Kolumbus kam als Letzter
Verteidi-
gungsanlage zu sehen.
Denn die Lager und Kastelle der frühen und mittleren Kaiserzeit
waren keine Anlagen im Sinne mittelalterlicher Burgen oder neu-
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zeitlicher Festungen, sondern durch Gräben, Mauern und Türme
relativ schwach gesicherte Kasernen, von denen aus die Truppen
beweglich operieren sollten. Eine längere Belagerung durch überle-
gene Gegner war nicht eingeplant« (Czysz et al., 1995, S. 116 f.).
Da die Römerstraßen fast nur westlich und südlich des Limes gefunden wurden, wäre meine These zu prüfen, ob es denkbar wäre,
dass die Gebiete im Feindesland relativ unpassierbar waren, aus Wasserflächen und vor allem Sümpfen beziehungsweise Mooren
bestanden? Der Limes bestand auch aus einer Straße, die auf der
Krone des Erdwalls verlief. Man kann daher annehmen, dass »die
Straße selbst der Limes und die Sperre (bestehend aus Graben und
Palisade, HJZ) nur sein Beiwerk war« (Czysz et al., 1995, S. 114).
Wenn demzufolge die »Grenzsicherung« nicht der Hauptzweck
war, handelte es sich dann vielleicht um eine mautpflichtige Straße
durch unwegsames Gebiet?
Eine kaum beachtete wissenschaftliche Studie bestätigt: In der kur-
zen Trockenperiode um -120 bis 180 (gallo-römische Zeit) konnten
die Länder »Gallien, Germanien und Britannien … ihren sumpfigen
Charakter nicht ablegen«, und dass in der folgenden Zeit bis 350
»die holländischen, norddeutschen und dänischen Moore stark ge-
wachsen sind, beweist die Lagerung der frühgermanischen
Moorleichen …« (Gams/Nordhagen, 1923, S. 306). Nach Gümbel
(1861) wurde im Saßauer Filz bei Übersee ein römischer Bohlweg, der einmal erneuert werden musste, über einer drei Meter dicken
Torfschicht angelegt; ist aber andererseits auch von einer solchen
mit einer Mächtigkeit von einem halben Meter überdeckt.
Nach meiner Überzeugung hatte der Limes demnach eine ganz an-
dere Funktion, denn er lag am Rande eines ehemals überfluteten
Gebietes, das zu dieser Zeit noch großflächig sumpfig war. Der
Limes könnte daher der Beobachtung des durch Überflutungen ge-
fährdeten Gebietes gedient haben und war gleichzeitig eine wahr-
scheinlich mautpflichtige Verbindungsstraße, die durch Soldaten
instand gehalten wurde. Deshalb war nur eine geringe Sollstärke
der Grenztruppen notwendig. Die Einnahmen könnten der Finanzierung des Unterhalts der Grenztruppen gedient haben. Wer sollte sie sonst bezahlt haben?
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Keltogermanische Union
Ein Volk der Germanen als Zweig am Stammbaum der Indoeu-
ropäer hat es nicht gegeben, sondern es handelte sich hierbei offen-
sichtlich um Kelten. Die Begriffe Kelte, Gallier und Germane lie-
gen etymologisch im Dunkeln (Rieckhoff/Biel, 2001, S. 21). Die
Antike kannte nur vier große barbarische Urvölker rund ums Mit-
telmeer: im Westen die Kelten, im Norden die Skythen, im Osten
die Inder und im Süden die Libyer (Nordafrikaner).
In wissenschaftlichen Werken vor 1650 ist von Germanen noch
überhaupt keine Rede (vgl. Egenolff, 1735, Teil I, 98 ff.). Da auch
»Pezeron erweiset, daß alle Europäer, ohne die Griechen und
Römer Celten genennet werden« (Egenolff, 1735, Teil I, S. 104),
möchte ich das bunte Stammesgemisch der Kelten (= Gallier) und
Germanen (auch die Ost- und Nordgermanen) ab jetzt Keltoger-
manen nennen. Diese wurden in alten griechischen Quellen richtiger auch als Celto Scythen (= Keltoskythen) definiert, denn von den wesentlich später erfundenen Germanen war damals noch keine
Rede. Aber auch bei der keltischen Kultur handelt es sich in der
Gesamtheit der Erscheinung um eine ungesicherte Vorstellung,
quasi um ein durchmischtes, unterschiedlich ausgebildetes Substrat,
das unseren Blicken durch eine dünne, undurchsichtige Schicht der
Romanisierung entzogen und durch den diffusen Indogermanen-
(Indoeuropäer-)Wahn des 20. Jhs. gänzlich unkenntlich gemacht
wurde, sodass Zusammenhänge gar nicht mehr direkt erkennbar
sind.
Die ursprünglich in Jütland (Dänemark) und dann zwischen Oder,
Weichsel und den Karpaten ansässigen Wandalen (Vandalen) stell-
ten angeblich dem römischen Heer Söldner, von denen Heermeister Stilicho der einflussreichste war (Irmscher 1984, S. 591).
Die Wandalen und Alanen eroberten unter König Geiserich (428-
477) in den Jahren 429-439 das römische Nordafrika. Nach der Einnahme Karthagos (439) gründeten die Wandalen ein souveränes
Reich mit Zügen einer frühfeudalen Struktur (Irmscher, 1984,
S. 184). Es
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