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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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volumensparend wie nur möglich zusammenzufalten versuchte.
    Es ging nicht. Verdammt!
    Er sah auf die Uhr des Fernsehers. Zwei Minuten und sechs Sekunden. Er bekam den Kopf hinein, zog die Knie unter sich, aber jetzt war es der Rücken, der sich nicht genug beugen ließ. Verdammt, verdammt! Er lachte laut. Hätte er in Hongkong doch die Yogastunden wahrgenommen, die ihm gratis angeboten worden waren. Sollte er wegen dieses Versäumnisses jetzt sterben?
    Houdini. Er erinnerte sich an etwas über das Aus- und Einatmen und das Entspannen.
    Er atmete tief aus, versuchte an nichts zu denken und konzentrierte sich auf die Entspannung. Nicht an die Sekunden denken, nur spüren, wie Muskeln und Gelenke weicher wurden, flexibler.
    Es ging.
    Verdammt! Natürlich! Es musste gehen! Er saß in einem Kühlschrank. Einem alten Teil mit genug Metall und Isolation, um ihn zu retten. Vielleicht. Wenn die Rohrbombe nicht wirklich ein Gruß aus der Hölle war.
    Er legte die Hand um den Rand der Tür, warf einen letzten Blick auf den Fernseher, bevor er die Tür schließen wollte. Eine Minute siebenundvierzig Sekunden.
    Er wollte die Tür zuziehen, aber seine Hand gehorchte ihm nicht. Sie weigerte sich, weil sein Gehirn nicht verdrängen konnte, was seine Augen gesehen hatten, trotz aller Bemühungen seiner Vernunft, es zu ignorieren. Ignorieren, weil es keine Relevanz für das Einzige hatte, das jetzt noch zählte. Zu überleben. Die eigene Haut zu retten. Zu ignorieren, weil er es sich nicht leisten konnte, keine Zeit dafür hatte, nicht genug Mitgefühl.
    In der Hackfleischmasse auf dem Stuhl.
    Waren zwei weiße Flecken.
    Weiß wie das Weiß von Augäpfeln.
    Die ihn durch die Frischhaltefolie anstarrten.
    Der Kerl war noch am Leben.
    Harry schrie auf, drückte sich wieder aus dem Kühlschrank heraus. Lief zu dem Stuhl, die Augen seitlich auf den Fernseher gerichtet. Eine Minute einunddreißig. Er riss das Plastik vom Gesicht. Die Augen im Hackfleisch blinzelten, und er hörte Atem. Er musste durch das Loch, das die Knochen in das Plastik gestochen hatten, genug Luft bekommen haben.
    »Wer war das?«, fragte Harry.
    Er bekam nur ein Atmen als Antwort. Das Hackfleisch vor ihm begann langsam nach unten zu sacken wie geschmolzenes Wachs.
    »Wer ist der Polizeischlächter?«
    Wieder nur Atmen.
    Harry sah auf die Uhr. Eine Minute sechsundzwanzig. Es würde Zeit brauchen, sich wieder da reinzuzwängen.
    »Komm schon, Truls, ich kann ihn kriegen!«
    Eine Blase aus Blut blies sich da auf, wo Harry den Mund vermutete, und als sie platzte, kam ein kaum hörbares Flüstern. »Eine Maske, hat nichts gesagt.«
    »Was für eine Maske?«
    »Grün, ganz grün.«
    »Grün?«
    »Chi…rurg…«
    »Eine Chirurgenmaske?«
    Ein schwaches Nicken, dann schlossen die Augen sich wieder.
    Eine Minute fünf.
    Mehr war hier nicht zu holen. Er ging zurück zum Kühlschrank. Dieses Mal ging es schneller. Er warf die Tür zu, und das Licht ging aus.
    Zitternd zählte er die Sekunden. Neunundvierzig.
    Der Kerl wäre so oder so gestorben.
    Achtundvierzig.
    Besser, jemand anders machte den Job.
    Siebenundvierzig.
    Grüne Maske. Truls Berntsen hatte Harry gesagt, was er wusste, ohne um eine Gegenleistung zu bitten. Ein bisschen etwas von einem Polizisten steckte also doch noch in ihm.
    Sechsundvierzig.
    Nicht dran zu denken, mehr als einer hatte hier drin sowieso nicht Platz.
    Fünfundvierzig.
    Außerdem reichte die Zeit nicht, um ihn von dem Stuhl loszubinden.
    Vierundvierzig.
    Selbst wenn er es gewollt hätte, es war zu spät.
    Dreiundvierzig.
    Viel zu spät.
    Zweiundvierzig.
    Verdammte Scheiße!
    Einundvierzig.
    Verdammt, verdammt!
    Vierzig.
    Harry trat die Kühlschranktür mit einem Fuß auf und drückte sich mit dem anderen aus dem Kühlschrank. Er riss die Schublade unter der Arbeitsfläche auf, packte eine Art Brotmessser, stürzte zu dem Stuhl und begann das Klebeband an den Armlehnen durchzuschneiden.
    Er achtete darauf, nicht zu dem Fernseher zu blicken, hörte aber das Ticken.
    »Der Teufel soll dich holen, Berntsen!«
    Er rannte um den Stuhl herum und durchtrennte das Klebeband an Beinen und Rücken.
    Legte die Arme um seine Brust und hob ihn an.
    Der Kerl war natürlich auch noch schwer.
    Harry zerrte, zog und fluchte und hörte längst nicht mehr, was aus seinem Mund kam. Er hoffte jedoch, dass sein Fluchen Himmel oder Hölle genug provozierte, damit einer von beiden eingriff und diesen idiotischen, aber unausweichlichen Handlungsverlauf änderte.
    Er

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