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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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ansonsten vorwiegend unproduktiven Böden des Kontinents, und sie tragen heute einen unverhältnismäßig großen Teil zur landwirtschaftlichen Produktivität Australiens bei.
    Die geringe durchschnittliche Produktivität der Böden hat wichtige wirtschaftliche Auswirkungen auf die australische Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei. Nährstoffe, die in nutzbaren Böden zu Beginn der europäischen Landwirtschaft vorhanden waren, gingen schnell zur Neige. Letztlich bauten die ersten Bauern in Australien unabsichtlich die Nährstoffe in ihrem Boden ab. Danach musste man sie künstlich in Form von Düngemitteln zuführen, was die Kosten der landwirtschaftlichen Produktion im Vergleich zu anderen Ländern mit fruchtbarerem Boden ansteigen ließ. Wegen der geringeren Produktivität des Bodens wachsen die Nutzpflanzen langsam und liefern im Durchschnitt geringere Erträge. Deshalb muss man in Australien größere Flächen kultivieren als in anderen Ländern, um den gleichen Ertrag zu erzielen, und das bedeutet, dass auch die Treibstoffkosten für landwirtschaftliche Maschinen wie Traktoren, Sämaschinen und Mähdrescher (die ungefähr proportional zu der Fläche sind, die mit den Maschinen bearbeitet wird) relativ hoch sind. Extrem unfruchtbare Böden findet man im Südwesten Australiens, dem so genannten Weizengürtel, der eine der wertvollsten Landwirtschaftsregionen des Landes darstellt; dort wächst der Weizen auf Sandboden, der praktisch keine natürlichen Nährstoffe mehr enthält, sodass man diese nahezu vollständig in Form von Kunstdünger zuführen muss.
    Da die australische Landwirtschaft wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten für Düngemittel und Brennstoffe sehr aufwendig ist, können Bauern, die dort an die lokalen Märkte verkaufen, trotz ihrer geringeren Transportkosten manchmal nicht mit Produzenten aus Übersee konkurrieren, die die gleichen Nutzpflanzen mit dem Schiff nach Australien bringen. Im Zeitalter der Globalisierung ist es billiger, Orangen in Brasilien anzubauen und das daraus erzeugte Orangensaftkonzentrat 13 000 Kilometer weit nach Australien zu bringen, statt den Saft unmittelbar aus den Früchten australischer Bäume herzustellen. Das Gleiche gilt für Speck oder Schinken aus Kanada und die entsprechenden Produkte aus Australien. Umgekehrt sind die australischen Bauern nur in wenigen spezialisierten »Marktnischen« auf den Märkten in Übersee konkurrenzfähig, insbesondere bei Nutzpflanzen und Tierprodukten mit hohem Mehrwert, der über die normalen Kosten für den Anbau hinausgeht, so beispielsweise bei Wein.
    Eine zweite wirtschaftliche Folge der geringen Produktivität australischer Böden hat mit der Forstwirtschaft zu tun, die in Kapitel 9 bereits im Zusammenhang mit Japan erörtert wurde. In australischen Wäldern befindet sich der größte Teil der Nährstoffe nicht im Boden, sondern in den Bäumen selbst. Nachdem die ersten europäischen Siedler die einheimischen Wälder gefällt hatten, wurden die nachwachsenden natürlichen Wälder von späteren Bewohnern ebenfalls abgeholzt, oder diese investierten in den Anbau von Baum-Monokulturen. Das Wachstum geht dort jedoch im Vergleich zu anderen Holz produzierenden Ländern sehr langsam vonstatten. Paradoxerweise lässt sich der bedeutendste einheimische Bauholzlieferant (der Blaue Gummibaum aus Tasmanien) heute in vielen anderen Ländern preisgünstiger züchten als in Australien selbst.
    Die dritte Folge überraschte mich und dürfte auch viele Leser überraschen. Dass die Fischerei von der Bodenqualität abhängt, würde man nicht ohne weiteres glauben: Schließlich leben Fische nicht im Boden, sondern in Flüssen oder im Meer. Aber alle Nährstoffe in den Flüssen und zumindest ein Teil der Nährstoffe in küstennahen Meeresteilen stammen aus dem Boden und werden von den Flüssen in den Ozean getragen. Deshalb sind auch Australiens Flüsse und Küstengewässer relativ wenig produktiv, und das hat zur Folge, dass die Fischgründe rund um den Kontinent sehr schnell ebenso abgebaut und übermäßig ausgebeutet wurden wie Wälder und Felder. Im Meer wurde ein Fischereigebiet nach dem anderen häufig schon wenige Jahre nach seiner Entdeckung so stark überfischt, dass es wirtschaftlich irgendwann nicht mehr lohnte. Heute hat Australien um sich herum unter den fast 200 Staaten der Welt die drittgrößte exklusive Fischereizone, aber was den Wert der Fischerträge aus dem Meer angeht, steht es nur an 55. Stelle. Die

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