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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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wurden, starben in so großer Zahl, dass die Gegend, wie der Schriftsteller John Aubrey berichtet,
killpriest
, «Priestermörder», genannt wurde. Den Einheimischen erging es nicht besser; Kinder, die im Sumpfland geboren wurden, schrieb Hasted, «erlebten selten das einundzwanzigste Lebensjahr». Dobson ermittelte die Zahl der Taufen und Beerdigungen in vierundzwanzig Kirchspielen des Marschlands. In den 1570 er Jahren, bevor Königin Elisabeth die Sümpfe trockenlegen ließ, übertrafen die Taufen die Beerdigungen um zwanzig Prozent – die Bevölkerung wuchs. Zwei Jahrzehnte später war die Entwässerung in vollem Gange, woraufhin die Beerdigungen die Taufen fast um einen Faktor zwei übertrafen. In anderen Regionen stiegen die Bevölkerungszahlen sprunghaft an, aber diese Kirchspiele kehrten fast zwei Jahrhunderte lang nicht zu ihrem früheren Bevölkerungswachstum zurück. [10]   [203]
    «Im Marschland gab es diese plötzlichen Anstiege der Sterblichkeit», erläuterte Dobson. «So ungefähr in jedem zehnten Jahr starben zehn oder zwanzig Prozent der Bevölkerung. Einige Kilometer weiter, höher gelegen, befanden sich einige der gesündesten Gegenden Englands.» Durch dieses Übermaß an Leiden abgestumpft, nahmen die Bewohner ihr Schicksal fatalistisch hin. Dickens-Leser erinnern sich vielleicht an den Gleichmut der in den Sümpfen lebenden Gargerys in
Große Erwartungen
, die das Kind Pip nur wenige Schritte von den «fünf kleinen Steinplatten» aufzogen, die auf die Ruhestätten seiner «fünf kleinen Brüder» hinwiesen. Auf seiner Reise durch die fieberverseuchte Grafschaft Essex traf der Schriftsteller Daniel Defoe Männer, die behaupteten, «zwischen fünf oder sechs und vierzehn oder fünfzehn Frauen» gehabt zu haben. Auf die Frage, wie das möglich sei, setzte ein «fideler Bursche» Defoe auseinander, dass sich die Männer dort ihre Frauen aus den gesünderen Gegenden des Inlands holten.
    «Wenn sie die jungen Mädchen aus der heilsamen, frischen Luft holten, waren sie gesund, frisch, proper und wohlauf; doch sobald sie aus ihrer heimischen Luft in das Marschland mit dem Nebel und der Feuchtigkeit kamen, änderte sich ihr Aussehen augenblicklich, sie bekamen ein oder zwei Fieberschübe und machten es selten länger als ein halbes, höchstens ein Jahr; und dann, sagte er, gehen wir wieder ins Hochland und holen uns eine andere.»
    Der Marschbewohner hätte gelacht, während er gesprochen habe, schrieb Defoe, «aber alle diese Umstände waren sicherlich wahr».
    1625 brach die Beulenpest über England herein. Mehr als 50 000 Menschen starben allein in London. Viele wohlhabende Städter flohen in das malariagebeutelte östliche Marschland, eine Entscheidung, deren Folgen der satirische Dichter George Wither wie folgt schilderte:
    In Kent, and (all along) on Essex side
    A Troupe of cruell Fevers did reside: …
    And, most of them, who had this place [London] forsooke,
    Were either slaine by them, or Pris’ners tooke … [11]
    Wither schloss mit den Worten: «poorest beggers found more pitty here [London], / And lesser griefe, then richer men had there.» [12] Das Fazit ist bemerkenswert: Menschen, die ins
P.
-
vivax
-Land flohen, wäre es möglicherweise besser ergangen, wenn sie zu Hause geblieben wären, wo die Pest wütete. [204]
    Wie diese Kopie aus dem 19 . Jahrhundert, die nach einer verschollenen älteren Zeichnung angefertigt wurde, vermuten lässt, war die Malaria lange Zeit ein ständiges Schreckgespenst in Englands südöstlichem Marschland.
    Die Daten sind ungenau und unvollständig, doch nach dem Historiker David Hackett Fischer von der Brandeis University kamen rund sechzig Prozent der ersten Welle englischer Emigranten aus neun östlichen und südöstlichen Grafschaften – dem
Plasmodium
-Gürtel des Landes. Zu ihnen zählten auch die mehr als hundert Kolonisten, die Jamestown gründeten. Von neunundfünfzig sind nach den Unterlagen von Preservation Virginia, der Organisation, die die Jamestown-Archäologie fördert, die Geburtsorte bekannt; siebenunddreißig kamen aus den malariaverseuchten Gebieten Essex, Huntingdonshire, Kent, Lincolnshire, Suffolk, Sussex und London. Die meisten dieser Einwanderer dürften in den höher gelegenen Inlandsregionen zu Hause gewesen sein, in denen die Malaria weniger grassierte als in den Feuchtgebieten der Küste. Doch viele kamen wohl auch aus dem Marschland. Selbst wer nicht in der Malariazone beheimatet war, musste sie vor der Abfahrt in der

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