Kollaps
Bewirtschaftungsprobleme auf. Die Isländer geben sich große Mühe, alte Schäden an ihren Wäldern und Böden zu reparieren und ähnliche Schäden in der Fischerei zu verhindern.
Vor dem Hintergrund dieser kurzen Zusammenfassung der isländischen Geschichte können wir nun die Frage stellen, wo Island im Vergleich zu den fünf anderen Wikingerkolonien im Nordatlantik steht. Wie ich bereits erwähnt habe, wurde das unterschiedliche Schicksal dieser Kolonien insbesondere von vier Faktoren beeinflusst: von der Entfernung von Europa, dem Widerstand der Bewohner, die es vor den Wikingern gab, der Eignung für die Landwirtschaft und der ökologischen Empfindlichkeit. Im Fall Islands waren zwei dieser Faktoren günstig, die beiden anderen verursachten Probleme. Für die Siedler war es positiv, dass es auf der Insel zuvor keine (oder so gut wie keine) Bewohner gab und dass ihre Entfernung von Europa (die zwar größer ist als die zu den Orkney-, Shetland- oder Färöerinseln, aber viel geringer als nach Grönland oder Vinland) so klein war, dass Handel selbst mit mittelalterlichen Schiffen in großem Umfang möglich war. Anders als die Bewohner Grönlands blieben die Isländer über Schiffe in jährlichem Kontakt mit Norwegen und/oder Großbritannien; sie konnten lebenswichtige Güter (insbesondere Bauholz, Eisen und später auch Keramik) in großem Umfang einführen und ihre Exportwaren in ebenso großem Umfang verschicken. Insbesondere der Export getrockneter Fische erwies sich nach 1300 als entscheidend für die wirtschaftliche Rettung Islands; für die abgelegene Kolonie in Grönland dagegen, deren Schiffsrouten nach Europa häufig von Meereis blockiert waren, bestand diese Möglichkeit nicht.
Auf der negativen Seite stand Islands nördliche Lage, durch die es, was die ungünstigen Voraussetzungen für die Lebensmittelproduktion betraf, nach Grönland an zweiter Stelle rangierte. Der Gersteanbau, der selbst in den milden ersten Jahren der Besiedlung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, wurde im späten Mittelalter, als das Klima sich abkühlte, aufgegeben. Selbst die Weidewirtschaft mit Schafen und Kühen war auf den ärmeren Bauernhöfen in schlechten Jahren nur in geringem Umfang möglich. Schafe dagegen gediehen in den meisten Jahren in Island so gut, dass der Wollexport nach der Besiedlung mehrere Jahrhunderte lang die Wirtschaft beherrschte. Das größte Problem jedoch war die ökologische Empfindlichkeit: Island hatte unter allen Wikingerkolonien mit Abstand die empfindlichsten Böden, und was die Empfindlichkeit der Pflanzenwelt angeht, stand es an zweiter Stelle hinter Grönland.
Betrachten wir nun einmal die Geschichte Islands unter dem Gesichtspunkt der fünf Faktoren, die das Grundthema dieses Buches bilden: selbst verursachte Umweltschäden, Klimaveränderungen, Konflikte mit anderen Gesellschaften, freundliche Handelsbeziehungen mit anderen Gesellschaften, und kulturelle Einstellungen. Vier dieser Faktoren spielen in Island eine Rolle; nur feindselige Konflikte gab es kaum, abgesehen von einer Periode mit Piratenüberfällen. Die Wechselbeziehungen zwischen den anderen vier Faktoren sind im Falle Islands deutlich zu erkennen. Seine Bewohner hatten das Pech, dass sie eine Reihe besonders schwieriger ökologischer Probleme vorfanden, die sich durch die Klimaabkühlung während der kleinen Eiszeit noch verstärkten. Damit das Land trotz dieser ökologischen Probleme überleben konnte, war der Handel mit Europa unentbehrlich. Den Rahmen für die Reaktion der Isländer auf ihre Umwelt bildeten ihre kulturellen Einstellungen. Manche davon hatten sie bereits aus Norwegen mitgebracht, insbesondere die anfängliche Vorliebe für Kühe und Schweine und ihre ursprünglichen ökologischen Vorgehensweisen, die sich für den Boden in Norwegen und Großbritannien durchaus eigneten, nicht aber für die Verhältnisse in Island. Andere Haltungen entwickelten sich erst in der neuen Heimat: Sie lernten, Schweine und Ziegen aufzugeben, Kühe in geringerem Umfang zu halten, die empfindliche Umwelt ihrer Insel besser zu schützen und sich eine konservative Sichtweise zu Eigen zu machen. Mit dieser Sichtweise frustrierten sie ihre dänischen Herrscher, und in manchen Fällen dürften sie auch den Isländern selbst geschadet haben, aber letztlich halfen sie ihnen, durch die Vermeidung von Risiken zu überleben.
Die heutige isländische Regierung kümmert sich in großem Umfang um den historischen Ballast der Insel -
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