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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Überführung von Folkestad auch ein anderer Fall aufgeklärt werden konnte. Der Bericht der Ballistik zeigte nämlich, dass die Odessa, mit der Folkestad sich erschossen hatte, dieselbe war, mit der Gusto Hanssen ermordet worden war.
    Truls hatte bei dem Gedanken nur breit gegrinst. Das stimmte niemals. Harry Hole hatte da garantiert seine Finger im Spiel und irgendwie rumgetrickst. Truls wusste nicht, wie oder an welcher Stelle, aber das bedeutete auf jeden Fall, dass Oleg Fauke jetzt für immer außer Verdacht war und sich nicht mehr ständig umdrehen musste. Wenn es so weiterging, kriegte Hole diesen Jungen tatsächlich noch auf die Polizeihochschule.
    Aber okay, Truls würde sich nicht in den Weg stellen, er hatte Respekt vor dem Brennerjob, den der Kerl gemacht hatte. Außerdem hatte er die Zeitung weder wegen Harry und Oleg noch wegen Mikael aufgehoben.
    Ihm ging es nur um das Bild von Ulla.
    Ein vorübergehender Rückfall, er würde die Zeitung schon noch entsorgen. Und sie gleich mit.
    Er dachte an die Frau, die er tags zuvor in einem Café getroffen hatte. Ein Blind Date. Sie hatte natürlich nicht das Format von Ulla oder Megan Fox. Ein bisschen zu alt und obenrum etwas vertrocknet, außerdem redete sie zu viel. Aber abgesehen davon hatte sie ihm gefallen. Auch wenn er sich natürlich gefragt hatte, wie gut eine Frau mit Abstrichen in Alter, Aussehen, Figur und der Fähigkeit, den Mund zu halten, überhaupt sein konnte.
    Er wusste es nicht. Nur dass sie ihm gefallen hatte.
    Oder besser gesagt, es hatte ihm gefallen, dass er ihr allem Anschein nach gefallen hatte.
    Vielleicht lag das einfach an seinem kaputten Gesicht, vielleicht tat er ihr leid. Oder Mikael hatte recht, dass sein von Natur aus wenig attraktives Gesicht durch die Ummöblierung gar keinen Nachteil erfahren hatte.
    Vielleicht hatte er sich aber auch sonst irgendwie verändert. Inwiefern und wieso, wusste er nicht, doch manchmal wachte er auf und fühlte sich ganz neu. Auch seine Gedanken waren irgendwie neu. Er konnte sogar mit den Menschen, die ihn umgaben, reden. Und sie schienen das zu merken und ihn anders zu behandeln als vorher. Freundlicher. All das hatte ihn ermutigt, diesen kleinen Schritt in die neue Richtung zu gehen, von der er nicht wusste, wohin sie führte. Nicht dass er irgendwie bekehrt worden wäre. So weit ging es nun auch wieder nicht. Und manchmal war er ja auch noch der Alte.
    Er wollte sie trotzdem zurückrufen.
    Ein Knacken kam aus dem Funkgerät. Er erkannte gleich an der Stimme, dass es etwas Wichtiges war. Etwas anderes als die ewigen Staumeldungen, Kellereinbrüche, Schlägereien und Besoffenen. Eine Leiche.
    »Sieht es nach Mord aus?«, fragte der Mann in der Kriminalwache.
    »Das will ich meinen.« Die Antwort kam in dem lakonisch coolen Tonfall, der bei den Jüngeren jetzt so populär war. Das war Truls aufgefallen. Dabei gab es durchaus Vorbilder in der älteren Garde. Auch wenn Hole nicht mehr zu ihnen gehörte, war seine Ausdrucksweise noch höchst lebendig. »Ihre Zunge ist … ich glaube, es ist ihre Zunge. Sie ist abgetrennt und ihr in den Hals …« Die Stimme des jungen Polizisten versagte.
    Truls spürte Gelassenheit und Ruhe über sich kommen. Das Herz schlug seine lebensspendenden Schläge etwas schneller.
    Das hörte sich hässlich an. Juni. Sie hatte schöne Augen. Und er tippte darauf, dass unter all ihren Kleidern ziemlich dicke Brüste waren. Doch, das konnte ein schöner Sommer werden.
    »Adresse?«
    »Alexander Kiellands plass zweiundzwanzig. Verdammt, sind hier viele Haie.«
    »Haie?«
    »Ja, auf so kleinen Surfbrettern, das ganze Zimmer ist voll davon.«
    Truls legte den Gang ein. Setzte die Sonnenbrille auf, drückte auf das Gas und ließ die Kupplung kommen. Manche Tage waren neu, andere nicht.
    Die Mädchentoilette war am Ende des Flurs. Als die Tür hinter Aurora zuschlug, dachte sie zuerst, wie still es war. Die Laute all der Menschen dort oben waren verstummt, hier unten war nur sie.
    Sie schlüpfte in eine der Toilettenkabinen, zog die kurze Hose und den Slip herunter und setzte sich auf den kalten Plastiksitz.
    Sie dachte an die Hochzeit. Eigentlich wäre sie lieber dorthin mitgefahren. Sie war noch nie auf einer richtigen Hochzeit gewesen. Und sie fragte sich, ob sie selbst jemals heiraten würde. Sie versuchte, sich das vorzustellen: Sie draußen vor einer Kirche, lachend, während der Reis auf sie niederprasselte und sie sich duckte, ein weißes Kleid, ein Haus und eine Arbeit,

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