtschaft war auf den Shetlandinseln wie auf den Orkneys die Schafzucht zur Wolleproduktion, aber die Rinderzucht schlug auf den Shetlandinseln fehl, sodass man sich stärker auf die Fischerei konzentrierte.
Noch isolierter als die Orkney- und Shetlandinseln waren die Färöer, 320 Kilometer nördlich von den Orkneyinseln und 650 Kilometer westlich von Norwegen gelegen. Auch sie waren für Wikingerschiffe, die Siedler und Handelsgüter mitbrachten, leicht zugänglich, lagen aber außerhalb der Reichweite älterer Schiffe. Deshalb fanden die Wikinger die Färöerinseln unbewohnt vor, abgesehen vielleicht von einigen irischen Einsiedlern, über deren Existenz es zwar unbestimmte Geschichten gibt, aber keine handfesten archäologischen Belege.
Mit ihrer Lage knapp 500 Kilometer südlich des nördlichen Polarkreises, auf einer geographischen Breite in der Mitte zwischen den beiden größten Städten an der norwegischen Westküste (Bergen und Trondheim), erfreuen sich die Färöer eines milden, ozeanischen Klimas. Da sie aber weiter nördlich liegen als die Orkney- und Shetlandinseln, war die Wachstumssaison für potenzielle Bauern und Viehzüchter kürzer. Die salzige Gischt vom Ozean, die über alle Teile der Inseln mit ihrer geringen Fläche weht, verhindert im Zusammenhang mit starkem Wind die Entstehung von Wäldern. Ursprünglich bestand die Vegetation ausschließlich aus kleinen Weiden, Birken, Espen und Wacholderbäumen, die von den ersten Siedlern sehr schnell abgeholzt wurden: die weidenden Schafe verhinderten dann, dass sie nachwuchsen. Bei einem trockenen Klima wären damit alle Voraussetzungen für Bodenerosion gegeben gewesen, aber auf den Färöern ist es sehr feucht und nebelig, und die Inseln »freuen« sich über durchschnittlich 280 Regentage pro Jahr, wobei an den meisten Tagen mehrere Regenschauer niedergehen. Auch die Siedler selbst taten alles, um die Erosion so gering wie möglich zu halten - unter anderem bauten sie Mauern und Terrassen, damit der Boden nicht verloren ging. In Grönland und insbesondere in Island gelang es den Wikingersiedlern viel weniger gut, die Erosion unter Kontrolle zu halten, aber das lag nicht daran, dass sie weniger klug gewesen wären als die Bewohner der Färöer; die Erosionsgefahr ist in Island wegen des Bodens und in Grönland wegen des Klimas einfach viel größer.
Die Wikinger ließen sich im 9. Jahrhundert auf den Färöern nieder. Es gelang ihnen, ein wenig Gerste anzubauen, andere Getreidesorten gediehen aber so gut wie nicht; selbst heute werden nur sechs Prozent der Landfläche auf den Inseln für den Anbau von Kartoffeln und anderen Gemüsesorten genutzt. Die in Norwegen so beliebten Kühe und Schweine, ja sogar die gering geachteten Ziegen, wurden von den Siedlern innerhalb der ersten 200 Jahre aufgegeben, weil man Überweidung vermeiden wollte. Stattdessen konzentrierte sich die Wirtschaft der Färöer auf die Schafzucht: Man exportierte Wolle, später kamen Stockfische hinzu, und heute sind getrockneter Kabeljau, Heilbutt und Lachs aus Fischfarmen wichtige Exportgüter. Im Gegenzug für diese Wolle- und Fischexporte führten die Inselbewohner aus Norwegen und Großbritannien die unentbehrlichen Dinge ein, die in der Umwelt der Färöer fehlten oder knapp waren; insbesondere brauchte man große Mengen Holz, denn Bauholz stand - abgesehen von gelegentlich angetriebenem Treibholz - an Ort und Stelle nicht zur Verfügung; auch Eisen zur Werkzeugherstellung fehlte auf den Inseln völlig; das Gleiche galt für Steine und Mineralien, beispielsweise Mahlsteine, Schleifsteine und den weichen Speckstein, aus dem man Küchengeräte als Ersatz für Keramikgegenstände schnitzen konnte.
Wie ging die Geschichte der Färöer nach der Besiedlung weiter? Die Bewohner wurden um das Jahr 1000 Christen, also ungefähr zur selben Zeit wie die anderen Wikinger im Nordatlantikraum, und später errichteten sie eine gotische Kathedrale. Die Inseln wurden im 11. Jahrhundert gegenüber Norwegen tributpflichtig und kamen 1380 zusammen mit Norwegen unter die Herrschaft des dänischen Königshauses; 1948 erhielten sie von Dänemark die Selbstverwaltung. Die 47 000 Einwohner sprechen noch heute eine eigene Sprache, die sich unmittelbar vom Altnordischen ableitet und stark dem modernen Isländisch ähnelt; die Bewohner der Färöer und Islands verstehen einander und können auch altnordische Texte lesen.
Kurz gesagt, blieben den Färöern die
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