Kollaps
für 150 Kühe zu bauen, um den Ertrag des Landes zu steigern.
Mein Bruder und ich kauften die Farm von unseren Eltern. Sie haben sie uns nicht geschenkt, sondern verkauft -wir sollten uns entscheiden, ob wir unbedingt Landwirtschaft betreiben wollten und deshalb auch bereit waren, für den Betrieb zu bezahlen. Jeder Bruder besitzt zusammen mit seiner Ehefrau sein eigenes Land, das an den Familienbetrieb verpachtet ist. Die Arbeit für den täglichen Betrieb der Farm wird zum größten Teil von uns Brüdern, unseren Frauen und unseren Kindern erledigt; wir haben nur sehr wenige Angestellte, die nicht zur Familie gehören. Landwirtschaftliche Familienunternehmen wie unseres gibt es nur in sehr geringer Zahl. Dass wir Erfolg haben, liegt zum Teil an unserem gemeinsamen religiösen Glauben: fast alle gehen wir in die gleiche Kirche in Corvallis. Es gibt in unserer Familie auch Konflikte, ganz klar. Aber wir können uns heftig streiten, und abends sind wir wieder die besten Freunde. Wir haben herausgefunden, um welche Dinge es sich zu streiten lohnt und um welche nicht.
Landwirtschaftliche Betriebe sind in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, denn Land hat hier im Bitterroot Valley den höchsten Wert, wenn es zur Erschließung und als Bauland verwendet wird. Die Bauern stehen in unserer Gegend vor der Entscheidung: Sollen wir weiterhin unseren Hof betreiben, oder sollen wir das Land als Bauland verkaufen und uns zur Ruhe setzen? Es gibt keine legale Nutzpflanze, mit der wir auf unserem Land den gleichen Gewinn erzielen könnten wie mit dem Hausbau, und deshalb können wir es uns nicht leisten, weitere Flächen hinzuzukaufen. Ob wir überleben, hängt vielmehr davon ab, ob wir die 300 Hektar, die wir schon besitzen oder gepachtet haben, so effizient wie möglich bewirtschaften. Unsere Kosten für Lastwagen und vieles andere sind gestiegen, aber für 100 Liter Milch bekommen wir heute noch den gleichen Betrag wie vor 20 Jahren. Wie sollen wir bei immer engeren Verdienstspannen noch einen Gewinn machen? Wir müssen neue technische Mittel einsetzen, dazu brauchen wir Kapital, und dann müssen wir uns ständig weiterbilden, um die neue Technik unter unseren Verhältnissen anwenden zu können. Wir müssen bereit sein, alte Methoden aufzugeben. Dieses Jahr haben wir beispielsweise beträchtliches Kapital aufgewendet, um einen neuen, computergesteuerten Stall für 200 Kühe zu bauen. Unsere Farm dient heute im ganzen Staat Montana als Vorbild. Andere Bauern beobachten genau, ob es bei uns funktioniert.
Wir haben selbst unsere Zweifel, ob es funktioniert, denn auf zwei Risikofaktoren haben wir keinen Einfluss. Aber wenn wir überhaupt weiterhin Landwirtschaft betreiben wollen, mussten wir modernisieren; ansonsten wäre uns nichts anderes übrig geblieben, als Bauunternehmer zu werden: Hier muss man auf seinem Land entweder Kühe halten oder Häuser bauen. Einer der beiden Risikofaktoren, die wir nicht beeinflussen können, sind die Preisschwankungen bei landwirtschaftlichen Geräten und Dienstleistungen, die wir einkaufen müssen, sowie die schwankenden Erzeugerpreise für Milch. Die Milchbauern können den Milchpreis nicht selbst bestimmen. Unsere Milch ist verderblich; wenn die Kuh gemolken ist, haben wir nur zwei Tage Zeit, um die Milch vom Hof auf den Markt zu bringen, und deshalb ist unsere Verhandlungsposition schwach. Wir verkaufen die Milch, und die Käufer schreiben uns vor, welchen Preis sie bezahlen.
Das zweite unkontrollierbare Risiko sind die ökologischen Bedenken der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Art, wie wir mit den Tieren, ihren Exkrementen und dem damit verbundenen Gestank umgehen. Wir sind bestrebt, solche Auswirkungen so weit wie möglich unter Kontrolle zu halten, aber vermutlich sind nicht alle mit unseren Bemühungen zufrieden. Wenn Leute neu ins Bitterroot Valley ziehen, tun sie es wegen der Landschaft. Anfangs sehen sie Kühe und Wiesen aus der Ferne ganz gern, aber manchmal begreifen sie überhaupt nicht, was das alles mit landwirtschaftlichen Betrieben und insbesondere mit den Milchfarmen zu tun hat. In anderen Gebieten, wo Milchwirtschaft und Baulanderschließung nebeneinander existieren, beziehen sich die Einwände gegen die Milchviehbetriebe auf den Gestank, den Maschinenlärm bis spät in die Nacht, den Lastwagenverkehr auf ›unserer kleinen Landstraße‹ und anderes. Deshalb befürchten wir, dass die Gegner der Viehzucht eine Bürgerinitiative bilden und fordern, die Milchwirtschaft
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