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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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Frauen. Die Verluste summierten sich. Spanien hatte ein massives Maroon-Problem. [682]
    Bereits 1521 war man sich über die Sachlage im Klaren, doch der erste ernsthafte Versuch, eine Maroon-Niederlassung auf dem Isthmus zu vernichten, erfolgte erst nach weiteren dreißig Jahren, nachdem ein junger Sklave, ein gewisser Felipillo, ein Perlentaucher von den Panamá vorgelagerten Inseln, eine Gruppe flüchtiger Afrikaner und Indianer in die dichten Mangrovenwälder am Golf von San Miguel geführt hatte. Nach zwei Jahren Freiheit wurde ihr Dorf vollkommen ausradiert. Andere Maroons ließen sich Felipillos Schicksal eine Lehre sein: Versteck dich nicht im Flachland, denn das ist leicht zugänglich. [683]
    Im selben Jahr klagte der Stadtrat von Nombre de Dios in einem Bericht an die Krone, dass sechshundert Maroons Reisende auf der Straße nach Panamá überfielen und beraubten. Zwei Jahre später war die Zahl auf achthundert angewachsen und der Schaden entsprechend größer. Weitere zwei Jahre später hatte man es mit 1200 räuberischen Maroons zu tun. Auf dem Isthmus wurden die Europäer zahlenmäßig nicht nur von den Sklaven, sondern auch von entlaufenen Sklaven übertroffen. 1554 und 1555 vernichteten Maroons die beiden ersten spanischen Expeditionen, die sie bekämpfen sollten. In Nombre de Dios befreiten sie so viele gefangene Afrikaner und Indianer, dass die überlebenden Kolonisten sich scheuten, ihre Sklaven zum Wasserholen nach draußen zu schicken. Die meisten Bewohner flohen nach Panamá und kehrten nach Nombre de Dios erst zurück, als die Silberflotte in Sicht kam.
    Anführer der Maroons war ein Mann, dessen Name in verschiedenen Versionen überliefert ist: Bayano, Bayamo, Vallano, Vayamo und Ballano. Wie Aqualtune scheint er ein gefangener Militärführer gewesen zu sein. «Grob und grimmig, wehrhaft und wild, von derber Kleidung und derbem Witz», so beschrieb ihn der Dichter Juan de Miramontes, «wendig, verwegen, hart und hitzig» – ein Mann mit dem «Geist eines Kriegers». Er hatte den Bau eines Palisadenforts auf einem von Klippen umgebenen Hügel angeleitet, von dem man auf das Karibische Meer hinausblickte. Wachen standen bereit, Steine die Hohlwege hinabzurollen, die die einzigen Zugänge bildeten. Die Festung lag so weit von Nombre de Dios entfernt, dass sie kaum entdeckt werden konnte, und war überwiegend von jungen Männern bewohnt, die Bayano mit militärischer Disziplin führte. In einiger Entfernung befand sich ein zweites Dorf mit den Frauen, Kindern und Alten der Niederlassung. Da es dort neben einem Dutzend afrikanischer Ethnien Indianer aus Gebieten zwischen Peru und Nicaragua gab, war Bayanos Minireich ein außergewöhnlich multikulturelles Gebilde «mit Menschen unterschiedlichster Mischung, alle in ihrer Farbe verschieden von der ihrer Väter und Mütter», wie ein Priester im 16 . Jahrhundert bemerkte. Auch ihre Religion sei ein vielfältiges Amalgam aus christlichen, islamischen und indigenen Traditionen gewesen, meint Jean-Pierre Tardieu, ein Historiker der Universität von La Réunion, auf dessen Forschungsergebnisse ich mich hier stütze. Niemand weiß, in welcher Sprache sie sich verständigten. [684]
    Auf dem Weg nach Lima machte 1556 der neue Vizekönig von Peru Station in Nombre de Dios. Empört über Bayanos Untaten, stiftete er eine größere Summe für die Aufstellung einer Anti-Maroon-Truppe. Niemand erklärte sich bereit. Schließlich füllte der Vizekönig die Reihen, indem er das Gefängnis in Nombre de Dios aufsuchte und die Insassen vor die Wahl stellte, entweder Krieg gegen die Exsklaven zu führen oder selbst als Sklaven auf die Galeeren geschickt zu werden. Die Reaktion war positiv. Im Oktober 1556 brachen siebzig bewaffnete Exsträflinge unter Führung von Pedro de Ursúa auf, einem erfahrenen Soldaten, den der Vizekönig überredet hatte, es mit Bayano aufzunehmen.
    Von einem gefangenen Maroon geführt, der als Informant diente, marschierte Ursúas Truppe fünfundzwanzig Tage durch den Wald, bis sie an Bayanos Hügel gelangte. Als Ursúa erkannte, dass der Versuch, den Ort zu belagern, aussichtslos war, überredete er den Maroon-Chef stattdessen zu Verhandlungen. Er bot ihm an, den Isthmus in zwei Königreiche aufzuteilen, das eine von Philipp  II . von Spanien regiert, das andere von Bayano I. von Panamá. Bayano akzeptierte das schmeichelhafte Angebot, und die Spanier blieben wochenlang dort, jagten und fischten mit den ehemaligen Sklaven und maßen in

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