Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
Stechmücken – hier überspringe ich mehrere Zwischenschritte – in unser Fleisch injiziert wird und sich in den roten Blutkörperchen einnistet. Wie in U-Booten schwimmen die Parasiten durch den Blutkreislauf und reproduzieren sich massenhaft in ihrer Zelle. Diese sprengt die wimmelnde Nachkommenschaft schließlich und ergießt sich in die Blutbahn. Die meisten der neuen Parasiten befallen andere rote Blutkörperchen, doch einige wenige bleiben in der Blutbahn und warten darauf, vom Rüssel einer Stechmücke aufgesaugt zu werden. Nach Aufnahme durch einen Moskito reproduziert sich
Plasmodium
abermals und nimmt eine andere Gestalt an. Die neue Nachkommenschaft nistet sich in den Speicheldrüsen der Stechmücke ein. Von dort aus injiziert sie das Insekt in das nächste Opfer, und der Kreislauf beginnt von vorn.
Im Körper scheint
Plasmodium
sein Verhalten mittels biochemischer Signale abzustimmen: Die meisten der infizierten roten Blutkörperchen schütten ihre Parasiten etwa gleichzeitig aus. Diesen Vorgang erleben Opfer als gewaltige, koordinierte Angriffe – eine einzige Infektion kann zehn Milliarden neue Parasiten hervorbringen. Von dieser Masse überschwemmt, löst das Immunsystem heftige Anfälle von Schüttelfrost und Fieber aus. Schließlich wehrt es den Angriff ab, doch binnen weniger Tage kommt es zur nächsten Attacke; einige Parasiten der vorangegangenen Welle, die sich in roten Blutkörperchen versteckt hatten, haben eine Milliarden zählende neue
Plasmodium
-Generation erzeugt. Der Zyklus wiederholt sich, bis es dem Immunsystem endlich gelingt, den Parasiten abzuwehren. Zumindest scheinbar – die
Plasmodium
-Zellen können sich nämlich in anderen Winkeln des Körpers verbergen, aus denen sie einige Wochen später wieder hervorbrechen. Ein halbes Dutzend Episoden von Schüttelfrost und Fieber, dann eine neue Angriffswelle: das Erkennungszeichen voll entwickelter Malaria. [197]
Einzellige
Plasmodium
-Parasiten brechen aus sterbenden roten Blutkörperchen aus und beginnen den Körper zu attackieren, bis es zum Vollbild der Malaria kommt.
Wenn selbst heute die Malariasymptome schwer zu erkennen sind, ist kaum vorstellbar, wie es war, als ihre Ursache unbekannt war und es keine wirksame Behandlung gab. Eine ungefähre Ahnung bekommt man, wenn man die Berichte von Opfern wie Samuel Jeake liest, einem im 17 . Jahrhundert lebenden Kaufmann aus Südwestengland, der beharrlich wie unerschütterlich über jedes Gefecht in seinem jahrzehntelangen Krieg gegen jene Krankheit Buch führte, die wir heute als Malaria erkennen. Um nur ein beliebiges Beispiel herauszugreifen: Am 6 . Februar 1692 , gegen Ende eines sechsmonatigen Anfalls, hielt Jeake fest: «Zum siebten Mal erkrankt am Tertianfieber; es begann ungefähr um 15 Uhr, & war von gleicher Art wie das, welches ich den ganzen Januar über hatte, aber dieses war das schlimmste.»
« 8 . Feb.: Ein 2 . Anfall, der mich früher heimsuchte & schlimmer war.
10 . Feb.: Gegen Mittag ein 3 . Anfall, der mich durchschüttelte. Gegen 15 Uhr ein sehr schlimmer Anfall & heftiges Fieber …
12 . Feb.: Vormittags ein 4 . Anfall, der mich bis 15 Uhr schüttelte & ging dann zu Bett: wo ich sehr heftiges Fieber hatte; das war der schlimmste Anfall von allen: mein Atem war sehr kurz; & Delirium …
14 . Feb.: Gegen Mittag, ein 5 . Anfall …
16 . Feb.: Gegen 14 Uhr ein 6 . Anfall, sehr schwach, oder kaum spürbar, aber viel Schweiß in der Nacht. Und es hat Gott gefallen, dass dies der letzte Anfall war.»
Die Ruhepause dauerte nur fünfzehn Tage.
« 3 . Mär.: Gegen 16 Uhr. Zum achten Mal erkrankt: an Tertianfieber, danach Fieber & Schweiß in der Nacht …
5 . Mär.: Gegen 15 Uhr ein zweiter Anfall; schlimmer als der vorhergehende.« [198]
Neun Wochen später hörten die Anfälle auf. Aber damit war die Malaria für Jeake nicht erledigt. Der Parasit, ein ungeheuer gerissener Geselle, kann sich bis zu fünf Jahre in der Leber verstecken, von wo aus er regelmäßig in Erscheinung tritt, um voll ausgeprägte Malariarückfälle hervorzurufen. Sechs Monate später trat
Plasmodium
wieder massenhaft in Jeakes Blut auf. Tertianfieber von der Art, wie er es hatte, ist das Erkennungszeichen von
Plasmodium vivax
und
Plasmodium falciparum
, Erreger, die für zwei der häufigsten Malariaarten verantwortlich sind. Trotz der Ähnlichkeit der Symptome wirken sich die beiden
Plasmodium
-Arten unterschiedlich auf den Körper aus. Nach dem
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