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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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für sie, stand aber so, dass sie sich dicht an ihm vorbeidrücken musste, wenn sie ins Zimmer wollte. Sie sah ihn warnend an.
    »… ernsten Sache«, sagte er, während er mit lachenden Augen zur Seite trat.
    Katrine ging ins Zimmer. Die Studentenzimmer der PHS waren noch genauso wie früher. Der Raum hatte eine Kochnische und eine Tür zum angrenzenden Badezimmer. Das Bett stand hinter dem Vorhang am Ende des Raumes. Das Erste, was ihr auffiel, war das Gefühl, ein Mädchenzimmer betreten zu haben und nicht das einer erwachsenen Frau. Silje Gravseng schien sich nach etwas zurückzusehnen. Das Sofa in der Ecke war über und über mit Teddys, Puppen und diversen Kuscheltieren bedeckt. Die Kleider, die auf Tisch und Stühlen verteilt lagen, waren allesamt farbenfroh, viele rosa. An den Wänden hingen Fotos von jungen, durchgestylten Menschen. Katrine tippte auf irgendwelche Boygroups oder Stars aus dem Disney Channel.
    Das andere, was ihr auffiel, waren die schwarzweißen Zeitungsausschnitte, die zwischen den bunten Glamourfotos hingen. Sie waren im ganzen Raum verteilt, häuften sich aber an der Wand hinter dem Computer.
    Katrine trat einen Schritt näher, hatte die meisten der Artikel aber bereits wiedererkannt. Im Heizungsraum hingen die gleichen.
    Die Ausschnitte waren mit Heftzwecken befestigt, und Silje hatte mit Kugelschreiber das jeweilige Erscheinungsdatum darauf notiert.
    Sie schob den ersten Gedanken beiseite und probierte es stattdessen mit dem zweiten. Vielleicht war es gar nicht so ungewöhnlich, dass man als Studentin der PHS so interessiert war an einer aktuell laufenden Mordserie.
    Neben der Tastatur auf dem Schreibtisch lagen Zeitungen, aus denen Silje etwas ausgeschnitten hatte. Und dazwischen eine Postkarte mit dem Foto eines nordnorwegischen Berges, den Katrine wiedererkannte. Der Svolværgeita auf den Lofoten. Sie nahm die Karte und drehte sie um, keine Briefmarke, keine Adresse oder Unterschrift. Sie hatte sie schon wieder weggelegt, als ihr einfiel, was ihr Blick anstelle der Unterschrift auf der Karte registriert hatte. Ein Wort, geschrieben in Blockbuchstaben, am Ende des Textes. POLIZEI . Sie nahm die Karte noch einmal in die Hand, hielt sie am äußersten Rand fest und las den Text von Anfang an.
    Sie glauben, die Polizisten sind getötet worden, weil jemand sie hasst. Sie haben noch nicht begriffen, dass es genau umgekehrt ist. Sie wurden von jemandem getötet, der die Polizei und ihre heilige Aufgabe liebt: Anarchisten zu fangen und zu bestrafen, Nihilisten, Atheisten, all die Ungläubigen, die an nichts glauben, all die destruktiven Kräfte. Sie wissen nicht, dass der, den sie jagen, ein Apostel der Gerechtigkeit ist, der nicht nur die Vandalen straft, sondern auch diejenigen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, sich von Faulheit und Gleichgültigkeit steuern lassen und es nicht verdienen, ein Teil der POLIZEI zu sein.
    »Wissen Sie was, Leif?«, sagte Katrine, ohne den Blick von den zierlichen, fast kindlichen Buchstaben zu nehmen, die mit einem blauen Stift zu Papier gebracht worden waren. »Ich wünschte mir wirklich, ich hätte einen Durchsuchungsbeschluss.«
    »Aha?«
    »Ich werde ihn sicher auch bekommen, aber Sie wissen ja, wie lange das dauern kann. Und bis es so weit ist, kann das, was ich suche, verschwunden sein.«
    Katrine sah ihn an. Leif Rødbekk erwiderte ihren Blick. Nicht wie bei einem Flirt, sondern um Bestätigung zu bekommen. Dass es wichtig war.
    »Und wissen Sie was, Bratt«, sagte er. »Mir ist gerade eingefallen, dass ich dringend in den Keller muss. Die Elektriker tauschen da einen Kasten aus. Kommen Sie einen Moment ohne mich zurecht?«
    Sie lächelte ihn an. Und als er ihr Lächeln erwiderte, war sie sich nicht mehr ganz sicher, was das für ein Lächeln war.
    »Ich werde es versuchen«, sagte sie.
    Katrine drückte die Leertaste des iMac, als sie die Tür hinter Rødbekk ins Schloss fallen hörte. Der Bildschirm leuchtete auf. Sie führte den Cursor auf das Suchfenster und tippte Mittet ein. Kein Treffer. Dann versuchte sie ein paar andere Namen und Tatorte aus den laufenden Ermittlungen sowie das Wort »Polizistenmorde«, alles ohne Erfolg.
    Silje Gravseng hatte ihren Mac nicht benutzt. Kluges Mädchen.
    Katrine zog an der Schublade des Schreibtisches. Verschlossen. Seltsam. Welche junge Frau Anfang zwanzig schloss die Schublade ihres Schreibtisches ab, wenn sie alleine wohnte?
    Sie stand auf, ging zum Vorhang und zog ihn zur Seite.
    Es war wie

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