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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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schädlichen Folgen der Waldzerstörung auf sich nehmen) bereits geschehen ist.
    Ein Pessimist wird bemerken, dass in China bereits viele Gefahren bestehen und schlechte Vorboten zu erkennen sind. Eine der allgemeinen Gefahren besteht darin, dass das Wirtschaftswachstum in China gegenüber Umweltschutz oder Nachhaltigkeit immer noch Priorität genießt. Das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit ist gering - unter anderem deshalb, weil China im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt noch nicht einmal halb so viel in die Bildung investiert wie die Industrieländer. China beherbergt 20 Prozent der Weltbevölkerung, bringt aber nur ein Prozent der weltweiten Bildungsausgaben auf. Eine Oberschul- oder Universitätsausbildung für die Kinder übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten chinesischen Eltern: Die jährlichen Studiengebühren würden das Durchschnittsgehalt eines städtischen Arbeiters oder das Einkommen von drei Landarbeitern verschlingen. Die vorhandenen Umweltgesetze wurden im Wesentlichen Stück für Stück erlassen, eine wirksame Umsetzung fehlt ebenso wie eine Evaluierung der langfristigen Folgen, und vor allem mangelt es an einem systematischen Ansatz: So beziehen sich zwar einzelne Gesetze auf die schnell schrumpfenden chinesischen Feuchtgebiete, es gibt aber für deren Schutz keinen umfassenden Rahmen. Die örtlichen Beamten der Umweltschutzbehörde werden nicht von ranghöheren Beamten derselben Behörde ernannt, sondern von den regionalen Regierungen, die damit häufig die Durchsetzung landesweiter Umweltschutzgesetze und Vorschriften blockieren. Die Preise für wichtige Rohstoffe aus der Umwelt werden so niedrig angesetzt, dass die Verschwendung begünstigt wird; eine Tonne Wasser aus dem Gelben Fluss, die zur Bewässerung verwendet werden soll, kostet beispielsweise nur ein Zehntel bis ein Hundertstel des Preises einer kleinen Flasche Quellwasser, sodass für die Bauern jeder Anreiz entfällt, bei der Bewässerung sparsam mit dem Wasser umzugehen. Das Land gehört dem Staat und ist an die Bauern verpachtet, und häufig folgen dabei in kurzer Zeit mehrere verschiedene Pächter aufeinander, sodass auch dies ihnen keinen Anreiz verschafft, langfristig in ihr Land zu investieren oder es gut zu verwalten.
    Der chinesischen Umwelt drohen aber auch gezieltere Gefahren. Die stark zunehmende Zahl der Autos, die drei Großprojekte und das schnelle Verschwinden der Feuchtgebiete sind bereits Wirklichkeit und werden sich in Zukunft zunehmend schädlich auswirken. Durch die vorausberechneten Abnahme der durchschnittlichen Haushaltsgröße auf 2,7 Personen bis zum Jahr 2015 werden selbst dann, wenn die Bevölkerungszahl als solche gleich bleibt, 126 Millionen neue Haushalte hinzukommen, mehr als die Gesamtzahl aller Haushalte in den Vereinigten Staaten. Mit dem wachsenden Wohlstand und dem damit zunehmenden Fleisch- und Fischverbrauch werden sich die Umweltprobleme in Verbindung mit Fleischproduktion und Aquakultur verstärken, beispielsweise die Verschmutzung durch Exkremente von Landtieren und Fischen sowie die Eutrophierung durch nicht verzehrtes Fischfutter. Schon heute ist China weltweit der größte Produzent von Aquakultur-Lebensmitteln und das einzige Land, in dem aus der Aquakultur mehr Fische und andere Meerestiere gewonnen werden als aus der Fischerei in freier Wildbahn. Die weltweiten Auswirkungen, wenn China im Fleischkonsum mit den Industrieländern gleichzieht, sind nur ein Aspekt des umfassenderen Themas, das ich bereits am Beispiel des Metallverbrauchs deutlich gemacht habe: Derzeit besteht eine Kluft zwischen dem Pro-Kopf-Verbrauch und der Pro-Kopf-Produktion in Industrie- und Drittweltländern. Natürlich wird China sich nicht auf die Forderung einlassen, es solle nicht das Niveau der Industrieländer anstreben. Aber die Welt hält es nicht aus, wenn China und andere Drittweltländer auf dem Niveau der Industrieländer leben.
    Als Gegengewicht zu all diesen Gefahren und entmutigenden Anzeichen gibt es auch viel versprechende Signale. Sowohl die Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation als auch die bevorstehenden Olympischen Spiele im Jahr 2008 waren für die chinesische Regierung ein Anlass, Umweltproblemen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Derzeit entsteht beispielsweise rund um Beijing für mehr als vier Milliarden Euro eine »grüne Mauer«, ein Gürtel aus Bäumen, der die Stadt vor Staub und Sandstürmen schützen soll. Um die Luftverschmutzung in der Hauptstadt zu

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