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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Süßwasserfischerei liefert überhaupt keine nennenswerten Erträge mehr.
    Ein weiterer Aspekt der geringen Produktivität des australischen Bodens bestand darin, dass das Problem für die ersten europäischen Siedler nicht erkennbar war. Im Gegenteil: Als sie die großartigen, riesigen Waldgebiete sahen, in denen damals wahrscheinlich die größten Bäume der Neuzeit standen (die Blauen Gummibäume von Gippsland in Victoria waren bis zu 120 Meter hoch), ließen sie sich vom äußeren Anschein täuschen und glaubten, das Land sei äußerst fruchtbar. Aber nachdem Holzfäller den ersten Baumbestand entfernt hatten, und nachdem die Schafe die erste Grasdecke abgeweidet hatten, mussten die Siedler zu ihrem Erstaunen feststellen, dass Bäume und Gras sehr langsam nachwuchsen, dass das Land keine lohnende Landwirtschaft erlaubte, und dass man viele Gebiete verlassen musste, nachdem Bauern und Schafzüchter viel Kapital in den Bau von Gebäuden und Zäunen sowie in andere landwirtschaftliche Verbesserungen investiert hatten. Von den Anfängen der Kolonialzeit bis heute hat Australien zahlreiche Zyklen dieser Art durchgemacht: Rodung, Investitionen, Bankrott und Verlassen.
    Alle diese Probleme der australischen Land-, Forst und Fischereiwirtschaft sind eine Folge der geringen Bodenproduktivität. Als weiteres großes Problem kommt hinzu, dass der Boden in Australien an vielen Stellen nicht nur wenig Nährstoffe, sondern auch viel Salz enthält. Das hat drei Gründe. Im Weizengürtel im Südwesten des Kontinents wurde das Salz seit Jahrmillionen durch den Meerwind vom benachbarten Indischen Ozean landeinwärts transportiert und lagerte sich dort ab. In Südostaustralien, der zweiten großen Landwirtschaftsregion, die in ihrer Produktivität an den Weizengürtel heranreicht, befindet sich das Tiefland des größten australischen Flussdeltas mit den Flüssen Murray und Darling. Dieses Gebiet wurde immer wieder vom Meer überspült und trocknete dann aus, wobei viel Salz zurückblieb. Eine andere Senke im Landesinneren Australiens enthielt früher einen Süßwassersee, der keinen Abfluss zum Meer hatte, durch Verdunstung immer salziger wurde (ganz ähnlich wie der Große Salzsee im US-Bundesstaat Utah und das Tote Meer zwischen Israel und Jordanien) und schließlich austrocknete. Dabei blieben Salzablagerungen zurück, die vom Wind in andere Teile Ostaustraliens transportiert wurden. Manche Böden in Australien enthalten bis zu 108 Kilogramm Salz je Quadratmeter. Welche Auswirkungen das viele Salz im Boden hat, werden wir später noch genauer erörtern. Kurz gesagt, wird es unter anderem durch Rodung und Bewässerung leichter an die Oberfläche gespült, was zu einem salzigen Oberboden führt, auf dem keine Nutzpflanze mehr wachsen kann. Genau wie die ersten Bauern in Australien ohne moderne bodenchemische Analysen nichts von der Nährstoffarmut wissen konnten, so hatten sie auch keine Ahnung von dem hohen Salzgehalt. Dass die Versalzung Probleme bereiten würde, konnten sie ebenso wenig voraussehen wie den Nährstoffmangel, den sie mit ihrer Landwirtschaft verursachten.
    Während Unfruchtbarkeit und Versalzung der Böden für die ersten Bauern nicht erkennbar waren und auch heute bei Laien außerhalb Australiens kaum bekannt sind, liegen die Probleme mit der Wasserknappheit auf der Hand: Wenn die australische Umwelt zur Sprache kommt, denken die meisten Menschen in anderen Kontinenten zuerst an Wüsten. Diese Vorstellung hat ihre Berechtigung: In einem unverhältnismäßig großen Teil Australiens fallen nur geringe Niederschläge, oder es handelt sich um extreme Wüsten, wo Landwirtschaft ohne Bewässerung unmöglich wäre. Ein erheblicher Teil der Fläche Australiens ist heute für jede Form von Landwirtschaft oder Viehzucht nutzlos. Wo Lebensmittelproduktion dennoch möglich ist, fällt in der Nähe der Küste meist mehr Niederschlag als weiter landeinwärts. Fährt man also vom Meer ins Landesinnere, so trifft man zunächst auf Ackerland und auf Gebiete, wo die Hälfte der australischen Rinderbestände in hoher Dichte gehalten werden. Weiter landeinwärts folgen Schafställe, dann wieder Rinderställe (die andere Hälfte der Rinderbestände, hier aber in sehr niedriger Dichte), denn die Rinderzucht ist auch in Gebieten mit geringerem Niederschlag noch wirtschaftlicher als die Schafzucht; im Landesinneren schließlich liegt die Wüste, in der keinerlei Lebensmittelproduktion möglich ist.
    Weniger gut zu greifen als die

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