Kollaps
ökologischen Problemen Australiens zum Opfer: Waldzerstörung, Füchse, Rodung mit Ketten oder durch Abbrennen, übermäßige Bewässerung, übermäßige Tierhaltung, Kaninchen, Versalzung, Unkraut, Winderosion und so weiter. Im Jahr 1993 wurde es von der australischen Bundesregierung und der Zoologischen Gesellschaft Chicagos gekauft, wobei Letztere, obwohl in den USA ansässig, sich sehr für die australischen Pionierarbeiten zur Entwicklung einer ökologisch nachhaltigen Landbewirtschaftung interessierte. In den ersten Jahren nach dem Kauf versuchten staatliche Verwalter, die Kontrolle von oben nach unten auszuüben: Sie erteilten Anweisungen an Freiwillige aus der Umgebung, aber dies führte zunehmend zu Spannungen, und 1998 übernahm der private Australian Landscape Trust die Verwaltung. Die Organisation mobilisierte 400 Freiwillige, die das Anwesen gemeinsam von unten nach oben verwalteten. Seine Finanzmittel erhält der Trust vorwiegend von der Potter Foundation, der größten privaten gemeinnützigen Organisation Australiens, die es sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt hat, die Zerstörung der landwirtschaftlichen Nutzflächen auf dem Kontinent rückgängig zu machen.
Unter der Verwaltung des Trust stürzten sich die Freiwilligen auf der Calperum Station in alle möglichen Projekte, die ihren eigenen Interessen entsprachen. Auf diese Weise konnte die Privatinitiative mit Freiwilligen viel mehr erreichen, als es allein mit den begrenzten staatlichen Mitteln möglich gewesen wäre. Umweltschützer, die in der Calperum Station ausgebildet worden waren, konnten die dort erworbenen Fähigkeiten auch an anderen Orten in Umweltschutzprojekten einsetzen. Unter anderem konnte ich miterleben, wie eine Helferin sich einer kleinen, gefährdeten Känguruart widmete und sich um eine Erholung der Bestände bemühte; eine andere vergiftete lieber Füchse, in dem Gebiet eine der schädlichsten eingeschleppten Arten; und wieder andere gingen das allgegenwärtige Kaninchenproblem an, bekämpften die eingeschleppten Karpfen im Murray River, vervollkommneten eine Methode zur schadstofffreien Bekämpfung von Schadinsekten an Citrusbäumen, stellten das Leben in Seen wieder her, brachten auf überweideten Flächen neue Vegetation aus und entwickelten Märkte für Zucht und Vertrieb der regionalen Wildblumen und anderer Pflanzen, mit denen man die Erosion unter Kontrolle halten kann. Diese Bemühungen verdienen einen Preis für Phantasiereichtum und Engagement. Buchstäblich Zehntausende andere, ähnliche Privatinitiativen sind in ganz Australien am Werk: Landcare beispielsweise, eine Organisation, die teilweise ebenfalls aus dem Ackerlandprojekt der Potter Foundation hervorging, leistet bei 15 000 Bauern Hilfe zur Selbsthilfe.
Ergänzt werden solche phantasievollen Privatinitiativen durch staatliche Projekte, die mit einem radikalen Umdenken in der Landwirtschaft verbunden sind und eine Reaktion auf das wachsende Bewusstsein für Australiens tiefgreifende Probleme darstellen. Bisher lässt sich noch nicht abschätzen, ob solche extremen Pläne verwirklicht werden, aber schon dass Staatsbedienstete dafür bezahlt werden, sie zu entwickeln, ist bemerkenswert. Die Vorschläge stammen nicht von idealistischen, ökologisch geprägten Vogelfreunden, sondern von hart gesottenen Wirtschaftswissenschaftlern, die sich schlicht und einfach fragen: Würde es Australien ohne einen großen Teil seiner derzeitigen Landwirtschaft wirtschaftlich besser gehen?
Hintergrund des Umdenkens ist die Erkenntnis, dass nur ein geringer Teil der derzeitigen landwirtschaftlichen Flächen Australiens produktiv sind und sich für eine nachhaltige Bewirtschaftung eignen. 60 Prozent der Landflächen Australiens und 80 Prozent des von Menschen verwendeten Wassers werden landwirtschaftlich genutzt, das finanzielle Volumen der Landwirtschaft ist aber im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen mittlerweile so weit geschrumpft, dass sie noch nicht einmal mehr drei Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Hier wird also viel Land und knappes Wasser in ein Unternehmen gesteckt, das sehr geringen Gewinn abwirft. Erstaunlich ist außerdem die Erkenntnis, dass mehr als 99 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen nur einen geringen oder gar keinen positiven Beitrag zur australischen Wirtschaft leisten. Wie sich herausstellt, stammen mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlichen Gewinne aus weniger als 0,8 Prozent der Nutzflächen, und diese Flächen befinden sich
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