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Kolyma

Kolyma

Titel: Kolyma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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rief er nach seiner Frau.
    »Nina?«
    Nina saß auf der Bettkante. Neben ihr hockte Leo. Er war vom Regen vollkommen durchnässt und seine Hosen voller Schlammspritzer. Seine eine Hand war verbunden, und auch dieser Verband war klatschnass. Schmutziges Wasser tropfte aus seinen Kleidern und hinterließ einen kreisrunden Fleck auf dem Bettlaken. In Leos Gesicht las Frol eine äußere Ruhe, hinter der sich eine enorme innere Sprengkraft verbarg, eine unvorstellbare Wut unter einer dünnen Glasscheibe.
    Frol versuchte rasch die Situation einzuschätzen: »Vielleicht wäre es besser, wenn statt meiner Frau ich mich zu Ihnen setze.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, winkte er Nina zu sich heran. Langsam stand sie auf. Leo hielt sie nicht zurück.
    »Was geht hier vor?«, flüsterte sie Frol zu.
    So laut, dass Leo es auf jeden Fall hören konnte, antwortete Frol: »Du musst wissen, dass Leo einen entsetzlichen Schock erlitten hat. Er ist gramgebeugt und kann keinen klaren Gedanken fassen. Dass er in eine Datscha eingebrochen ist, könnte ihn leicht den Kopf kosten. Ich werde mein Bestes tun, damit das nicht geschieht.«
    Er unterbrach sich und wandte sich dann direkt an Leo. »Darf meine Frau nach den Kindern sehen?«
    Leos Augen sprühten Funken. »Ihren Kindern geschieht nichts. Wie können Sie mich so etwas nur fragen?«
    »Sie haben recht, Leo. Ich entschuldige mich.«
    »Ihre Frau bleibt hier.«
    »Wie Sie wünschen.«
    Nina setzte sich auf einen Stuhl in der Ecke. Frol fuhr fort. »Ich nehme an, hier geht es um Elena. Sie hätten in mein Büro kommen und einen Termin machen können. Ich hätte mich um ihre Freilassung gekümmert. Mit ihrer Einweisung in dieses Krankenhaus hatte ich nichts zu tun. Ich war entsetzt, als ich davon hörte. Ganz überflüssigerweise hat der Arzt sich an seine Vorschriften gehalten. Er glaubte, er würde damit das Richtige tun.«

Frol schwieg einen Augenblick. »Sollen wir uns nicht etwas zu trinken bestellen?«
    Leo kehrte seine Taschen nach außen: »Ich stelle keinerlei Bedrohung für Sie dar. Ich habe keine Waffe bei mir. Wenn Sie die Wachen rufen, werden die mich verhaften.«
    Nina sprang auf und wollte um Hilfe schreien.
    Frol bedeutete ihr, still zu sein. »Und was wollen Sie dann, Leo?«, fragte er.
    »Hat Frajera für Sie gearbeitet?«
    »Nein.« Frol setzte sich neben ihn. »Wir haben zusammengearbeitet.«

    * * *

    Leo hatte damit gerechnet, dass Frol Panin die Sache abstreiten würde. Andererseits hatte er ja gar keinen Grund zu lügen. So machtlos, wie Leo war, konnte er doch mit der Wahrheit ebenso wenig anfangen wie mit einer Ableugnung. Panin stand auf, zog seine Anzugjacke aus und knöpfte sich die obersten Hemdknöpfe auf.
    »Frajera ist zu mir gekommen. Ich wusste nicht, wer sie war. Über die wory in Moskau hatte ich keinerlei Informationen, sie waren nie von Belang gewesen. Frajera war in meine Wohnung eingebrochen und wartete auf mich. Sie wusste alles über Sie. Und nicht nur das, sie wusste auch von dem Kampf zwischen den Traditionalisten und den Reformern in der Partei. Sie schlug vor, dass wir zusammenarbeiten sollten, da wir doch gemeinsame Interessen hätten. Ihr sollte man die Freiheit gewähren, an denen, die für ihre Verhaftung mitverantwortlich gewesen waren, Rache zu üben. Wir würden dafür diese Mordserie für unsere Zwecke ausschlachten und öffentliche Angst schüren können.«
    »Um Lasar ging es ihr also gar nicht?«
    Panin schüttelte den Kopf. »Sie betrachtete ihn als eine Gestalt aus ihrem früheren Leben. Er war nur der Vorwand. Frajera wollte Sie dadurch bestrafen, dass Sie in einen Gulag mussten. Sie wollte, dass Sie die Welt, in die Sie so viele Menschen geschickt hatten, mit eigenen Augen sahen. Wir wiederum wollten Sie aus dem Weg haben. Das Morddezernat war die einzige unabhängige Ermittlungseinheit. Frajera verlangte freie Hand. Nachdem Sie und Timur erst einmal weg waren, konnte sie töten, wen immer sie wollte.«
    »Der KGB hat nie nach ihr gefahndet?«
    »Wir haben sichergestellt, dass er ihr nie zu nahe kam.«
    »Und die Beamten, die Sie in meiner Abwesenheit ins Morddezernat versetzt haben?«
    »Waren unsere Leute, die machten, was wir ihnen sagten. Leo, Sie haben beinahe den Tod des Patriarchen verhindert. Dieser Mord war ein entscheidender Teil unseres Plans. Sein Tod hat den gesamten Machtapparat aufgeschreckt. Wären Sie in der Stadt geblieben, dann wäre Frajera gezwungen gewesen, Sie zu töten. Sie hatte ihre Gründe, das

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