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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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sich im Teller Wildlife Refuge engagieren, ein gutes Beispiel; beide verfolgen ihre eigenen langfristigen Ziele, und das ist auch im Interesse vieler anderer Menschen.
    Ich habe diesen drei Erfolgsgeschichten - über das Hochland von Neuguinea, Tikopia und das Japan der Tokugawazeit - ein einziges Kapitel gewidmet, nachdem ich in sieben Kapiteln neben einigen weiteren Erfolgsgeschichten (Orkney- und Shetlandinseln, Faröer und Island) vorwiegend Gesellschaften erörtert habe, die durch Waldzerstörung und andere ökologische Probleme zugrunde gingen. Damit will ich aber nicht sagen, dass Erfolgsgeschichten seltene Ausnahmen seien. In den letzten Jahrhunderten haben Deutschland, Dänemark, die Schweiz, Frankreich und andere westeuropäische Staaten ihre bewaldeten Flächen wie Japan durch Maßnahmen, die von oben nach unten verliefen, stabilisiert und dann ausgeweitet. Ähnliches gelang etwa 600 Jahre früher der größten und am strengsten organisierten Gesellschaft der amerikanischen Ureinwohner, dem Inkareich der mittleren Anden, in dem mehrere zigmillionen Untertanen unter einem absoluten Herrscher lebten: Auch dort gebot man durch umfangreiche Aufforstung und Terrassenbau der Bodenerosion Einhalt, die Nutzpflanzenerträge stiegen, und die Holzversorgung war gesichert.
    Ebenso gibt es eine Fülle von Beispielen für die erfolgreiche, von unten nach oben gerichtete Bewirtschaftung durch kleine Gesellschaften von Bauern, Viehzüchtern, Jägern oder Fischern. Ein Beispiel habe ich in Kapitel 4 bereits kurz erwähnt: Im Südwesten der Vereinigten Staaten erprobten Gesellschaften der amerikanischen Ureinwohner, die viel kleiner waren als das Inkareich, ganz verschiedene Lösungen für das Problem, in ihrer schwierigen Umwelt eine langlebige Wirtschaft zu entwickeln. Die Lösungen der Anasazi, Hohokam und Mimbres waren letztlich nicht von Dauer, aber die geringfügig anders geartete Lösung der Pueblo-Indianer funktioniert mittlerweile in der gleichen Region bereits seit über tausend Jahren. In Grönland verschwanden die Wikinger, aber die Inuit erhielten seit ihrer Einwanderung um 1200 bis zur dänischen Kolonisierung und den damit verbundenen Störungen im Jahr 1721 mindestens 500 Jahre lang eine autarke Wirtschaft von Jägern und Sammlern aufrecht. Nachdem in Australien vor rund 46 000 Jahren die eiszeitlichen Tiere ausgestorben waren, lebten die dortigen Ureinwohner in einer Wirtschaft von Jägern und Sammlern, bis 1788 die europäische Besiedlung begann. Auch heute gibt es zahlreiche autarke, kleine bäuerliche Gesellschaften. Besonders gut untersucht sind beispielsweise Gemeinden in Spanien und auf den Philippinen, die ihre eigenen Bewässerungssysteme unterhalten, und Gebirgsdörfer in der Schweiz, die eine Mischwirtschaft mit Ackerbau und Viehzucht betreiben; in beiden Fällen funktioniert das schon seit Jahrhunderten, und es gibt genaue lokale Absprachen über die Bewirtschaftung der gemeinschaftlichen Ressourcen.
    In allen genannten Fällen erfolgt die Bewirtschaftung von unten nach oben in einer kleinen Gesellschaft, die in ihrem Gebiet das ausschließliche Recht an allen wirtschaftlichen Tätigkeiten hat. Interessantere, kompliziertere Fälle gibt es (oder gab es traditionell) auf dem indischen Subkontinent, wo das Kastensystem die Möglichkeit schafft, dass Dutzende von wirtschaftlich spezialisierten Gesellschaftsgruppen sich das gleiche geographische Gebiet teilen und unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten ausführen. Die Kasten treiben untereinander einen umfangreichen Handel und leben häufig im gleichen Dorf zusammen, aber sie sind endogam, das heißt, die Menschen heiraten in der Regel innerhalb ihrer eigenen Kaste. Die Kasten können nebeneinander existieren, weil sie unterschiedliche ökologische Ressourcen nutzen und beispielsweise als Fischer, Bauern, Viehzüchter und Jäger oder Sammler eine unterschiedliche Lebensweise pflegen. Die Spezialisierung geht sogar noch weiter - so gibt es beispielsweise mehrere Kasten von Fischern, die mit unterschiedlichen Methoden in unterschiedlichen Gewässern ihrer Tätigkeit nachgehen. Wie die Bewohner Tikopias und die Japaner der Tokugawazeit, so wissen auch die Mitglieder der einzelnen indischen Kasten, dass sie zu ihrer Selbsterhaltung nicht nur auf eine genau abgegrenzte Basis von Ressourcen zurückgreifen können, sondern sie rechnen auch damit, dass sie diese an ihre Kinder weitergeben werden. Solche Bedingungen trugen dazu bei, das sich sehr

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