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Kolumbus kam als Letzter

Kolumbus kam als Letzter

Titel: Kolumbus kam als Letzter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Zillmer
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einer Vase aus Trujillo (Peru).
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    heraufgekommen war und sich in der Stadt Tiahuanaco niederge-
    lassen hatte, haben zig Generationen von Viracocha-Herrschern in
    Peru deutliche Spuren hinterlassen. Es klingt wie ein Märchen,
    wenn die Inka den Spaniern erzählten, dass die Viracochas im-
    stande waren, Entfernungen zu verkürzen und die Landschaft zu
    verändern, indem sie Flüsse durch die Wüste leiteten und Berge auf
    die Ebenen setzten (= Mounds, Grabhügel?). Seltsamerweise könn-
    te man diese Eigenschaften keltisch (oder megalithisch?) nennen,
    denn in Europa wurden mit anscheinender Selbstverständlichkeit
    Flussläufe verändert, wie es nachweisbar mit dem Igelsbach bei
    Manching (Rieckhoff/Biel, 2001, S. 419), der Aareschlaufe bei
    Bern (Pfister, 2001) und anderen Flussläufen geschah.
    Auch Römerstraßen wurden in der Zeit vor den Inka von den Inge-nieuren Tiahuanacos in Südamerika gebaut, wodurch die Reisezeit
    im Verhältnis zur ursprünglich benötigten Wanderzeit über Stock
    und Stein auf einen Bruchteil verkürzt wurde. Das 40 000 Kilometer
    umfassende Straßensystem in den Anden mit zwei Haupttrassen in
    Nord-Süd-Richtung war zum Teil gepflastert oder mit Steinen ein-
    gefasst. Von Tiahuanaco aus führten die Straßen zu allen Teilen des
    alten Königreiches: ostwärts ins Amazonasbecken, südwärts nach
    Nordwest-Argentinien, westwärts ins Gebiet von Nazca an der pe-
    ruanischen Küste oder hinunter zur Nordküste, an der Tucume
    liegt. Die meisten dieser Straßen hatten die Inka übernommen und
    möglicherweise verlängert. Die Behauptung, dass die Viracochas
    Entfernungen verkürzen konnten, entspricht der Wahrheit.
    Die beeindruckende Terrassierung der Berghänge in Peru zum
    Zwecke der Bewässerung begann bereits vor der Inka-Herrschaft.
    Der kolossale – römisch aussehende – Aquädukt von Ascope in
    Peru, der aus Adobe-Steinen (luftgetrocknete Ziegel) errichtet
    wurde, hat eine Höhe von fünfzehn Metern und überbrückt 1,5 km.
    Der Kanal von La Cumbre ist 84 km lang, und Reservoire – wie das
    von San Jos – fassen mehrere hunderttausend Kubikmeter Wasser.
    In Europa würde man diese – offiziell der Mochika-Kultur zuge-
    schriebenen – Wasserbauwerke wohl der Tatkraft der Römer zu-
    rechnen. Offiziell liest man über die peruanischen Aquädukte und
    Wasserbaukunst so gut wie nichts – aus Verlegenheit?
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    Die lange Liste der Viracocha-Herrscher endete, als der erste Inka,
    nur zwölf Generationen vor Ankunft der Spanier, als Kaiser
    eingesetzt wurde. Um 1290 sollen Viracocha und seine Leute von
    einer neuen Einwanderungsgruppe weißhäutiger Eindringlinge
    bekämpft und verjagt worden sein. Es waren wahrscheinlich Wi-
    kinger, die durch die Christianisierungskriege vertrieben worden
    waren.
    Die frühen Chronisten Sarmiente und Betanzos schildern detailliert
    den Auszug Viracochas. Die Cana-Indianer bauten ihm an der
    Stelle, wo er zu ihnen gesprochen hatte, einen großen Tempel und
    errichteten darin eine vier Meter hohe bärtige Statue, in der die
    Spanier später ihren Heiligen St. Bartholomäus sahen (Heyerdahl,
    1997, S. 230).
    Das bisher nur zum Teil entzifferte inkaische Zeichensystem (Kno-
    tenschrift) Quipu gilt als spezifische altperuanische Erfindung der Inka. Ein ähnliches System war allerdings nicht nur in Skandinavien bekannt.
    Eine besondere Art der Knotenschrift war in der Form von so
    genannten Müllerknoten in Süddeutschland noch bis zu Beginn des 20. Jhs. in Gebrauch. Bestimmte, in die Sackschnur geknüpfte
    Knoten, Schleifen und Zöpfe bezeichneten Mehlart und Menge
    (Anders/Jansen, 1988, S. 12). Farben- und Zahlenkombinationen
    können zu statistischen Zwecken benützt werden. Entsprechende
    Systeme lassen den Kundigen auch religiöse Texte rezitieren.
    Bereits im 6. Jh. vor der Zeitenwende mahnte Laotse: »Lasst
    wieder Knoten aus Stricken knüpfen und sie gebrauchen als
    Schrift …«
    Wenn man etwas nicht kennt, entziffern oder übersetzen kann, ent-
    stehen falsche Einsichten. So wird uns laut dem Chronisten Gar-
    cilaso de la Vega von einem Knotenschriftdeuter berichtet, der das
    Mysterium der Dreieinigkeit – dreieiniger und ein Gott – folgend

    Abb. 44: Nazca-Inschrift. Handelt es sich bei der Ver-
    zierung auf einem Gefäß aus Nazca (Peru) um eine Runen-
    schrift? (Aus: Wagner/Duncan, 1934).
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    las: »Drei Götter und einer sind vier.« Die Dreieinigkeit Gottes war in Südamerika demnach schon vor der Ankunft der Spanier

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