Kollaps
in unserer Region einzuschränken oder zu verbieten. Vor zwei Jahren musste beispielsweise ein Wildzuchtbetrieb schließen, weil eine solche Initiative ein Verbot der Jagd auf Wildfarmen durchgesetzt hatte. Es ist es schon erstaunlich, wie intolerant manche Leute gegenüber der Viehzucht und den Begleiterscheinungen der Lebensmittelproduktion sind.«
Die letzte meiner vier Lebensgeschichten ist die des Angelführers John Cook: »Ich bin auf einer Apfelplantage im Wenatchee Valley in Washington aufgewachsen. Am Ende der High School bin ich mit dem Motorrad durch das ganze Land gefahren. Nachdem ich meine Frau Pat kennen gelernt hatte, zogen wir auf die Olympic Peninsula in Washington und später nach Kodiak Island in Alaska. Dort habe ich 16 Jahre lang als Wild- und Angelführer gearbeitet. Als Nächstes sind wir nach Portland gezogen und von da nach Montana.
Dort ergab sich die Gelegenheit, in der Nähe des Bitterroot River eine Farm von zweieinhalb Hektar zu einem erschwinglichen Preis zu kaufen. Das Farmhaus war renovierungsbedürftig, also möbelten wir es in den folgenden Jahren auf; ich erwarb eine Lizenz als Ausrüster und Angelführer. Wir haben diese Farm als Altersruhesitz gekauft: Hier wollten wir den Rest unseres Lebens verbringen. Auf unserem Anwesen leben Uhus, Fasanen, Wachteln und Brautenten, und die Weideflächen reichen für zwei Pferde.
Vielleicht haben viele Menschen das Gefühl, sie könnten nur in der Zeit leben, in der sie geboren wurden, und in keiner anderen. Wir lieben dieses Tal, wie es vor dreißig Jahren war. Seit damals sind immer mehr Menschen hinzugekommen. Ich möchte hier nicht mehr leben, wenn das ganze Tal eine einzige Einkaufsmeile ist und wenn eine Million Menschen den Talboden zwischen Missoula und Darby bevölkern. Der Blick auf freie Flächen ist mir sehr wichtig.«
Die verschiedenen Lebensgeschichten der Bewohner von Montana machen deutlich, dass die Menschen in diesem Staat sehr unterschiedliche Ziele und Wertvorstellungen haben. Sie wünschen sich mehr oder weniger Bevölkerungswachstum, mehr oder weniger staatliche Vorschriften, mehr oder weniger Erschließung und Aufteilung landwirtschaftlicher Flächen, eine mehr oder weniger starke Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung, mehr oder weniger Bergbau, mehr oder weniger Abenteuertourismus. Dass diese Ziele in manchen Fällen nicht vereinbar sind, liegt auf der Hand.
Wie wir zu Beginn dieses Kapitels erfahren haben, muss sich Montana mit zahlreichen Umweltproblemen auseinander setzen, aus denen auch wirtschaftliche Probleme erwachsen. Die Anwendung der beschriebenen, unterschiedliche Ziele und Wertvorstellungen, führte zu unterschiedlichen Lösungsansätzen für die Umweltprobleme, und vermutlich bestehen auch unterschiedliche Aussichten, dass diese Ansätze gelingen oder scheitern. Derzeit gibt es in der Frage, welche Herangehensweise die beste ist, ehrliche, tiefe Meinungsverschiedenheiten. Wofür sich die Bürger von Montana letztlich entscheiden werden, wissen wir nicht, und ebenso wenig wissen wir, ob die ökologischen und ökonomischen Probleme des Staates sich verschlimmern oder vermindern werden.
Auf den ersten Blick mag es vielleicht absurd erscheinen, dass ich Montana als Thema für das erste Kapitel eines Buches über Gesellschaftszusammenbrüche gewählt habe. Weder für diesen speziellen Bundesstaat noch für die gesamten Vereinigten Staaten besteht die unmittelbare Gefahr eines Zusammenbruchs. Man sollte aber daran denken, dass das Einkommen der Bewohner von Montana zur Hälfte nicht aus ihrer Arbeit innerhalb des Bundesstaates stammt, sondern aus anderen Staaten innerhalb der USA: aus staatlichen Transferzahlungen (Sozialversicherung, Krankenversicherung und Programme zur Bekämpfung der Armut) und privaten Mitteln (Pensionszahlungen aus anderen Staaten, Immobilienerträge und Unternehmensgewinne). Montanas eigene Wirtschaft ist also schon heute bei weitem nicht in der Lage, den Lebensstandard seiner Bewohner zu finanzieren, sondern dieser kann nur mit Hilfe der übrigen Vereinigten Staaten aufrechterhalten werden. Wäre Montana eine einsame Insel wie beispielsweise die Osterinsel im Pazifik zu polynesischen Zeiten vor der Einwanderung der Europäer, hätte seine heutige industrielle Wirtschaft ihren Zusammenbruch bereits erlebt, oder diese Wirtschaft hätte sich überhaupt nicht erst entwickeln können.
Als Zweites sollte man bedenken, dass die beschriebenen Umweltprobleme in Montana zwar ernst
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