Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
Vom Netzwerk:
friedlichen Wettkämpfen ihre Stärke und Geschicklichkeit mit der ihren. Kurz vor seinem Aufbruch gab Ursúa ein Fest. Bayano und vierzig Männer seines Gefolges nahmen daran teil. Mit Betäubungsmitteln, die sie in den Wein geschüttet hatten, setzten die Spanier ihre Gäste außer Gefecht. Die Maroons wurden nach Nombre de Dios zurückgebracht und erneut versklavt. Ursúa ließ Bayano in Ketten legen und führte ihn dem Vizekönig als Trophäe vor. Andere Maroons ließen sich Bayanos Schicksal eine Lehre sein: Den Spaniern ist nicht zu trauen. [685]
    Damit war das Maroon-Problem beileibe nicht erledigt. Nicht nur dass die verbliebenen Mitglieder von Bayanos Gemeinschaft sich neu zusammenschlossen, sie wurden auch zum Vorbild für andere Maroons. Den Kolonisten war klar, dass zu ihrer Beseitigung ein langer Feldzug mit bis zu tausend überwiegend aus Europa herbeizuschaffenden Soldaten erforderlich wäre. Um tausend Soldaten zur Verfügung zu haben, hätte die Kolonialverwaltung 2000 herüberholen müssen, weil europäische Neuankömmlinge – ein Teil des kolumbischen Austauschs – in furchterregendem Umfang der Malaria und dem Gelbfieber – einem anderen Teil des kolumbischen Austauschs – zum Opfer fielen. Besonders Nombre de Dios wurde so ungesund, dass europäische Besucher einen makabren Beinamen reimten:
Nombre de Dios, Sepultura de Vivos
 – Lebendig begraben. Entsetzt über die hohe Sterblichkeit, befahl der König 1584 , die Bevölkerung umzusiedeln: Der neue Standort war Portobelo. Das war jedoch kaum weniger tödlich. Als der englische Priester Thomas Gage die neue Stadt 1625 besuchte, berichtete er, dass die Silberflotte nach ihrer Landung in Portobelo «große Eile zeigte, wieder fortzukommen»; trotzdem hätte ein zweimonatiger Aufenthalt der Schiffe am «offenen Grab» Portobelo genügt, um «annähernd fünfhundert Soldaten, Kaufleuten und Matrosen den Tod zu bringen». Diese Verlustquote hätte den Import einer Anti-Maroon-Truppe aus Europa äußerst kostspielig werden lassen. [686]
    Es ließ sich keine Einigung darüber erzielen, wer für die Kosten aufkommen sollte. Die Europäer auf dem Isthmus waren überwiegend Agenten von Kaufleuten in Sevilla. Anders als die portugiesischen Zuckerpflanzer, die gegen Palmares zu Felde zogen, hatten nur wenige Spanier in Nombre de Dios und Panamá die Absicht, sich dauerhaft niederzulassen. Natürlich wollten diese Leute nicht einen Großteil ihres potenziellen Gewinns für ein Projekt – die Ausrottung der Maroons – ausgeben, dessen eigentlicher Nutzen erst nach ihrer Abreise zu erwarten war. Stattdessen forderten sie Madrid auf, die Soldaten herüberzuschicken und zu unterhalten. Die Kaufleute vertraten die Ansicht, der König erleide durch die Angriffe die größten Verluste, daher habe er von ihrer Vereitelung auch den größten Gewinn zu erwarten und müsse die Rechnung bezahlen. Die Krone dagegen war zu weit weg, um die Verwendung bereitgestellter Mittel hinreichend überprüfen zu können. Ohne die Sicherheit, dass die Kurzzeitkolonisten das zur Maroon-Bekämpfung bestimmte Geld nicht einfach in die eigene Tasche stecken würden, scheute sich der König, den Scheck zu unterschreiben, um es einmal so auszudrücken. Der Konflikt ist eine Spielart des Problems, das Wirtschaftswissenschaftler unter dem Stichwort «Prinzipal-Agenten-Theorie» behandeln und das die Beziehung zwischen Auftraggeber und Beauftragtem betrifft: Wenn eine Partei eine andere dafür bezahlt, in ihrem Interesse zu handeln, lässt sich die Leistung des «Agenten», des Beauftragten, schlecht überprüfen. [687] Das reichte aus, um großangelegte Aktionen gegen die Maroons hinauszuschieben, obwohl für die Spanier immer mehr auf dem Spiel stand.
    Aus Sicht der Kolonisten war es schon schlimm genug – wie ein Kolonialbeamter 1575 schrieb –, wenn nackte, fettbeschmierte Exsklaven in Panamá einfielen mit ihren «großen und starken Bogen» und den mit Eisenspitzen versehenen Pfeilen, Vieh stahlen, Sklaven fortschleppten und «meist alle [Europäer] umbrachten, denen sie begegneten». Schlimmer noch, aus reiner Bosheit warfen die Maroons ganze Schiffsladungen von Silber und Gold in den Fluss. [688] Doch dann vereinigten sie ihre Kräfte mit dem Mann, der zu Spaniens verhasstestem Feind werden sollte: Francis Drake, dem englischen Piraten – oder Freibeuter. Im Juli 1572 erreichte Drake, der sich damals auf seiner ersten unabhängigen Reise befand, den Isthmus und

Weitere Kostenlose Bücher