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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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vermutet ein Schlafalkoven.
    Mit zwei großen Fotografien über dem schmalen Bett.
    Sie hatte Silje Gravseng nur zweimal gesehen, das erste Mal in der Polizeihochschule, als sie Harry besucht hatte. Aber die Familienähnlichkeit zwischen der blonden Silje Gravseng und der Person auf dem Bild war derart auffällig, dass sie keine Zweifel mehr hatte.
    Auch den Mann auf dem anderen Bild kannte sie.
    Silje musste im Internet ein hochaufgelöstes Foto gefunden und vergrößert haben. Jede Narbe, jede Falte, jede Pore der Haut seines mitgenommenen Gesichts war deutlich zu sehen. Aber das alles ging im Glanz seiner blauen Augen unter, und in der Wut, die aus ihnen strahlte, weil er den Fotografen entdeckt hatte, der dort vermutlich nichts verloren hatte. Harry Hole. Es war dieses Bild, über das die Mädchen vor ihr im Hörsaal geredet hatten.
    Katrine teilte den Raum in imaginäre Felder ein und begann oben links. Sie ließ ihren Blick bis zum Boden gleiten, bevor sie ihn wieder hob und im nächsten Feld genauso vorging. Sie hatte das von Harry gelernt und erinnerte sich auch noch, was er dabei gesagt hatte: »Such nicht nach etwas , such einfach. Wenn du nach etwas Bestimmtem suchst, werden die anderen Dinge stumm. Lass alle Sachen mit dir reden.«
    Als sie mit dem Zimmer fertig war, setzte sie sich wieder an den iMac. Sie dachte nach und hörte wieder seine Stimme: »Und wenn du fertig bist und glaubst, nichts gefunden zu haben, denk invers, spiegelverkehrt, und lass die anderen Dinge mit dir reden. Die, die nicht da sind, aber da sein sollten. Ein Brotmesser, Autoschlüssel, die Jacke zu einem Anzug.«
    Es war das letzte Beispiel, das sie auf die Idee brachte, was Silje Gravseng gerade machte. Sie war alle Kleider in ihrem Kleiderschrank und in dem Wäschekorb in dem kleinen Bad durchgegangen, hatte die Garderobe hinter der Tür kontrolliert, aber auch dort nicht die Sachen gefunden, die Silje Gravseng getragen hatte, als Katrine sie zuletzt gemeinsam mit Harry in der alten Kellerwohnung von Valentin Gjertsen gesehen hatte. Der schwarze Sportanzug fehlte, in dem sie Katrine wie ein Marinejäger auf nächtlicher Mission erschienen war.
    Silje war joggen. Sie trainierte. Wie sie es schon für die Aufnahmeprüfung an der PHS getan hatte. Um einen Platz zu bekommen und endlich tun zu können, was sie tun musste. Harry hatte gesagt, das Motiv für einen Mord sei Liebe, nicht Hass. Die Liebe zu einem Bruder, zum Beispiel.
    Es war letztendlich der Name, der etwas in ihr angetickt hatte. Runar Gravseng. Und bei einer gründlichen Suche war ziemlich viel an die Oberfläche gekommen. Unter anderem die Namen Bellman und Berntsen. Runar Gravseng hatte bei Gesprächen mit dem Leiter der Entgiftungsstation behauptet, von einem maskierten Mann zusammengeschlagen worden zu sein, als er noch in der Polizeidienststelle Stovner arbeitete, und dass das auch der Grund für seine Krankmeldung, die Kündigung und seinen zunehmenden Drogenkonsum war. Gravseng hatte behauptet, der Täter sei ein gewisser Truls Berntsen und das Motiv für den brutalen Überfall ein etwas zu enger Tanz mit Mikael Bellmans Frau bei der Weihnachtsfeier. Die Polizei war nicht willens gewesen, den vagen Beschuldigungen eines umnebelten Drogenabhängigen nachzugehen, und der Leiter der Reha hatte diese Entscheidung unterstützt, die Information aber trotzdem weitergegeben.
    Katrine hörte das Summen des Aufzugs draußen auf dem Flur, als ihr Blick auf etwas fiel, das unter dem Schubladenblock des Schreibtischs herausragte und das sie bislang übersehen hatte. Sie bückte sich. Es war ein schwarzer Schlagstock.
    Die Tür ging auf.
    »Und, haben die Elektriker ihren Job gemacht?«
    »Ja«, sagte Leif Rødbekk. »Sie sehen aus, als wollten Sie den da gleich benutzen.«
    Katrine schlug sich mit dem Schlagstock in die Handfläche. »Interessant, dass man so etwas in seinem Zimmer hat, oder?«
    »Absolut, ich habe sie das Gleiche gefragt, als ich letzte Woche die Dichtung am Wasserhahn im Bad gewechselt habe. Sie meinte nur, dass sie damit für ihr Examen trainiert. Und dass es gut sei, so was in Griffweite zu haben, falls der Polizeischlächter auftaucht.« Leif Rødbekk schloss die Tür hinter sich. »Haben Sie etwas gefunden?«
    »Den hier. Haben Sie jemals gesehen, dass sie den Schlagstock mit nach draußen genommen hat?«
    »Ein paarmal, ja.«
    »Wirklich?« Katrine schob den Stuhl nach hinten. »Und wann war das?«
    »Immer abends, geschminkt, mit frisch gewaschenen,

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