Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
überlassen, weil sie sich sicher sind, alles beseitigt zu haben? Glaubt mir, ich werde Valentin Gjertsen finden, wenn er an diesem Abend im Stadion war. Wann war der angenommene Todeszeitpunkt für Erlend Vennesla?«
Sie hörten das Spülen der Toilette.
»Zwischen sieben und halb acht«, sagte Bjørn. »Also am Anfang des Spiels, gleich nachdem Henriksen ausgeglichen hatte. Vennesla muss oben im Maridalen den Jubel gehört haben, das ist ja nicht so weit von Ullevål entfernt.«
Die Tür des Badezimmers ging auf. »Was natürlich bedeuten kann, dass er gleich nach dem Mord im Maridalen zum Länderspiel gefahren ist«, sagte Harry, während er den letzten Knopf zumachte. »Im Stadion hat er es dann vielleicht darauf angelegt, den anderen Zuschauern aufzufallen, damit sie sich an ihn erinnern. Alibi.«
»Valentin war also nicht bei dem Spiel«, sagte Katrine. »Und wenn er doch da war, will ich dieses Scheißvideo von Anfang bis Ende sehen, und ich sage euch, ich sitze mit der Stoppuhr in der Hand da, wenn er auch nur den Arsch hebt. Alibi, das wollen wir doch mal sehen.«
Es war still zwischen den großen Villen.
Die Stille vor dem Sturm, bevor die Volvos und Audis von der Arbeit für die Aktiengesellschaft Norwegen wieder nach Hause kamen, dachte Truls.
Truls Berntsen drückte auf die Klingel und sah sich um.
Ein hübsch gestalteter Garten. Gepflegt. Vermutlich hatte man als pensionierter Polizeipräsident für so etwas Zeit.
Die Tür ging auf. Er war älter geworden. Die gleichen blauen, scharfen Augen, aber die Haut am Hals war etwas schlaffer. Ansonsten war er genauso schlank wie früher. Aber er war nicht mehr ganz so imposant, wie Truls ihn in Erinnerung hatte. Vielleicht lag das an den verwaschenen Freizeitklamotten, vielleicht wurde man aber auch so, wenn der Job einen nicht mehr Tag für Tag forderte.
»Berentzen, Orgkrim.« Truls hielt seinen Ausweis hoch. Selbst wenn der Alte Berntsen las, würde er glauben, das auch gehört zu haben. Eine Lüge mit Notausgang. Aber der Polizeipräsident a. D. nickte nur, ohne sich den Ausweis anzusehen, »Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor. Was kann ich für Sie tun, Berentzen?«
Er machte keine Anstalten, Truls hereinzubitten. Was ihm nur recht war. Niemand sah sie, und es gab auch kaum Hintergrundgeräusche.
»Es geht um Ihren Sohn. Sondre.«
»Was ist mit ihm?«
»Wir haben eine Operation laufen, um einige der albanischen Zuhälter zu kriegen. In diesem Zusammenhang überwachen wir den Verkehr und haben in Kvadraturen eine ganze Reihe von Bildern gemacht. Wir haben etliche der Autos identifiziert, in die Prostituierte eingestiegen sind, und wollen jetzt die Halter verhören. Wir bieten ihnen ein reduziertes Strafmaß an, wenn sie uns im Gegenzug sagen, was sie über die Zuhälter wissen. Eines der Autos, die wir fotografiert haben, gehört Ihrem Sohn.«
Der alte Polizeipräsident zog seine struppigen Augenbrauen hoch. »Was sagen Sie da? Sondre? Ausgeschlossen!«
»Das denke ich auch. Und genau deshalb wollte ich mich mit Ihnen besprechen. Wenn Sie sagen, dass das auf einem Missverständnis beruht und die Frau, die bei ihm eingestiegen ist, gar keine Prostituierte ist, vernichten wir das Bild.«
»Sondre ist glücklich verheiratet. Er ist von mir erzogen worden und kennt den Unterschied zwischen Recht und Unrecht, glauben Sie mir.«
»Selbstverständlich, ich wollte mich nur versichern, dass das auch Ihre Einschätzung ist.«
»Mein Gott, warum sollte er zu einer …« Der Mann, der vor Truls stand, verzog das Gesicht, als hätte er auf eine faule Traube gebissen. »… zu einer auf der Straße gehen? Die Ansteckungsgefahr. Die Kinder. Nein, wirklich.«
»Dann sind wir uns wohl einig, dass es keinen Sinn macht, die Sache weiterzuverfolgen? Auch wenn wir durchaus Grund zu der Annahme haben, dass die Frau eine Prostituierte ist? Aber es kann ja auch sein, dass gar nicht Ihr Sohn den Wagen gefahren hat, vom Fahrer haben wir ja kein Foto.«
»Dann haben Sie doch eigentlich gar keinen Fall? Nein, das können Sie wirklich vergessen.«
»Danke, dann machen wir das so.«
Der alte Polizeipräsident nickte langsam, während er Truls genauer studierte. »Berentzen vom Dezernat für Organisierte Kriminalität? Orgkrim, das ist doch richtig, oder?«
»Korrekt.«
»Danke, Berentzen. Sie machen gute Arbeit.«
Truls grinste breit. »Wir tun, was wir können. Einen schönen Tag noch.«
»Was hast du noch mal gesagt?«, fragte Katrine, während sie auf den
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