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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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das einzige Geräusch war, das er hörte. Jetzt geh schon dran! Plötzlich war auch das Gefühl wieder da, dass er nicht allein war, dass jemand ihn anstarrte.
    Stian Barelli hob langsam den Blick.
    Und spürte, wie die Kälte sich von einem Fleck an seinem Hinterkopf aus ausbreitete, als gefröre er zu Stein, als starrte er in das Antlitz der Medusa. Aber es war nicht Medusa. Es war ein Mann in einem langen schwarzen Ledermantel. Seine Augen waren wie im Wahn weit aufgerissen, und sein Mund stand offen. Wie bei einem Vampir lief aus jedem seiner Mundwinkel Blut, und er schien zu schweben.
    »Ja? Hallo? Stian? Stian, bist du da? Was ist denn los?«
    Aber Stian antwortete nicht. Er war aufgesprungen, hatte den Stuhl umgeworfen und war nach hinten an die Wand getaumelt, wo er Miss Dezember mit dem Rücken vom Nagel gezogen und zu Boden geworfen hatte.
    Er hatte die Stange mit dem Nothalteknopf gefunden. Sie ragte aus dem Mund des Mannes, der an einem der Liftbügel hing.

    »Dann ist er Runde für Runde mit dem Lift rauf und runter gefahren?«, fragte Gunnar Hagen, legte den Kopf zur Seite und studierte die vor ihm hängende Leiche. Der Körper war irgendwie deformiert, wie bei einer Wachsfigur, die im Begriff war, zu schmelzen und langsam zu Boden zu sacken.
    »Das hat der Junge uns so gesagt, ja«, erwiderte Beate Lønn, stampfte mit den Füßen im Schnee auf und sah über den hell erleuchteten Hang nach oben. Ihre weißgekleideten Kollegen hoben sich kaum von dem Schnee ab.
    »Spuren gefunden?«, fragte der Dezernatsleiter, doch sein Tonfall ließ erkennen, dass er die Antwort bereits erahnte.
    »Unmengen«, sagte Beate. »Die Blutspuren ziehen sich vierhundert Meter lang den Berg bis zum Ende des Liftes nach oben und dann wieder vierhundert Meter lang bis hier zu uns nach unten.«
    »Ich meinte Spuren, die mehr zeigen als das Offensichtliche.«
    »Fußspuren im Schnee. Vom Parkplatz über eine Abkürzung direkt hier runter«, sagte Beate. »Das Profil entspricht den Schuhen des Opfers.«
    »Der ist hierher gelaufen ?«
    »Ja, und er kam allein, wir haben nur seine Spuren gefunden. Oben auf dem Parkplatz steht ein roter Golf, wir machen gerade eine Halterfeststellung.«
    »Keine Spuren vom Täter?«
    »Was meinst du, Bjørn?«, fragte Beate und drehte sich zu Holm um, der mit einer Rolle Absperrband in der Hand auf sie zukam.
    »Bis jetzt nichts«, sagte er außer Atem. »Keine anderen Fußspuren. Aber es gibt natürlich haufenweise Skispuren. Bis jetzt keine sichtbaren Fingerabdrücke, Haare oder Kleiderfasern, aber vielleicht finden wir ja was am Zahnstocher.« Bjørn Holm nickte in Richtung der Stange, die aus dem Mund des Opfers ragte. »Ansonsten können wir nur hoffen, dass die Rechtsmediziner was finden.«
    Gunnar Hagen schüttelte sich in seinem Mantel. »Das hört sich so an, als würdet ihr selbst nicht mehr daran glauben, hier noch etwas zu finden.«
    »Nun«, sagte Beate Lønn, und Hagen kannte dieses »Nun«. Damit hatte Harry Hole in der Regel seine schlechten Neuigkeiten eingeleitet. »Am vorigen Tatort haben wir auch weder DNA noch Fingerabdrücke gefunden.«
    Hagen fragte sich, ob es die Minusgrade waren, die Tatsache, dass er geradewegs aus dem warmen Bett kam, oder die Worte der Leiterin der Kriminaltechnik, die ihm eine solche Gänsehaut verursachten.
    »Wie meinst du das?«, fragte er und rüstete sich innerlich.
    »Ich will damit nur sagen, dass wir wissen, wer das ist«, sagte Beate.
    »Hattest du nicht gesagt, ihr hättet beim Opfer keinen Ausweis gefunden?«
    »Das ist richtig. Und es hat auch eine Weile gedauert, bis ich ihn erkannt habe.«
    »Du? Ich dachte, du vergisst nie ein Gesicht?«
    »Es verwirrt den Gyrus fusiformis , wenn beide Wangenknochen eingeschlagen sind. Aber trotzdem, das ist Bertil Nilsen.«
    »Wer?«
    »Deshalb habe ich dich ja angerufen. Er ist …« Beate Lønn holte tief Luft. Sag es nicht, dachte Hagen.
    »Polizist«, übernahm Bjørn Holm.
    »Hat in der Polizeidienststelle Nedre Eiker gearbeitet«, sagte Beate. »Es gab damals einen Mordfall, aber das war noch vor deiner Zeit hier im Dezernat. Nilsen hat das Kriminalamt kontaktiert, weil er meinte, gewisse Ähnlichkeiten zu einem Fall in Krokstadelva zu sehen, an dem er zuvor schon einmal gearbeitet hatte. Er hat sich angeboten, nach Oslo zu kommen und zu helfen.«
    »Und?«
    »Ein Reinfall. Er ist gekommen, hat die Ermittlungen aber eigentlich nur verzögert. Der oder die Mörder wurden nie gefasst.«
    Hagen

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