Kollaps
schützt. Wird diese Vegetation jedoch entfernt (weil Schafe darauf grasen oder Bauern sie abbrennen), liegt die Asche wiederum frei und ist nun für Erosion sehr anfällig. Nachdem sie so leicht war, dass sie anfangs vom Wind transportiert werden konnte, wird sie wegen ihres geringen Gewichts auch jetzt wieder vom Wind abgetragen. Neben dieser Winderosion tragen auch die örtlichen heftigen Regenfälle und häufige Überschwemmungen in Island dazu bei, die frei liegende Asche insbesondere an steilen Berghängen auszuwaschen.
Ein zweiter Grund für die Empfindlichkeit des isländischen Bodens liegt in der Empfindlichkeit der Pflanzenwelt. In der Regel bedecken Pflanzen den Boden und schützen ihn so vor Erosion, und da sie außerdem organische Substanzen einbringen, wird er zusätzlich fester und schwerer. In Island mit seiner nördlichen Lage, dem kühlen Klima und der kurzen Wachstumssaison wachsen Pflanzen jedoch langsam. Die Kombination aus empfindlichem Boden und langsamem Pflanzenwachstum lässt für die Erosion einen positiven Rückkopplungskreislauf entstehen: Nachdem die schützende Pflanzendecke von Schafen oder Bauern entfernt wurde und die Bodenerosion begonnen hat, können sich neue Pflanzen nur noch schwer ansiedeln und den Boden erneut schützen; die Folge: Die Erosion breitet sich aus.
Die Besiedlung Islands begann in nennenswertem Umfang um das Jahr 870 und war 930, als fast alle landwirtschaftlich nutzbaren Flächen vergeben waren, praktisch beendet. Die meisten Siedler kamen unmittelbar aus dem Westen Norwegens, die übrigen waren Wikinger, die bereits auf die britischen Inseln ausgewandert waren und dort keltische Frauen geheiratet hatten. Diese Siedler wollten eine ganz ähnliche Viehhalterwirtschaft aufbauen wie in Norwegen und auf den Britischen Inseln, und dazu dienten ihnen die gleichen fünf Nutztierarten, von denen die Schafe am Ende bei weitem am zahlreichsten waren. Schafsmilch wurde zu Butter, Käse und einer isländischen Spezialität namens skyr verarbeitet, die für meinen Geschmack einem köstlichen, dicken Joghurt ähnelt. Ansonsten bestritten die Isländer ihre Ernährung mit Wildtieren und Fischen -auch dies wissen wir dank der geduldigen Bemühungen der Zooarchäologen, die insgesamt 47 000 Knochen aus Abfallhaufen untersucht haben. Die Brutkolonien der Walrosse waren sehr schnell ausgerottet, und die Seevögel wurden stark dezimiert, sodass die Jäger ihre Aufmerksamkeit nun auf die Robben richteten. Zu den wichtigsten wilden Proteinlieferanten wurden schließlich die Fische: einerseits die reichlich vorhandenen Forellen und Lachse in Seen und Flüssen, andererseits die großen Kabeljau- und Schellfischbestände vor der Küste. Kabeljau und Schellfisch waren der entscheidende Grund, warum die Bewohner Islands die schweren Jahrhunderte der kleinen Eiszeit überleben konnten, und sie sind noch heute eine Stütze für die Wirtschaft des Landes.
Als die Besiedlung Irlands begann, war die Insel auf einem Viertel ihrer Fläche bewaldet. Die Siedler holzten immer mehr Bäume ab, um Weideland zu schaffen, und die Bäume selbst wurden als Brennstoff, Bauholz und zur Herstellung von Holzkohle verwendet. In den ersten Jahrzehnten wurden ungefähr 80 Prozent der ursprünglichen Waldflächen gerodet, und bis heute ist dieser Anteil auf 96 Prozent gestiegen, sodass Wälder nur noch ein Prozent der Fläche Islands ausmachen. An großen verkohlten Holzstücken aus den ältesten archäologischen Fundstätten erkennt man etwas, das uns heute unglaublich erscheint: Das Holz, das bei der Rodung anfiel, wurde zu einem großen Teil weggeworfen oder verbrannt, bis die Inselbewohner erkannten, dass der Rohstoff für alle zukünftigen Zeiten knapp werden würde. Nachdem die ursprünglichen Bäume verschwunden waren, verhinderten weidende Schafe und wühlende Schweine, die anfangs ebenfalls noch vorhanden waren, dass neue Keimlinge heranwuchsen. Wenn man heute durch Island fährt, stellt man verblüfft fest, dass die wenigen Baumgruppen, die noch stehen, meist zum Schutz vor Schafen eingezäunt sind.
Das isländische Hochland oberhalb der Baumgrenze, wo von Natur aus Wiesen auf einem flachen Boden gedeihen, war für die Siedler besonders reizvoll: Hier brauchten sie nicht einmal Bäume zu fällen, um Weideflächen anzulegen. Aber das Hochland war noch empfindlicher als die Niederungen, denn es war hier kälter und trockener, sodass die Pflanzen langsamer nachwuchsen, und außerdem war der Boden nicht
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