Kolumbus kam als Letzter
gefürchteter Krieger.
Hierzu passen nun beide Bekleidungsarten: auf der einen Seite ein
kampfkräftiger, hoch aufgewachsener Wikinger, der einen dunklen
Männerrock trug und auf der anderen Seite ein heidnisch-christlich
ausgebildeter Priester mit einem wallenden weißen Gewand: Die
Führer der Kelten und Nordvölker wurden in geistigen und weltli-
chen Dingen gleichermaßen ausgebildet.
Quetzalcóatl, der weiße König und Gott der Tolteken, ist wahr-
scheinlich mit Kukulkán identisch, der aus dem Westen zu den
Maya kam. Aber die Maya erinnerten sich auch an eine Invasion
weißer und bärtiger Männer vor Kukulkán, die unter Führung
eines Priesters namens Itzamná aus dem Osten über den Atlantik
kamen. Er besaß alle physischen und moralischen Eigenschaften
des asketischen Quetzalcóatl und gab den Maya ihre Schrift, Leh-
ren, Gesetze und ihren Kalender.
In Übereinstimmung mit Francisco Nufiez de la Vega (1702)
schreibt Ramon de Ordofiez y Aguiar in seinem Manuskript
»Historia del cielo y de la tierra«, dass ein ausländischer Kultur-
bringer mit seinen Leuten (angeblich 955) von Kuba aus entlang
der Küste von Yukatan und dann den Fluss Usumacinta bis in die
Nähe von Palenque hinaufgefahren war, Niederlassungen und das
Reich Xibalbay gründete. Von dieser Geschichte berichten die
244
Tzendales von Chiapas, einem Volk, das die Sprache der Maya be-
nutzte. Der Name, den sie ihrem Kukulkán gaben, ist bemerkens-
wert: Votän oder Uotán. War der germanische Herr der Götter
Wotan (Wuoton, Vodan oder Voden), der auch Odin genannt
wurde, in Mittelamerika? Francisco Nufiez de la Vega (1702) ver-
legt diesen Zeitpunkt auf -600 und damit in die Besiedlungsphase
der Maya-Region.
Weißen, bärtigen Göttern begegnen wir in fast allen Gegenden
Mittelamerikas. In Guatemala nennen die Quiches ihn Gucumatz
(Verballhornung von Kukulkán) und Xbalanque. Ein Gott namens
Bóchica gelangte angeblich bis ins heutige Kolumbien, nachdem er
die Ebenen Venezuelas durchquert hatte, wo man ebenso auf sein
Andenken stößt wie bei vielen Stämmen der Tupi-Guaram-Rasse
bis nach Paraguay, wo er Zumé (Tsuma, Tamú und Tumé) heißt.
Wohin entschwand Bóchica? Ins Hochland der Anden?
Die laut dem Chronisten Velasco über das Meer gekommenen bär-
tigen, weißen Männer vom Titicacasee beteten die Sonne (Inti) und
den Mond (Quilla) an. Ihren Führer Huiracocha (Huirakocha), den
die Spanier Viracocha schrieben, legte man in der phantastischsten
Weise aus. Ich erinnere daran, dass die Silbe hui im Althochdeutschen auch durch die Silbe wi ersetzt wurde. Tatsächlich wird für den Inka-Schöpfergott Hui rakocha auch der Name Wi racocha in der Literatur angegeben. Wieso wird diese Eigenart des Althochdeutschen in dem südamerikanischen Namen des Schöpfergottes
dokumentiert? Leitet sich cocha vom althochdeutschen cot (= Gott)
her?
Übereinstimmend soll Huiracocha aus dem Wasser gekommen
sein: groß, blond und mit weißer Haut. Der mit einer Eingeborenen
verheiratete Chronist Betanzos schildert ihn vielleicht zutreffender als einen weißhäutigen Priester mit Tonsur und langem Bart,
gekleidet in eine weiße Soutane, die ihm bis auf die Füße fiel, und
der in der Hand scheinbar ein Buch trug.
Warum bauen die Aymara-Indianer am Titicacasee (Bolivien) bis
heute ihre traditionellen Totoraboote, die sogar den hohen Ansprüchen der Hochseeschifffahrt genügen? In den gigantischen me-
galithischen Ruinen von Tiahuanaco (Tiwanaku) steht ein zwei
245
Meter hoher Monolith. In Bolivien kennt man ihn nicht anders als
Der Mönch ( El Fraile ) . In der rechten Hand trägt er einen länglichen zylindrischen Gegenstand und in der Linken etwas Recht-
eckiges, das alle Eigenschaften eines mittelalterlichen Buchs mit
Schließe zeigt. Handelt es sich um den metallenen Verschluss eines
Breviers oder der Bibel? Selbst die Scharniere sind in allen Einzel-
heiten zu erkennen. Diese Tatsache wäre schon merkwürdig genug,
wenn der Mönch nicht eine Kopie der Statue eines unbekannten
Apostels zu sein scheint, die in der Kathedrale von Amiens aufge-
stellt ist. Der Kunststil ist anders, aber es handelt sich anscheinend um die gleiche Person (Mahieu, 1972, S. 219). Stellt der zylindrische Stab in beiden Fällen ein Schreibgerät dar?
Über die Sonnenwarte oder Kalasasaya, in der sich der Mönch befindet, wurde sehr viel spekuliert. Kalasasaya bedeutet stehende Steine und die Namensgebung bestätigt die
Weitere Kostenlose Bücher